Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. kein Anfall einer Terminsgebühr bei schriftlichem Vergleich. Altfall. KostRMoG 2

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Terminsgebühr gemäß Nr 3106 VV-RVG idF bis 31.7.2013 fällt auch in analoger Anwendung der Nr 3104 VV-RVG nicht an, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgesehen ist, ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Für solche Altfälle ändert auch nichts die ab 1.8.2013 geltende Fassung der Nr 3106 VV-RVG.

 

Orientierungssatz

Verfahrensvorschriften, wie etwa § 1 Abs 3 RVG, werden von der Übergangsregelung des § 60 Abs 1 RVG nicht erfasst. Für sie gilt, dass nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts die verfahrensrechtlichen Gesetzesänderungen auf anhängige Festsetzungsverfahren anzuwenden sind.

 

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 6. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei.

Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der anwaltlichen Vergütung. Der Beschwerdeführer war der Klägerin in dem Klageverfahren S 37 AS 1987/12 vor dem Sozialgericht Kiel im Wege der Prozesskostenhilfe als Prozessbevollmächtigter beigeordnet worden. Streitgegenstand des Verfahrens war die Anfechtung eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides des dortigen Beklagten. Das Verfahren endete ohne eine mündliche Verhandlung gütlich durch Vergleich auf Anregung des Gerichts mit entsprechendem Feststellungsbeschluss vom 8. November 2013 unter Hinweis auf § 202 SGG i.V.m. § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO.

In seiner Kostenrechnung vom 8./12. November 2013 hat der Beschwerdeführer die Festsetzung von 690,20 EUR für das Klageverfahren beantragt:

Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG

170,00 EUR

Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG

200,00 EUR

Einigung-/Aussöhnungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG

190,00 EUR

Post- und Telekommunikationsentgelte Nr. 7002 VV-RVG 

 20,00 EUR

Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG

110,20 EUR

Gesamtsumme

690,20 EUR

Mit Feststellungsbeschluss vom 19. November 2013 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle den beantragten Betrag reduziert:

Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG

170,00 EUR

Einigungsgebühr Nr. 1006 i.V.m. 1000 VV-RVG           

190,00 EUR

Auslagenpauschale Nr. 7001, 7002 VV-RVG

 20,00 EUR

Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG

 72,20 EUR

Gesamtbetrag

452,20 EUR

Zur Begründung ist ausgeführt, die Terminsgebühr könne nicht entstehen, da ein Vergleich geschlossen worden sei. Mit der (fiktiven) Terminsgebühr wolle der Gesetzgeber nur die unstreitigen Erledigungen fördern, die in dieser Nummer ausdrücklich aufgeführt seien. Hierzu gehöre der Vergleich nicht.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Erinnerung des Beschwerdeführers mit der Begründung, die Nr. 3106 VV-RVG sei im Lichte des Art. 3 GG verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass sie wie die Vorschrift der Nr. 3104 VV-RVG die Festsetzung einer fiktiven Terminsgebühr in Fällen des Schriftsatzvergleiches zulasse, da kein Grund dafür ersichtlich sei, die sozialgerichtlichen Verfahren, in denen Wertgebühren entstünden und für die deshalb nach Nr. 3104 VV-RVG fiktive Terminsgebühren entstünden, anders zu behandeln, als die sozialgerichtlichen Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren entstünden. Bei der gleichwohl im Wortlaut unterschiedlichen Normierung der beiden Fälle handele es sich um ein gesetzgeberisches Versehen. Dies folge aus der eindeutigen Aussage in der Begründung des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, wo der Gesetzgeber ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass es sich bei der bisherigen Gesetzesfassung um eine missverständliche Regelung handele. Die Neufassung des Gesetzes habe also insoweit lediglich klarstellende Funktion. Die bisherige Rechtsprechung sei überholt und nicht mehr zu halten. Der Kostenprüfungsbeamte hat die Zurückweisung der Erinnerung beantragt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des 1. Senats des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 6. Mai 2014 die Erinnerung des Beschwerdeführers zurückgewiesen, ebenfalls mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 14. November 2007 (L 1 B 513/07 R SK) und Teile der Entscheidung wörtlich zitiert. Andere Landessozialgerichte würden ebenso entscheiden. Zwar sei die Nr. 3106 VV-RVG durch das Zweite Kostenrechtsmodernisierungsgesetz mit Wirkung ab 1. August 2013 geändert worden. Diese Regelung sei jedoch wegen der Übergangsvorschrift des § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil die anwaltliche Beiordnung vor dem 1. August 2013 erfolgt sei.

Gegen den ihm am 12. Mai 2014 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers, eingegangen beim Sozialgericht Kiel am 26. Mai 2014, die er mit Hinweis auf die Ausführungen im Erinnerungsverfahren begründet.

Der Beschwerdegegner verweist auf seine bisherige Stellungnahme.

II.

Der Senat entscheidet gemäß § 33 Abs. 8 Sa...

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