Entscheidungsstichwort (Thema)

Winterbauumlagepflicht. Förderungsfähigkeit. abgrenzbare und nennenswerte Gruppe. Trockenbauarbeiten

 

Leitsatz (amtlich)

Trockenbauunternehmen unterfallen nicht der Umlagepflicht zur Winterbauumlage.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 26.05.2011; Aktenzeichen B 11 AL 145/10 B)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 23. Mai 2006 sowie der Bescheid der Beklagten vom 10. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2004 aufgehoben.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Pflicht zur Entrichtung der Winterbauumlage.

Der Kläger ist Inhaber der Firma M..-Fachbetrieb. Seit 1999 führt seine Firma ausschließlich Trockenbauarbeiten aus; die Gewerbeummeldung für diese Tätigkeit erfolgte zum 1. Mai 2000. Die Firma betreibt den Innenausbau von herzustellenden und bereits hergestellten Gebäuden, zu 95 % in größeren öffentlichen Objekten wie Krankenhäusern, Pflegeheimen, Schulen und Kulturzentren. Dort sind durch das Trockenbaugewerk, wenn bestimmte bauklimatische und konstruktive Bedingungen vorhanden sind, abgehängte Decken und Unterdecken aus Gipskarton sowie Ständerwandsysteme aus Gipskartonbeplankung einzubauen. Voraussetzung für die Erstellung der Innenwandsysteme ist die geschlossene und beheizbare Gebäudehülle mit eingebauten Fenstern und fertiggestellten Fußböden, das heißt Estrich. Diese Tätigkeiten finden in der Regel nach der durchgeführten Raumtrocknung unter den in der DIN 18 340 festgelegten Voraussetzungen statt.

Der Kläger ist Mitglied der Bau-Berufsgenossenschaft Bayern-Sachsen und seit dem 1. Juni 2004 Mitglied der Bundesweiten Interessengemeinschaft Trockenbau e. V. (BIG Trockenbau).

Mit Bescheid vom 10. Mai 2004 verpflichtete die Beklagte den Kläger zur Entrichtung von Winterbauumlage gemäß § 354 ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in Verbindung mit der Verordnung über die Umlage zur Aufbringung der Mittel für das Wintergeld und das Winterausfallgeld (Winterbau-Umlageverordnung) vom 13. Juli 1972 (BGBl. I S. 1201; zuletzt geändert durch Artikel 21 des Gesetzes vom 23. Juli 2004 [BGBl. I S. 1842]; aufgehoben durch § 10 der Verordnung vom 26. April 2006 [BGBl. I S. 1086]) für den Zeitraum von Dezember 1999 bis Dezember 2003 in Höhe von 29.400,00 EUR zuzüglich 51,13 EUR Mahngebühr.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Es sei verwunderlich, dass ein Leistungsbescheid erlassen worden sei, ohne die bis zum 30. Mai 2004 angeforderte Zuarbeit abzuwarten.

Daraufhin führte die Beklagte am 10. Juni 2004 eine Betriebsprüfung durch, in welcher festgestellt wurde, dass der Kläger mit seiner seit dem 17. August 1998 bestehenden Firma überwiegend Bauleistungen gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 36 und 11 der Verordnung über die Betriebe des Baugewerbes, in denen die ganzjährige Beschäftigung zu fördern ist (Baubetriebe-Verordnung) vom 28. Oktober 1980 (BGBl. I S. 2033) erbringt.

Mit Schreiben vom 23. Juni 2004 stellte die Beklagte fest, dass der Leistungsbescheid zu Recht ergangen sei.

Unter anderem mit Schriftsatz vom 3. September 2004 verwies der Kläger auf seine Mitgliedschaft in der BIG Trockenbau und auf eine von dieser publizierten Grundsatzentscheidung zur Frage der Umlagepflicht von Trockenbauunternehmen.

Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23. September 2004 zurückgewiesen. Gemäß § 354 SGB III würden die Mittel für das Wintergeld von den Arbeitgebern des Baugewerbes, in deren Betrieben die ganzjährige Beschäftigung durch Wintergeld zu fördern sei, durch eine Umlage erbracht. Welche Betriebe zu den förderfähigen gehörten, sei auf Grund der Ermächtigung des § 216 Abs. 2 SGB III in der vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung erlassenen Baubetriebe-Verordnung geregelt. Nach den Feststellungen sei der Kläger vorrangig im Bereich Trockenbau tätig. Diese Arbeiten seien in § 1 Abs. 2 Nr. 36 der Baubetriebe-Verordnung erfasst. Da die Firma des Klägers somit zu den förderfähigen Baubetrieben gehöre, sei er winterbauumlagepflichtig.

Hiergegen hat der Kläger am 20. Oktober 2004 Klage erhoben. Seine Firma erbringe ausschließlich Trockenbauarbeiten im Innenbereich. Sie gehöre daher nicht zu den mit der Winterbauumlage förderfähigen Betrieben. Ihre Einbeziehung könne nicht zu einer Belebung der ganzjährigen Beschäftigung im Sinne dieser Umlage führen, da sie schon ganzjährig arbeite.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 23. Mai 2006 abgewiesen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts reiche es nicht aus, dass der fragliche Betrieb für sich genommen nicht förderfähig sei. Der Betrieb des Klägers würde durch § 1 Abs. 2 Nr. 36 Baubetriebe-Verordnung erfasst. Die rein hypothetische Möglichkeit, dass der Kläger Leistungen, wie die Winterbauumlage, in Anspruch nehmen könne, sei nicht gänzlich auszuschließen.

Auf die hierauf am 10. Juli ...

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