Leitsatz
Hat der Grundstückseigentümer Schadensersatz in Höhe des Grundstückswerts wegen der verspäteten Rückgabe des Grundstücks verlangt und erhalten, so verliert er den Herausgabeanspruch. Der Grundstückseigentümer ist dann verpflichtet, dem ursprünglich Herausgabepflichtigen das Grundstück zu übereignen.
(Leitsatz der Redaktion)
Normenkette
BGB §§ 281, 255, 546
Kommentar
A und B sind die Eigentümer benachbarter Grundstücke. Aufgrund einer vertraglichen Regelung zwischen A und B war A berechtigt, das Grundstück des B zu nutzen. Nach Beendigung des Nutzungsverhältnisses nahm B den A auf Herausgabe des Grundstücks in Anspruch; für den Fall der Nichterfüllung sollte A Schadensersatz leisten. In diesem Verfahren wurde A durch Versäumnisurteil verpflichtet, das Grundstück des B innerhalb von 14 Tagen ab Rechtskraft geräumt an den B herauszugeben, nach fruchtlosem Ablauf der Frist für das Grundstück aber Schadensersatz in Höhe von 23.923 EUR zu bezahlen. Das Versäumnisurteil wurde rechtskräftig. In der Folgezeit hat B aus dem Zahlungstitel vollstreckt. A hat den Schadensersatzbetrag an B bezahlt.
Bei dieser Konstellation stellt sich die Frage nach dem Schicksal des (ebenfalls titulierten) Räumungs- und Herausgabeanspruchs. Hat der Gläubiger einen Anspruch auf Herausgabe einer Sache, so kann er gem. § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung bestimmt hat. Gem. § 281 Abs. 4 BGB ist der Anspruch auf die Leistung jedoch ausgeschlossen, wenn der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangt hat. Dieser gesetzlichen Regelung ist zu entnehmen, dass der Gläubiger nicht gleichzeitig Schadensersatz verlangen und das Eigentum an der Sache behalten kann.
Ist sowohl der Herausgabe- als auch der Schadensersatzanspruch tituliert, bieten sich folgende Lösungswege an:
- Dem Gläubiger steht weiterhin ein Anspruch auf Herausgabe der Sache zu; macht er diesen geltend, so muss er dem Schuldner die Schadensersatzleistung zurückerstatten.
- Hat der Gläubiger – wie hier – Schadensersatz verlangt, verliert er den Herausgabeanspruch. Der Gläubiger ist dann verpflichtet, dem Schuldner die Sache zu übereignen.
Das Gericht vertritt die Theorie des Zwangskaufs (in Ziff. 2 dargestellte Ansicht). Diese Lösung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 255 BGB. Diese Vorschrift bestimmt, dass der zum Schadensersatz verpflichtete Schuldner nur "gegen Abtretung der Ansprüche verpflichtet (ist), die dem Ersatzberechtigten aufgrund des Eigentums an der Sache oder aufgrund des Rechts gegen Dritte zustehen".
Rechtsfrage noch offen
Da die hier maßgebliche Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich entschieden ist, hat das Gericht die Revision zum BGH zugelassen.
Link zur Entscheidung
OLG Brandenburg, Urteil v. 24.10.2012, 3 U 106/11, MietRB 2013 S. 53