Rz. 11
Leistungen der aktiven Arbeitsförderung sind zwingend auch entsprechend den Ergebnissen der Beratungs- und Vermittlungsgespräche einzusetzen. Daraus wird deutlich, dass mit den Leistungen eine Strategie unterstützt werden soll, mit der ein Weg aus der Arbeitslosigkeit gefunden wird. Zu Beginn der Sozialrechtsbeziehung zwischen Agentur für Arbeit und Arbeitslosem steht eine Potenzialanalyse (§ 37 Abs. 1), nach dem die Chancen des Arbeitslosen auf eine Vermittlung in eine Beschäftigung eingeschätzt werden. Es ist erforderlich, dass Stärken- und Schwächenprofile erzeugt werden, denen eingehende Analysen über die Ursachen von Defiziten und Spezifikationen von Stärken folgen. Aus den Ergebnissen kann der Arbeitsvermittler bzw. Fallmanager eine Strategie ableiten, an deren Ende eine erfolgreiche Vermittlung stehen kann. Diesem Prozess entspricht es, wenn die Beratungsgespräche vor den Vermittlungsgesprächen genannt werden, obwohl tatsächlich im Rahmen des § 4 Abs. 1 zunächst ein Vermittlungsgespräch stattfindet. Aus der gewählten Strategie ergeben sich dann auch fast zwangsläufig die relevanten Leistungen der aktiven Arbeitsförderung neben den originären Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit. Die Agenturen setzen für diesen Prozess das sog. 4-Phasen-Modell ein, eine 5. Phase stellt die nachgehende Betreuung nach erfolgter Integration in eine Beschäftigung dar.
Rz. 12
Im Idealfall, bei bevorstehendem oder feststehendem Bezug von Alg im Regelfall, wird der gesamte Eingliederungsprozess in einer Eingliederungsvereinbarung dokumentiert. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Aktivitäten auch in eine geförderte Selbstständigkeit münden. Die Eingliederungsvereinbarung ist nach § 37 Abs. 2 verbindlich. Sie enthält auch die vorgesehenen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung (§ 37 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4). Daraus kann sich ergeben, dass Leistungen der aktiven Arbeitsförderung zur Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit nicht mehr mit der Begründung ermessensfehlerfrei verweigert werden dürfen, es stünden genügend Möglichkeiten zur Vermittlung in eine abhängige Beschäftigung zur Verfügung. Die weitere Gesetzgebung wird eine Angleichung an das Kooperationsmodell des SGB IÍ mit sich bringen.
Rz. 13
Leistungen der aktiven Arbeitsförderung dürfen nicht nur schlicht an die Stelle der Entgeltersatzleistungen treten. Das Gesetz verlangt vielmehr, dass diese Leistungen nicht nur vorübergehend vermieden werden. Allgemein wird ein nicht nur vorübergehender Zeitraum angenommen, wenn er eine Dauer von sechs Monaten überschreitet. Auf eine solche Fixierung kommt es hier nicht allein an. Es geht nicht darum, entsprechend lange Maßnahmen zu konzipieren, um dem Verlangen des Gesetzgebers nachzukommen, sondern um einen zielgerichteten Einsatz des Instrumentariums zur Vergrößerung der beruflichen Flexibilität und Mobilität (Beschäftigungsfähigkeit) für zukünftige Vermittlungsbemühungen. Dem entspricht es, dass z. B. die Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung recht kurzfristig angelegt sind, selten 2 Monate überdauern.
Rz. 14
Das Vorbeugen vor Langzeitarbeitslosigkeit ist nach der Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe mit der Sozialhilfe zur Grundsicherung für Arbeitsuchende seit 2005 und dem Umbau der Bundesagentur für Arbeit durch einen dreiköpfigen, mittlerweile gar vierköpfigen Vorstand zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen eines der am heftigsten diskutierten Themen der Arbeitsmarktpolitik schlechthin. Durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente ab 1.1.2009 ist sie ein ausdrückliches Ziel der Arbeitsförderung (§ 1 Abs. 1 Satz 2). Die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II enthält im Wesentlichen dasselbe arbeitsmarktpolitische Instrumentarium, das auch der Arbeitsverwaltung für arbeitslose Versicherte zur Verfügung steht (§ 16 SGB II), es können sogar darüber hinausgehende individuelle Leistungen erbracht werden, um zu einem Eingliederungserfolg zu kommen (z. B. im Rahmen der freien Förderung nach § 16f SGB II). Systemimmanent ist allerdings, dass der Grundsicherung für Arbeit (auch) diejenigen Arbeitslosen zufallen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld erschöpft ist, Arbeitslosigkeit aber fortbesteht. Bezogen auf den Regelfall für Arbeitnehmer unter 50 Jahren ist das nach einem Jahr des Bezuges von Arbeitslosengeld nach dem SGB III der Fall. Das entspricht nämlich der längsten Anspruchsdauer, den Arbeitnehmer erwerben können, die nicht zu den älteren Arbeitnehmern gehören (vgl. § 147). Ist der Agentur für Arbeit bis zur Erschöpfung des Anspruchs auf die Versicherungsleistung eine Vermittlung nicht gelungen und sind auch keine sonstigen Unterbrechungszeiten zu verzeichnen, nehmen die Arbeitslosen mit dem Ausscheiden aus der Arbeitslosenversicherung und dem Eintritt in die Grundsicherung den Status der Langzeitarbeitslosigkeit an.