Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungen für Auszubildende vor dem 1.4.2011. Unterkunftskostenzuschuss. keine Übernahme von Umzugskosten. Härtefall. Bedarfsunterdeckung. Planwidrige Regelungslücke. Darlehen. Ermessen

 

Leitsatz (amtlich)

§ 22 Abs 7 S 1 SGB 2 (in der vom 1.1.2007 bis zum 27.10.2010 geltenden Fassung) enthält keine Anspruchsgrundlage für die Bewilligung von Umzugskosten.

 

Normenkette

SGB II a.F. § 22 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, 6, 7 S. 1, § 7 Abs. 5 S. 1; BAföG § 2 Abs. 1a; BaföG § 12 Abs. 1 Nr. 1; BAföG § 12 Abs. 2-3

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 26. Mai 2011 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten, Umzugskosten in Höhe von 238,00 EUR zu übernehmen.

Die am … 1986 geborene Klägerin nahm am 25. August 2008 eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) förderfähige dreijährige Ausbildung auf. Mit Bescheid des Amtes für Ausbildungsförderung des Landkreises S…-N… vom 30. Juli 2009 wurden ihr Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz für den Zeitraum August 2009 bis Juli 2010 bewilligt. Daneben bezog die Klägerin einen Zuschuss zu den ungedeckten Kosten ihrer Unterkunft von dem Beklagten.

Am 23. Februar 2010 schlossen die Klägerin und ihr Vermieter vor dem Amtsgericht A… in dem dort anhängigen Mietrechtsstreit wegen Zahlung rückständiger Miete, Räumung und Herausgabe der Wohnung einen Teilvergleich, nach dem die Klägerin ihre Wohnung bis zum 31. März 2010 zu räumen und herauszugeben hatte. Mit Schreiben vom 9. März 2010 teilte der Beklagte der Klägerin auf deren Anfrage vom 7. März 2010 hin mit, nach den von der Klägerin dargelegten Gründen könne der Erforderlichkeit des Umzuges zugestimmt werden. Für die Zusicherung der Kostenübernahme der neuen Unterkunft sei aber noch die Angemessenheit der Aufwendungen für die neue Unterkunft zu prüfen. Sollte nach Vorlage des gewünschten Wohnungsangebotes sich diese im Rahmen der Angemessenheitsgrenzen befinden, könne eine Zusicherung zur Kostenübernahme der neuen Unterkunft erteilt werden.

Mit Schreiben vom 23. März 2010 stellte die Klägerin einen Antrag auf Übernahme der Kosten des Umzugs.

Am 31. März 2010 wurde die Wohnung der Klägerin im Auftrag des Vermieters beräumt, das Umzugsgut wurde in die von der Klägerin mit Mietvertrag vom 19. März 2010 angemietete neue Wohnung gebracht.

Mit Bescheid vom 31. März 2010 lehnte der Beklagte die Übernahme von Umzugskosten ab. Der von der Klägerin bezogene Zuschuss nach § 22 Abs. 7 des Sozialgesetzbuches Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) gelte nach § 19 Satz 2 SGB II nicht als Arbeitslosengeld II. Die Klägerin befinde sich daher nicht im Bezug von Arbeitslosengeld II. Den von der Klägerin dagegen geführten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 2010 zurück.

Die Klage vom 26. Juli 2010 hat das Sozialgericht Chemnitz mit Urteil vom 26. Mai 2011 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat das Sozialgericht wie folgt ausgeführt:

"Der Beklagte hat zu Recht die Übernahme der Umzugskosten der Klägerin abgelehnt. Ein entsprechender Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus § 22 Abs. 7 S. 1 SGB II in Verbindung mit § 22 Abs. 3 S. 1 und 2 SGB II in der Fassung vom 21.12.2008.

Nach § 22 Abs. 7 S. 1 SGB II in der Fassung vom 21.12.2008 erhalten abweichend von § 7 Abs. 5 Auszubildende, die Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld nach dem Dritten Buch oder Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten und deren Bedarfsich nach § 65 Abs. 1, § 66 Abs. 3, § 101 Abs. 3, § 105 Abs. 1 Nr. 1,4, § 106 Abs. 1 Nr. 2 des Dritten Buches oder nach § 12 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und 3, § 13 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst, einen Zuschuss zu ihren ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1).

1. Festzuhalten ist zunächst, dass die Klägerin allenfalls über § 22 Abs. 7 S. 1 SGB II Leistungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch beanspruchen kann, weil sie nach § 7 Abs. 5 S. 1 SGB II i. d. F. v. 20.04.2007 grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes hat.

a) Nach § 7 Abs. 5 S. 1 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Die Ausbildung der Klägerin zur Sozialassistentin ist als Ausbildung an einem Berufsschulzentrum nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Bundesausbildungsförderungsgesetz i. d. F. v. 23.12.2007 dem Grunde nach förderfähig, so dass der durch § 7 Abs. 5 S. 1 SGB II normierte Leistungsausschluss besteht.

b) Die Rückausnahme des § 22 Abs. 6 SGB II greift nicht zu Gunsten der Klägerin ein. Entsprechend dieser Norm findet § 22 Absatz...

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