Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 23. April 2022 aufgehoben, soweit der Antragsgegner verpflichtet wird, dem Antragsteller für den Zeitraum vom 12. Januar 2022 bis 8. März 2022 vorläufig und unter Vorbehalt der Rückforderungen Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Insoweit wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für beide Instanzen zu 6/10.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im gerichtlichen Eilverfahren um einen Anspruch des 1975 geborenen Antragstellers auf (aufstockende) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ergänzend zu dem von ihm im Januar noch bezogenen Arbeitsentgelt für eine Tätigkeit für die Firma G in N.
Der Antragsteller ist bulgarischer Staatsangehöriger, hält sich seit 2019 in Deutschland auf und lebt mit seiner Partnerin, mit der er seit dem 9. März 2022 verheiratet ist, sowie den beiden gemeinsamen Kindern H, 22 Jahre alt, und N, 29 Jahre alt, (den ehemaligen Antragstellern zu 2.-4.) in einer Wohnung. Die jetzige Ehefrau des Antragstellers arbeitet mit mindestens 15 Stunden wöchentlich in der Gebäudereinigung. H
war vom 17. August 2021 bis 31. Januar 2022 bei der Firma G in N als Küchenhilfe mit 46 Stunden im Monat (wöchentlich schwankend nach Bedarf, unregelmäßig) bei einem Bruttolohn von 9,60 EUR beschäftigt.
Von Mai 2020 bis Februar 2021 war der Antragsteller bei der Firma Y beschäftigt, bis er dort wegen Corona gekündigt wurde. Am 26. Oktober 2021 stellte er gemeinsam mit seinen Familienmitgliedern einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II gegenüber dem Antragsgegner. Nachdem dieser nicht leistete, hat er am 12. Januar 2022 beim Sozialgericht Kiel einen Antrag auf vorläufige Leistungsgewährung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gestellt.
Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens hat er vorgetragen, vom 9. Dezember 2021 bis 31. Januar 2022 bei der Firma G in N beschäftigt gewesen zu sein. Dort sei ihm am 14. Januar 2022 zum Monatsende gekündigt worden. Vorgelegt hat er diesbezüglich einen Arbeitsvertrag, ausweislich dessen er für 20 Stunden im Monat (wöchentlich schwankend nach Bedarf, unregelmäßig) zu einem Bruttolohn von 9,60 EUR eingestellt worden ist.
Auf seinen Eilantrag hat das Sozialgericht Kiel mit Beschluss vom 23. April 2022 den Antragsgegner verpflichtet, dem Antragsteller für den Zeitraum vom 12. Januar 2022 bis 31. Mai 2022 vorläufig Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Das Sozialgericht hat die Auffassung vertreten, dass das vom Antragsteller für den Zeitraum vom 9. Dezember 2021 bis 31. Januar 2022 behauptete Arbeitsverhältnis - gerade noch - genüge, um seine Arbeitnehmereigenschaft zu begründen, so dass der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 lit. b) SGB II nicht greife, wobei es auf den vorgelegten Arbeitsvertrag und die dort vereinbarten 20 Stunden monatlich abgestellt hat. Seit dem 9. März 2022 leite er ein Aufenthaltsrecht von seiner Ehefrau ab, die unstreitig Arbeitnehmerin ist.
Gegen den Beschluss des Sozialgerichts richtet sich die am 13. Mai 2022 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegte Beschwerde des Antragsgegners.
Der Antragsgegner macht geltend, dass der Antragsteller als bulgarischer Staatsangehöriger von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sei, da sich sein Aufenthaltsrecht jedenfalls bis zum 8. März 2022 allein aus dem Zwecke der Arbeitssuche ergebe. Bei dem vorgetragenen Arbeitsverhältnis mit der Firma G handele es sich mutmaßlich um ein Scheinarbeitsverhältnis. Unabhängig davon sei es als völlig untergeordnet zu qualifizieren, so dass es nicht genüge, um ein eigenes Aufenthaltsrechts des Antragstellers aus Arbeitnehmereigenschaft gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU zu begründen.
Er beantragt,
den Beschluss vom 23. April 2022 aufzuheben und den Antrag abzulehnen,
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Antragsteller tritt der Beschwerde entgegen und beruft sich auf die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakten des erst-und zweitinstanzlichen Verfahrens sowie die Verwaltungsakte des Antragsgegners, alle vorliegend in elektronischer Form, Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig und betreffend den Zeitraum vom 12. Januar 2022 bis 8. März 2022 auch begründet; im Übrigen ist sie nicht begründet.
Gemäß § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf einen Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zus...