Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Verfahrensgebühr bei Untätigkeitsklage. halbe Mittelgebühr

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verfahrensgebühr nach Nr 3102 VV-RVG (juris: RVG-VV) ist im Rahmen einer Untätigkeitsklage für den Regelfall mit der halben Mittelgebühr anzusetzen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 7. November 2017 geändert.

Die Vergütung der Beschwerdegegnerin für ihre Tätigkeit im Verfahren S 40 AS 12/14 wird auf insgesamt 362,95 EUR festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei.

Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der anwaltlichen Vergütung. Die Beschwerdegegnerin war den Klägern in dem Klageverfahren S 40 AS 12/14 im Wege der Prozesskostenhilfe als Prozessbevollmächtigte beigeordnet. Hierbei handelte es sich um eine Untätigkeitsklage nach § 88 SGG, die auf die Bescheidung eines Leistungsantrags nach dem SGB II gerichtet war. Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage, da sie den Leistungsantrag bereits positiv längere Zeit vor Klageerhebung beschieden habe. Daraufhin erklärte die Beschwerdegegnerin den Rechtsstreit für erledigt und beantragte, der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Mit Beschlüssen vom 28. September 2015 hat das Sozialgericht der Beklagten die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Kläger auferlegt und mit weiterem Beschluss den Klägern unter Beiordnung der Beschwerdegegnerin Prozesskostenhilfe bewilligt.

In ihrer Kostenrechnung vom 5. Oktober 2015 beantragte die Beschwerdegegnerin die Festsetzung von 702,10 EUR beantragt, und zwar

Nr. 3102 VV-RVG (mit Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV-RVG

um 90 % wegen 4 Auftraggebern)

570,00 EUR

Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV-RVG

  20,00 EUR

Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG

112,10 EUR

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Gesamtsumme

702,10 EUR

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Mit Festsetzungsbeschluss vom 8. Oktober 2015 reduzierte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle diesen Betrag auf

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV-RVG

incl. Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV-RVG

190,00 EUR

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV-RVG

  20,00 EUR

Umsatzsteuer

  39,90 EUR

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Gesamtbetrag

249,90 EUR

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Zur Begründung führte sie aus, dass Umfang und rechtliche Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie Bedeutung für die Kläger und ihre Einkommensverhältnisse sämtlich unterdurchschnittlich, teilweise deutlich unterdurchschnittlich seien. Von daher sei die Verfahrensgebühr in Höhe von 1/3 der Mittelgebühr angemessen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Erinnerung der Beschwerdegegnerin mit der Begründung, dass die anwaltliche Tätigkeit hier sehr wohl als durchschnittlich zu bewerten sei, da Unterlagen gesichtet und sie auf die Schriftsätze der Beklagten geantwortet habe.

Der Kostenprüfungsbeamte bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht hat die Zurückweisung der Erinnerung beantragt, weil auch nach seiner Auffassung sämtliche Kriterien des § 14 RVG unterdurchschnittlich seien. Bei der Untätigkeitsklage komme es auf die materielle Rechtslage nicht an und diese brauche daher vom Rechtsanwalt weder geprüft noch dargelegt zu werden. Sein Arbeitsaufwand beschränke sich auf die Überwachung der Frist des § 88 SGG. Auch die Bedeutung der Angelegenheit liege unter dem Durchschnitt, weil lediglich eine Bescheiderteilung verfolgt werde. Da auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Kläger unter dem Durchschnitt lägen, sei die Verfahrensgebühr deutlich unterhalb der Mittelgebühr anzusetzen.

Mit Beschluss vom 7. November 2017 hat das Sozialgericht Kiel den Kostenfestsetzungsbeschluss geändert und den Erstattungsbetrag der Beschwerdegegnerin auf 514,44 EUR erhöht. Zur Begründung hat es auf die Rechtsprechung der Kostenkammer des Sozialgerichts Kiel verwiesen, bei der das sog. “Kieler Kostenkästchen„ für die Bestimmung der angemessenen Anwaltskosten zugrunde gelegt werde. Dieses hat das Sozialgericht in dem Beschluss näher erläutert und zum konkreten Fall ausgeführt, dass Umfang, Schwierigkeit, Bedeutung und Einkommensverhältnisse zwar sämtlich unterdurchschnittlich, teilweise deutlich unterdurchschnittlich seien, hier aber die weitere anwaltliche Tätigkeit der Beschwerdegegnerin nach ihrer Erledigungserklärung zum Kostenantrag berücksichtigt werden müsse. Unter Anwendung des “Kieler Kostenkästchens„ errechne sich die Verfahrensgebühr auf 412,30 EUR und der Gesamtbetrag auf 514,44 EUR, der zu erstatten sei. In der Rechtsmittelbelehrung hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass gegen diese Entscheidung Rechtsmittel nicht gegeben seien.

Gegen den nach der Abschlussverfügung am 20. November 2017 abgeschickten Beschluss richtet sich die am 27. November 2017 beim Sozialgericht Kiel eingegangene Beschwerde des Beschwerdeführers, in der dieser zur Begründung auf seine Stellungnahme im Erinnerungsverfahren verweist. Die Beschwerde sei zulässig, da d...

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