Entscheidungsstichwort (Thema)

Fremdrentenrecht. Witwerrente. Fremdrentenberechtigung. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Ehegattin eines Vertriebenen (Umsiedler iS des § 1 Abs 2 Nr 2 BVFG) ist nicht zwangsläufig selbst Vertriebene nach § 1 Abs 3 BVFG und damit fremdrentenberechtigt.

2. § 14a FRG ist verfassungsgemäß.

 

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 7.1.2010 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger Witwerrente zu gewähren ist.

Der Kläger wurde am …1939 in A... (Ukraine) geboren. Sein Vater stellte am …1944 in B…/W… auch für den Kläger einen Einbürgerungsantrag auf der Grundlage eines Umsiedlungspapiers. In dem Antrag ist angegeben, dass die Familie vom 10.11.1943 bis 14.3.1944 unterwegs gewesen sei und sich vom 14.3.1944 bis 8.5.1944 im Lager L… und ab 8.5.1944 in B…/W. aufgehalten habe. Nachdem vom Volkstumssachverständigen festgestellt worden war, dass die Familie weitestgehend deutschstämmig gewesen sei, fließend deutsch gesprochen habe und insgesamt eingedeutscht gewesen sei, wurden sie ausweislich der Abschrift der Einbürgerungsurkunde eingebürgert. Der Kläger selbst schreibt zu seinem Werdegang:

“Und 1944 Jhre, haben die Polen Papa festgenommen und uns mit die Mama haben sie nach Deutschland Reparteiren und da in Deutschland sind wier sechs Lager durchgekommen. 1. “Leslau„-Polen. Deutsche Lager - 2. “Kestrin„ 3. “Demin„ 4. “Parchim„ 5. “Rostock„ “Frankopurt Oder„.

Im 1945 Jhre haben sie uns rausgefaren (Reparteiren) wieder nach Polen und dan 1945, 11. Oktober haben sie uns Reparteirt nach Russland Marieskaa SSR. Auf eine ewiegkeit und unsere Papa ist gekommen aus den Gefegnis 1955 Jhre.„

Am …1962 heiratete der Kläger in K…, wo er bereits zuvor seinen Wohnsitz genommen hatte, die am …1942 in K… (Kasachstan) geborenen N… M… (im Folgenden: Versicherte), die zu dieser Zeit keine deutsche Staats- oder Volkszugehörige war. In ihrem früheren, 1979 ausgestellten Inlandspass wird sie als Russin ausgewiesen.

Am 10.11.2000 wurde dem Kläger ein Aufnahmebescheid als Spätaussiedler im Sinne des § 4 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) erteilt, in den die Versicherte als Ehegattin eines Spätaussiedlers und sein 1977 geborener Sohn als Abkömmling eines Spätaussiedlers einbezogen waren. Hinsichtlich der Versicherten ist vermerkt, dass diese nicht am Sprachtest teilgenommen hat.

Am 13.5.2001 reiste der Kläger zusammen mit der Versicherten aus Sh… (K…) kommend in die Bundesrepublik Deutschland ein. Dem Kläger wurde am 11.9.2001 eine Spätaussiedlerbescheinigung ausgestellt, in der er als Spätaussiedler nach § 4 BVFG und die Versicherte als Ehegattin eines Spätaussiedlers nach § 7 Abs. 2 BVFG aufgeführt sind.

Am …2002 verstarb die Versicherte. Seit dem 1.1.2003 bezieht der Kläger eine eigene Rente.

Bereits am 6.9.2002 hatte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Witwerrente gestellt, der mit Bescheid vom 25.11.2002 abgelehnt worden war. Die für die beantragte Rente maßgebliche Wartezeit von fünf Jahren sei nicht erfüllt (§ 50 Abs. 1 SGB VI). Für die Wartezeit seien nur 1 Jahr und 4 Kalendermonate mit anrechenbaren Zeiten (§ 51 SGB VI) zu berücksichtigen, wobei auf den Versicherungsverlauf verwiesen wurde. Aus diesem ergeben sich 16 Monate (18.6.2001 bis 2.9.2002) Pflichtbeitragszeiten. Die Zeit vom 14.7.1961 bis 25.11.1992 habe nicht als Beitrags- bzw. Beschäftigungszeit anerkannt werden können, weil die persönlichen Voraussetzungen des § 1 Fremdrentengesetz bei der Versicherten nicht vorgelegen hätten.

Am 12.12.2007 beantragte der Kläger erneut, ihm Witwerrente zu gewähren und verwies hierbei auf einen Beschluss des Bundessozialgerichts vom 30.8.2001 (B 4 RA 118/00 R), welcher sich auf die Begrenzung von Entgeltpunkten bezog.

Mit Bescheid vom 9.1.2008 wies die Beklagte den Rentenantrag erneut zurück, weil die erforderliche Wartezeit von 5 Jahren mit anrechenbaren Zeiten nicht erfüllt sei. Für die Wartezeit seien nach dem anliegenden Versicherungsverlauf nur 1 Jahr und 4 Monate mit anrechenbaren Zeiten (§ 51 SGB VI) zu berücksichtigen. Der Beschluss des Bundessozialgerichts sei vorliegend nicht einschlägig.

Am 1.2.2008 legte der Kläger Widerspruch ein, in dem er auf seinen Anspruch als Vertriebener deutscher Staatsangehörigkeit hinwies.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.6.2008, zur Post gegeben am 26.6.2008, wurde dieser unter Beibehaltung der Begründung zurückgewiesen.

Am 28.7.2008 erhob der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Chemnitz. Er sei nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 BVFG Vertriebener. Seine Ehefrau sei nach § 1 Abs. 3 BVFG ebenfalls Vertriebene und damit nach dem Fremdrentengesetz rentenberechtigt. Der Beklagten möge aufgegeben werden, nach § 100 Abs. 2 BVFG einen Antrag an die Vertriebenenbehörde zu richten, damit der Vertriebenenstatus festgestellt werden könne. Nach § 100 Abs. 1 BVFG ...

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