Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Beitragsnachforderung. Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Hausmeister. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung. Vertrauensschutz
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Beschäftigter, der Hausmeisterdienste für ein Unternehmen erbringt, steht zu diesem regelmäßig in einem abhängigen und Versicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis iSv § 7 Abs 1 SGB IV.
2. Ein Unternehmerrisiko wird nicht allein durch die Nutzung eines in vielen Privathaushalten vorhandenen häuslichen Arbeitszimmers/Büros, eines privaten PKW oder eines häuslichen Arbeitskellers mit einer den durchschnittlichen Haushalt nicht wesentlich übersteigenden Anzahl an Werkzeugen begründet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dies nicht mit gesteigerten Verdienstchancen einhergeht, da der Beschäftigte nicht durch unternehmerisches Geschick seine Arbeit so effizient gestalten kann, dass er das Verhältnis von Aufwand und Ertrag entscheidend beeinflussen kann.
Orientierungssatz
Vertrauensschutz auf der Grundlage von unterbliebenen Nachforderungen kann sich nur ergeben, wenn eine bestimmte Frage ausdrücklicher Gegenstand einer Betriebsprüfung war oder von dem zu prüfenden Betrieb zum Gegenstand der Prüfung gemacht werden sollte (vgl LSG Berlin-Potsdam vom 2014-07-29 - L 1 KR 131/14 B ER = juris RdNr 17)
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 21. Mai 2014 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu 9/10, die Beklagte zu 1/10.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 13.641,54 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1. im Prüfzeitraum Mai 2008 bis Dezember 2009 in seiner Tätigkeit als Hausmeister bei der Klägerin in einem abhängigen und Versicherungspflicht in den Zweigen der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung begründenden Beschäftigungsverhältnis stand und die Klägerin deshalb entsprechende Beiträge zur Gesamtsozialversicherung zu entrichten hat.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Stiftung bürgerlichen Rechts ein Unternehmen, dessen satzungsgemäßer Zweck die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens, der öffentlichen Gesundheitspflege, von Wissenschaft und Forschung sowie von Kunst und Kultur ist (§ 2 Abs. 1 der Satzung). Die Stiftung unterhält für ihre Zwecke mehrere Gebäude. Der Beigeladene zu 1. ist tschechischer Staatsangehöriger und hatte 1993 beim Kreisgewerbeamt in Z.../CZ ein Gewerbe für Maurerei angemeldet. Am 01.07.2008 schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 1. eine als Dienstleistungsvertrag bezeichnete Vereinbarung für den Zeitraum ab 01.05.2008 bis 30.04.2009 über Tätigkeiten in den Bereichen Hausmeisterservice und Erhaltungsmaßnahmen an Gebäuden. Für die nachfolgende Zeit bis 31.12.2009 erfolgte monatsweise der Abschluss von Folgeverträgen. Der Beigeladene zu 1. stellte der Klägerin für die Monate Juli 2008 sowie Januar bis Dezember 2009 Beträge zwischen 1.188,00 EUR und 2.028,00 EUR in Rechnung (für die Monate Mai, Juni und August 2008 lag der Rechnungsbetrag jeweils deutlich darunter). Auf den Rechnungen erfolgte jeweils der Vermerk "lt. Auftrag - Hausmeistertätigkeit, siehe Auftragsblatt". Nach den Angaben der Klägerin im Berufungsverfahren erhielt der Beigeladene zu 1. einen Stundenlohn von 8,00 EUR.
Am 20.04.2010 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Mit Bescheid vom 20.04.2010 machte sie zunächst für den Prüfzeitraum Januar 2006 bis Dezember 2009 eine Nachforderung in Höhe von 352,09 EUR geltend. Der Bescheid enthielt den ausdrücklichen Hinweis, dass die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Beigeladenen zu 1. aus diesem Bescheid ausgeklammert und noch gesondert geprüft werde; diesbezüglich erhalte die Klägerin ggf. einen weiteren Bescheid. In dem dem Beigeladenen zu 1. nachfolgend übersandten Fragebogen gab dieser am 20.05.2010 u. a. an, er betreibe von seinem Wohnhaus in B.../CZ aus eine Einzelfirma mit kleinem Büro und Werkstatt. Hinsichtlich Zeit und Ausführung der Arbeiten für die Klägerin habe er keinen Weisungen unterlegen. Im geprüften Zeitraum habe er keine Aufträge abgelehnt oder zurückgegeben. Er sei verpflichtet gewesen, die Arbeiten persönlich auszuführen. Berufliche Werbung habe er für seine Tätigkeiten nicht betrieben. Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder auf bezahlten Urlaub habe er nicht gehabt. Neben der Klägerin habe es weitere Auftraggeber gegeben.
Mit Bescheid vom 18.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2011 stellte die Beklagte daraufhin für den Prüfzeitraum Mai 2008 bis Dezember 2009 eine Nachforderung von Sozialversicherungs- und Umlagebeiträgen in Höhe von 13.656,17 EUR (einschließlich Säumniszuschlägen bis einschließlich Januar 2010 in Höhe von 1.573,50 EUR) fest. Zur Begründung führte sie aus, der geprüfte tschechisch...