Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit. arbeitstechnische Voraussetzung. Mainz-Dortmunder-Dosismodell. haftungsausfüllende Kausalität. Anlageleiden. wesentliche Bedingung. bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule. Fleischer und Koch
Orientierungssatz
Zur Anerkennung eine bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule eines Küchenfleischers und Kochs, bei dem auch Verschleißerscheinungen an der HWS und der BWS vorliegen, als Berufskrankheit gem BKV Anl Nr 2108.
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 12.04.2001 und der Bescheid der Beklagten vom 22.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.1998 aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass beim Kläger ab 08.10.2001 eine Berufskrankheit der Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung vorliegt.
Die Beigeladene zu 3) wird verurteilt, dem Kläger deswegen ab 13.01.2003 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v. H. zu gewähren.
II. Die Beklagte und die Beigeladene zu 3) tragen die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Instanzen je zur Hälfte. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei dem Wirbelsäulenleiden des Klägers um eine Berufskrankheit Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BK-Nr. 2108 BKV) handelt und dem Kläger deshalb eine Verletztenrente zu gewähren ist.
Der am ... 1949 geborene Kläger absolvierte vom 01.09.1964 bis 31.08.1967 eine Lehre zum Fleischer und arbeitete hiernach bis zum 24.06.1968 im erlernten Beruf. Vom 01.07.1968 bis 31.08.1968 ging er einer Beschäftigung als Küchenfleischer und vom 02.09.1968 bis 25.10.1972 als Fleischer nach. Vom 01.05.1974 bis 18.04.1980 und vom 21.04.1980 bis 15.03.1982 war er als Koch und vom 16.03.1982 bis 09.07.1990 und vom 23.07.1990 bis 30.09.1992 wiederum als Küchenfleischer sowie vom 01.10.1992 bis zum 30.09.1994 als Küchenfleischer und Koch tätig. Vom 01.10.1994 bis 07.10.2001 und vom 13.01.2003 bis 20.02.2003 sowie vom 21.02.2003 bis zum 31.10.2003 war er ebenfalls als Koch beschäftigt. Vom 08.10.2001 bis zum 12.01.2003 und vom 21.02.2003 bis zum 24.08.2003 war er arbeitsunfähig geschrieben. Vom 13.01.2003 bis 20.02.2003 und vom 25.08.2003 bis zum 31.10.2003 befand sich der Kläger in einer Arbeitserprobung bzw. auf einem Schonarbeitsplatz. Wirbelsäulebelastende Tätigkeiten waren nicht mehr auszuüben. Seit 01.11.2003 bezieht er neben einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit Leistungen der Bundesagentur für Arbeit.
Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten nahm am 28.06.1996 Stellung, der Kläger sei seit 01.10.1994 in einem Mitgliedsunternehmen der Beklagten als Koch beschäftigt gewesen. Im Rahmen dieser Tätigkeit seien gelegentlich, ca. 3 Mal je Arbeitsschicht, Speisenbehälter von bis zu 30 kg Lastgewicht zu transportieren gewesen. Diese Lasten habe der Kläger nur im Ausnahmefall allein bewältigt. Im Regelfall seien diese Behälter insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt der Rücksichtnahme auf die Vorschädigung der Lendenwirbelsäule (LWS) des Klägers zu zweit transportiert worden. Der Kläger habe für den Zeitraum ab 01.10.1994 die arbeitstechnischen Voraussetzungen einer BK-Nr. 2108 BKV nicht erfüllt.
Der TAD der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik äußerte sich am 30.05.1997, der Versicherte sei im Zeitraum vom 23.07.1990 bis 30.09.1994 bei den Stadtwerken A-Stadt bis 30.09.1992 als Küchenfleischer und hiernach als Koch tätig gewesen. Während der Arbeit als Küchenfleischer habe der Kläger am Morgen eines jeden Arbeitstages das benötigte Fleisch in Kunststoffkisten aus dem Kühlraum geholt. Das Gewicht der Kisten habe bis zu 30 kg betragen. Die Kisten seien auf einen Transportwagen gehoben worden. Die Verarbeitung sei in einem gesonderten Raum erfolgt. Fleischstücke für die Weiterverarbeitung seien auf Tabletts abgelegt worden. Ein gefülltes Tablett habe 26 bis 28 kg gewogen. Neben den eigentlichen Arbeiten als Küchenfleischer sei der Kläger zu 30 % der Arbeitszeit als Koch tätig gewesen. Außerdem habe er die Ware angenommen. Auch hierbei seien Gewichte über 25 kg gehoben und getragen worden. Die Annahme von Ware sei jedoch nicht täglich erfolgt. Während der Tätigkeit als Koch habe der Kläger Gemüsebehälter eines Gewichts von ca. 10 kg, Kartoffeln in 10-kg-Abpackungen sowie Mehl und Zucker in 25-kg-Abpackungen aus dem Kühl- bzw. Lagerraum geholt. Zudem seien Töpfe eines Gewichts von 40 kg gehoben worden. Der Transport eines Teils des Essens sei in acht Thermophoren an andere Ausgabestellen erfolgt. Diese hätten im gefüllten Zustand ein Gewicht von 50 bis 70 kg gehabt. Sie seien von zwei Personen gehoben und getragen worden. Dazu seien sie zunächst auf einen Transportwagen gestellt, mit diesem transportiert und in ein Fahrzeug eingeladen worden. Während der Tätigkeit als Koch ha...