Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Kostenfestsetzung. keine Entscheidung durch Einzelrichter. KostRMoG 2. Terminsgebühr. Beendigung durch angenommenes Anerkenntnis. Wortwahl. Bemühungen des Rechtsanwalts. Auslegung einer Prozesserklärung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Verfahrensregelungen des RVG (hier: § 33 Abs 8 S 1 RVG, Entscheidung durch Einzelrichter) finden auch nach Einführung des § 1 Abs 3 RVG durch das 2. KostRMoG (juris: KostRMoG 2) auf die Festsetzung der von den Beteiligten untereinander zu erstattenden Kosten keine Anwendung.

2. Für den Ansatz der Nr 3104 Abs 1 Nr 3 VV-RVG (Beendigung durch angenommenes Anerkenntnis) kommt es unabhängig von der Wortwahl darauf an, ob inhaltlich ein Anerkenntnis vorliegt. Unerheblich ist, ob und in welchem Umfang Bemühungen des Rechtsanwalts zur einvernehmlichen Beendigung vorliegen.

 

Normenkette

RVG-VV Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 3

 

Tenor

Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10. Oktober 2012 wird geändert und die Vergütung auf insgesamt 26.786,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz festgesetzt.

Das Verfahren ist gebührenfrei.

Die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin trägt die Antragsgegnerin.

Der Wert des Erinnerungsverfahrens wird auf 12.846,29 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Festsetzung der von der Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten.

Mit Beschluss vom 15. Juni 2012 hat der 5. Senat des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts entschieden, dass die Antragsgegnerin die Kosten des Klageverfahrens L 5 KR 115/11 KL trägt und den Streitwert auf 2,5 Millionen EUR festgesetzt. Grundlage dafür war die Beendigung des Rechtsstreits durch die Erklärung der Antragsgegnerin, sie werde aus dem von der Antragstellerin angefochtenen Auskunftsbeschluss vom 17. Februar 2010 keinerlei Rechte mehr herleiten, woraufhin die Antragstellerin das “Anerkenntnis angenommen„ bzw. hilfsweise den “Rechtsstreit für erledigt erklärt„ hat. Die Antragsgegnerin hat den Rechtsstreit ebenfalls für erledigt erklärt und in ihrer Erklärung kein Anerkenntnis gesehen.

Die Antragstellerin hat daraufhin am 24. Juli 2012 die Erstattung ihrer Kosten in Höhe von 26.786,90 EUR beantragt. Dies hat die Antragsgegnerin abgelehnt, soweit eine Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 3 VV-RVG geltend gemacht werde. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie habe kein Anerkenntnis abgegeben, sondern lediglich erklärt, aus der angefochtenen Verfügung keine Rechte mehr herzuleiten. Bereits im Vorwege zu der Kostenentscheidung des Senats habe sie dargelegt, dass dies einem Anerkenntnis nicht gleichstehe. Die materielle Erklärung, aus dem angefochtenen Beschluss keine Rechte mehr herzuleiten, führe zur Unwirksamkeit des Verwaltungsakts und damit zum Fortfall der materiellen Beschwer der Antragstellerin, die daraufhin das Rechtsmittel für erledigt zu erklären habe, um der Abweisung der Klage als unzulässig zu entgehen. Das sei hier geschehen. Die Antragstellerin hat erwidert, dass zumindest ein konkludentes Anerkenntnis der Antragsgegnerin vorgelegen habe. Selbst wenn man in der Erklärung eine Erledigungserklärung sehen würde, so sei auch darauf die Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 3 VV-RVG zumindest analog anwendbar. Nach ihrem Unterliegen im Parallelverfahren vor dem Hessischen Landessozialgericht sei der Antragsgegnerin bewusst gewesen, dass es für ihr Vorgehen keine Rechtsgrundlage gegeben habe. Mit ihrer Erklärung sei sie ihrer antragsgemäßen Verurteilung zuvorgekommen. Damit habe sie eine unnötige Fortführung des Rechtsstreits erspart und eine gütliche Einigung herbeigeführt, was dem Sinn und Zweck der Regelung der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 3 VV-RVG entspreche.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10. Oktober 2012 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts die von der Antragsgegnerin zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf 13.940,61 EUR festgesetzt. Die Erklärung der Einstellung des Kartellverwaltungsverfahrens sei kein Anerkenntnis im Sinne des § 101 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Einstellung bewirke die Erledigung in der Hauptsache und damit entfalle das Rechtsschutzbedürfnis der Klage. Die anschließende Erledigungserklärung der Antragstellerin stelle kein angenommenes Anerkenntnis dar. Übereinstimmende Erledigungserklärungen seien nicht mit dem angenommenen Anerkenntnis gleichzusetzen. Ansonsten hätte der Gesetzgeber dies als weitere Alternative für das Entstehen der fiktiven Terminsgebühr aufgelistet.

Gegen den ihr am 23. Oktober 2012 zugestellten Beschluss richtet sich die Erinnerung der Antragstellerin, eingegangen beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht am 23. November 2012. Zur Begründung wiederholt sie ihren bisherigen Vortrag und trägt ergänzend vor: Soweit andere Landessozialgerichte in dort anhängigen Parallelverfahren mit der Problematik befasst gewesen seien, deuteten ihre Entscheidungen in dieselbe Richtung wie ihre, der Antragstellerin, Auff...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?