Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlehensweise Übernahme von Energiekosten durch einstweiligen Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. An einem Rechtsschutzbedürfnis für ein eingelegtes Rechtsmittel fehlt es dann, wenn das Rechtsmittel für den Rechtsmittelführer offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann. Dies ist bei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, in denen der Leistungsträger einer einstweiligen Anordnung zur Vermeidung eines Zwangsvollstreckungsverfahrens nachgekommen ist, nicht der Fall. Für das Rechtsschutzbedürfnis reicht es aus, dass unabhängig von der sofortigen tatsächlichen Realisierbarkeit grundsätzlich ein Rückforderungsanspruch geltend gemacht werden kann.
2. Energiekostenrückstände einschließlich Stromschulden können eine Notlage i. S. von § 22 Abs. 8 SGB 2 auslösen, die im Falle einer besonderen Dringlichkeit die darlehensweise Bewilligung durch einstweiligen Rechtsschutz rechtfertigen. Der erforderliche Anordnungsgrund ist glaubhaft zu machen.
3. Hat der Antragsteller Leistungen für Energiekosten erhalten, hat er diese aber weder an den Energieversorger weitergeleitet noch sich um eine Ratenzahlungsvereinbarung mit diesem bemüht, so fehlt es an dem für die Bewilligung von einstweiligem Rechtsschutz erforderlichen Anordnungsgrund, weil der Hilfesuchende nicht alle Möglichkeiten der Selbsthilfe ausgeschöpft hat.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 24. November 2010 aufgehoben und der Eilantrag abgelehnt
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren die darlehensweise Übernahme von Strom- und Gasschulden.
Die 1963 geborene Antragstellerin und der 1955 geborene Antragsteller sind verheiratet und wohnen in einer 50 qm großen Zweizimmerwohnung in W…. Dafür fallen nach den mit Antrag vom 19. November 2009 eingereichten Unterlagen eine Grundmiete von 310,00 EUR, Nebenkosten von 38,00 EUR sowie Abschlagzahlungen in Höhe von 125,00 EUR für Strom und Gas an.
Der Antragsgegner gewährte den Antragstellern mit Bescheid vom 26. November 2009 Leistungen ab 19. November 2009 bis 30. April 2010 und berücksichtigte dabei Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 424,00 EUR (Grundmiete 310,00 EUR, Heizung 76,00 EUR, Nebenkosten 38,00 EUR). Mit Schreiben vom 26. November 2009 wies der Antragsgegner darauf hin, dass die tatsächlichen Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht angemessen seien. Die monatlich angemessenen Unterkunftskosten betrügen für einen Zweipersonenhaushalt nach den bestehenden Richtlinien 284,00 EUR (Nettokaltmiete) plus den tatsächlichen angemessenen Betriebskosten sowie 76,00 EUR für Heizkosten. Diese ermittelten sich durch die angemessenen Quadratmeter der Wohnung von 50 qm x 1,52 EUR. Deshalb könnten ab 1. Juni 2010 lediglich die angemessenen Unterkunftskosten berücksichtigt werden.
Am 12. Januar 2010 beantragten die Antragsteller bei dem Antragsgegner die darlehensweise Übernahme von Strom- und Gasschulden bei der E.ON Hanse in Höhe von 1.062,75 EUR. Diese waren in der Zeit vom 23. April 2009 bis 4. Januar 2010 aufgelaufen. Der Antragsgegner lehnte den Antrag mit Bescheid vom 13. Januar 2010 mit der Begründung ab, für die Begleichung bereits bestehender Schulden könne grundsätzlich kein Darlehen gewährt werden. Für eine Ausnahme von diesem Grundsatz lägen die Voraussetzungen nicht vor.
Mit Beschluss vom 23. Januar 2010 lehnte das Sozialgericht Kiel den daraufhin am 22. Januar 2010 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Die angekündigte Sperre der Energiezufuhr sei gegenstandslos geworden, da das Amtsgericht Eckernförde der E.ON Hanse untersagt habe, die angekündigte Sperrung des Strom- und Gasanschlusses vorzunehmen. Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht bestätigte die Entscheidung mit Beschluss vom 30. März 2010 (L 6 B 39/10 AS ER).
Mit Bescheid vom 22. März 2010 gewährte der Antragsgegner den Antragstellern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. Mai 2010 bis 31. Mai 2010 unter Berücksichtigung der Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 424,00 EUR sowie ab 1. Juni 2010 bis 31. Oktober 2010 in Höhe von 398,00 EUR (284,00 EUR Nettokaltmiete, 38,00 EUR Nebenkosten, 76,00 EUR Heizkosten) monatlich.
Einen erneuten Antrag auf Übernahme von Strom- und Gasschulden in Höhe von 1.515,57 EUR lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 22. September 2010 ab. Schulden aus Verbrauchsabrechnungen könnten gemäß § 22 Abs. 5 Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) übernommen werden, sofern die Übernahme gerechtfertigt sei. Diese Voraussetzung sei bereits deshalb nicht erfüllt, weil die Wohnung der Antragsteller nicht angemessen sei. Nach den Richtlinien des Kreises Rendsburg-Eckernförde liege der Höchstbetrag für die Kaltmiete für zwei Personen bei 284,00 EUR. Bei Energieschulden könne ein Darlehen nur gewährt werden, wenn der Bedarf weder vorhersehbar noch abwendbar gewesen sei. Ein solcher unabweisbarer Bedarf liege nicht vor, wenn ...