Leitsatz

  • Ein Eigentümer kann als Einzelgläubiger allein Schadenersatz gegen den Verwalter gerichtlich durchsetzen

    Haftung des Verwalters für Rechtsverfolgungskosten bei zu Unrecht erteilter Zustimmung zu einer baulichen Veränderung

 

Normenkette

§ 16 Abs. 5 WEG, § 21 WEG, § 43 WEG, § 242 BGB, § 276 BGB, § 432 BGB, § 675 BGB

 

Kommentar

1.  Ein Eigentümer wollte in seiner Dachgeschosswohnung einen Kamin einbauen (Deckendurchbruch und Schornsteinerrichtung über Dach). Der Verwalter gestattete diese Maßnahme unter diversen Bedingungen. Ein anderer Eigentümer wandte sich mit Erfolg gegen diese Eingriffe in das gemeinschaftliche Eigentum, für die die Gemeinschaft keine Zustimmung erteilt hatte. In diesem WE-Streit wurde in der Kostenentscheidung des OLG Hamburg keine außergerichtliche Kostenerstattung ausgesprochen. In neuerlichem Verfahren forderte nun der im früheren Verfahren obsiegende Antragsteller gegen den Verwalter Erstattung seiner entstandenen Anwaltskosten. Zur Frage der Aktivlegimitation sah sich das Hans. OLG Hamburg genötigt, aufgrund abweichender Meinung des KG Berlin vom 1. 10. 1990 (WE 91, 103) den Streit zum BGH vorzulegen. Der BGH folgte in seiner Entscheidung der Meinung des vorlegenden OLG Hamburg.

2.  Auch wenn es sich vorliegend um ein Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG handelte, an dem nach § 43 Abs. 4 Nr. 2 WEG Wohnungseigentümer zu beteiligen seien, mussten hier nicht alle Eigentümer am Verfahren beteiligt werden. Macht nämlich ein Wohnungseigentümer einen ihm allein zustehenden Schadenersatzanspruch gegen den Verwalter geltend, sind die anderen Wohnungseigentümer nicht Beteiligte. Die Regelung des § 43 WEG soll nur sicherstellen, dass aus Gründen der Rechtskrafterstreckung formell auch diejenigen Personen beteiligt werden, die materiell beteiligt sind, nicht ist es jedoch Sinn dieser gesetzlichen Regelung, Personen zu beteiligen, die materiell von dem Verfahren gar nicht betroffen sein können. So ist auch anerkannt, dass in Angelegenheiten, die nur einen begrenzten Kreis von Wohnungseigentümern in ihren rechtlichen Interessen betreffen, auch nur diese zu beteiligen sind (h. M.). Auch im vorliegenden Streit waren die rechtlichen Interessen der restlichen Eigentümer nicht berührt. Die Kosten des Vorverfahrens waren nach § 16 Abs. 5 WEG auch nicht Kosten der Verwaltung. Allein ein denkbares Informationsinteresse der übrigen Eigentümer reicht zur Annahme eigener materieller Beteiligung nicht aus.

3. Die Auffassung des KG Berlin, der einzelne Eigentümer dürfe den ihm durch eine Vertragsverletzung des Verwalters entstandenen Schaden ohne ermächtigenden Beschluss der Gemeinschaft nicht geltend machen, geht von der unzutreffenden Annahme aus, die Verletzung des Verwaltervertrages könne n u r einen Schadenersatzanspruch der Gemeinschaft erzeugen.

Der BGH hat jedoch in seinem seinerzeitigen Beschluss v. 15. 12. 1988 (BGHZ 106, 222, 225) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass gegenüber dem Verwalter auch "individuelle Schadenersatzansprüche" des einzelnen Eigentümers bestehen können (wie hier). Streitgegenstand sei hier nicht ein den Wohnungseigentümern als Mitgläubigern zustehender Ersatzanspruch gegen den Verwalter, sondern eine Forderung, die nur dem Antragsteller erwachsen sei, weil nur er einen Schaden erlitten habe. Für die Durchsetzung eines solchen Anspruchs sei er unzweifelhaft antragsbefugt. Die Frage, ob ein einzelner Eigentümer zur Durchsetzung von Ansprüchen der Ermächtigung durch die anderen Eigentümer bedürfe, stelle sich nur bei Ansprüchen, die den Wohnungseigentümern als Mitgläubigern zustünden. § 21 Abs. 1 WEG enthalte dann insoweit gegenüber § 432 BGB eine Sonderregelung. Eine Verwaltungskompetenz nach § 21 Abs. 1 WEG sei durch Auslegung anhand der restlichen Vorschriften des WEG und der Interessenlage zu ermitteln.

4.  Teilt der Verwalter einem Wohnungseigentümer zu Unrecht mit, die von diesem beabsichtigte Baumaßnahme (hier der nachträgliche Kamineinbau) bedürfe nicht der Zustimmung der übrigen Eigentümer, muss er die einem anderen Eigentümer bei der Abwehr der hierdurch veranlassten Baumaßnahme entstandenen Rechtsverfolgungskosten ersetzen. Der Antragsteller ist hier für den geltend gemachten Schadenersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung auch aktivlegitimiert. Wie § 432 Abs. 1 BGB erkennen lasse, seien gemeinschaftlich nur solche Ansprüche der Wohnungseigentümer aus dem Verwaltervertrag, die ihrem Inhalt nach unteilbar seien und nur allen Mitgläubigern gemeinschaftlich gegenüber erfüllt werden könnten. Eine faktisch teilbare Geldleistung könne rechtlich unteilbar sein, wenn aufgrund des Innenverhältnisses zwischen den Gläubigern eine gemeinsame Empfangszuständigkeit bestehe (hier nicht). Die Vorprozesskosten seien ausschließlich im vorliegenden Fall dem Antragsteller erwachsen und zur Last gefallen. Die Ersatzpflicht des Verwalters ergebe sich aus Verletzung seiner Verwalterpflichten. Eine Zustimmung zur Bauänderungsmaßnahme sei nicht von einer Vollmacht der Gemeinschaft gedeckt...

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