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Sind die individuellen Förderungsvoraussetzungen erfüllt und sind institutionell Träger und Maßnahme für die ausgewählte Weiterbildung zugelassen, kann die Agentur für Arbeit die Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme durch Übernahme der Weiterbildungskosten fördern. Hierüber trifft die Agentur für Arbeit eine Entscheidung mit Entschließungsermessen, in Fällen des Abs. 2 aufgrund des Rechtsanspruchs des Arbeitnehmers. Ein Anspruch auf eine Förderung nach Abs. 1 besteht nur dann, wenn die Förderung die einzig mögliche rechtmäßige Entscheidung wäre, etwa wegen Ermessensreduzierung auf Null, weil nach dem festgestellten Sachverhalt eine anderweitige Entscheidungsfindung rechtsfehlerfrei auszuschließen ist (Bay. LSG, Urteil v. 21.7.2016, L 7 AS 235/16). Zu den Weiterbildungskosten gehören die Lehrgangskosten und Kosten für die Eignungsfeststellung (§ 83 Abs. 1 Nr. 1 und § 84), Fahrkosten (§ 83 Abs. 1 Nr. 2 und § 85), Kosten für auswärtige Unterbringung und Verpflegung (§ 83 Abs. 1 Nr. 3 und § 86) sowie Kinderbetreuungskosten (§ 83 Abs. 1 Nr. 4 und § 87). Kinderbetreuungskosten können ab 1.1.2023 in Höhe von pauschal 160,00 EUR monatlich übernommen werden. Dieser Leistungskatalog ist abschließend. Eine Kostenposition muss also einer der normierten Kostengruppen zugeordnet werden können. Ansonsten ist eine Förderung insoweit ausgeschlossen.
Die Bundesregierung hat die Forderung des Bundesrates in den Beratungen zum Qualifizierungschancengesetz abgelehnt, eine Mehraufwandsentschädigung bei beruflicher Weiterbildung im SGB II einzuführen. Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden demnach bedarfsbezogen geleistet. Soweit durch die Teilnahme an einer Maßnahme zusätzliche Kosten entstehen, werden diese durch die Übernahme der Teilnahmekosten abgedeckt. Weitere ungedeckte Bedarfe entstehen durch die Teilnahme nicht. Zur Steigerung der Weiterbildungsbereitschaft und des Durchhaltevermögens sehen das SGB III und das SGB II bereits nach § 11a Abs. 1 Nr. 1 SGB II auf die Leistungen nach dem SGB II nicht anrechenbare Weiterbildungsprämien vor (§ 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB II, § 131a Abs. 3, verlängert für Maßnahmen, die bis zum 31.12.2023 beginnen). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die mit der Teilnahme und einem erfolgreichen Maßnahmeabschluss verbundene Perspektive zur möglichen Überwindung der Hilfebedürftigkeit bereits einen Anreiz darstellt. Der Bundesrat hat das Gesetz passieren lassen, aber dazu eine Entschließung verabschiedet. Danach ist der Bundesrat der Auffassung, dass die im Gesetz vorgesehene Ausweitung und Verbesserung der Qualifizierungsmöglichkeiten für Beschäftigte einen wichtigen Schritt zur aktiven Gestaltung des Wandels in der Arbeitswelt darstellen. Mit ihnen werden die Fachkräftebasis und Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Arbeitsmarktes im digitalen Strukturwandel gestärkt. Gleichwohl betont der Bundesrat, dass weiterhin die Notwendigkeit besteht, finanzielle und gesetzliche Hürden für die Erlangung einer beruflichen Qualifikation, insbesondere für Menschen in einer schwierigen Berufs- und Lebenssituation, abzubauen, und diesen dadurch wieder Chancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu eröffnen. Insbesondere für Langzeitarbeitslose und Langzeitleistungsbeziehende stellt die Teilnahme an einer mehrjährigen, abschlussbezogenen Weiterbildung hohe Anforderungen an Motivation und Durchhaltevermögen, zumal diese mit laufenden ungedeckten finanziellen Mehraufwänden verbunden ist, die von den Teilnehmenden aus dem Regelsatz getragen werden müssen. Die Schaffung zusätzlicher materieller Anreize, wie z. B. einer anrechnungsfreien, monatlichen Entschädigung für die Mehraufwände der Teilnehmenden an einer berufsabschlussorientierten Weiterbildung würde eine dringend benötigte Abhilfe bedeuten. Ferner sind die bestehenden Anforderungen an eine Umschulung trotz ergänzender Unterstützungsleistungen für viele Langzeitarbeitslose und Langzeitleistungsempfänger immer noch sehr hoch. Insbesondere die geltende Verkürzung der Umschulungsdauer auf zwei Drittel der Ausbildungsdauer stellt ein Hemmnis für die Aufnahme einer Umschulung dar. Der Bundesrat ist überzeugt, dass es Regelungen bedarf, nach denen in begründeten Einzelfällen erwerbsfähige Leistungsberechtigte eine betriebliche Umschulungsmaßnahme in der vollen Ausbildungszeit durchlaufen können, sofern dies aus in der Person liegenden Gründen erforderlich ist (vgl. BR-Drs. 605/18).
Während einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme entfällt beim Bezug von Alg bei beruflicher Weiterbildung ein Teil der unter Arbeitslosigkeit zusammengefassten Anspruchsvoraussetzungen. Insbesondere bedarf es keiner Verfügbarkeit i. S. v. § 138 Abs. 1 Nr. 3 und 5 als Element der Arbeitslosigkeit. Nach den Motiven des Gesetzgebers sollte der Wegfall des Unterhaltsgeldes zum 1.1.2005 einer Vereinfachung des Leistungsrechts dienen, aber nicht mit leistungsrechtlichen Nachteilen für die betroffenen Personen verbunden sein. Sinn und Zweck des Alg bei beruflicher W...