Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Erledigungsgebühr. qualifizierte anwaltliche Mitwirkung. bloße Rücknahme des eingelegten Rechtsbehelfs nicht ausreichend
Leitsatz (amtlich)
Die Erledigungsgebühr nach Nr 1006 VV-RVG setzt eine qualifizierte anwaltliche Tätigkeit bei der Erledigung der Rechtssache voraus. Dafür reicht die bloße Rücknahme des eingelegten Rechtsbehelfs, auch auf Hinweis des Gerichts, nicht aus (Abweichung von LSG Schleswig vom 12.08.2009 - L 1 B 141/09 SF E = NZS 2009, 648).
Tenor
Die Beschwerden des Beschwerdeführers gegen die Beschlüsse des Sozialgerichts Itzehoe vom 26. August 2013 werden zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der anwaltlichen Vergütung. Der Beschwerdeführer war der Klägerin in dem Klageverfahren S 6 SB 305/09 im Wege der Prozesskostenhilfe als Prozessbevollmächtigter mit Beschluss vom 5. August 2011 ab 18. Dezember 2010 beigeordnet. Hierbei handelte es sich um ein Klageverfahren über Ansprüche nach dem Neunten Sozialgesetzbuch.
In seiner Kostenrechnung vom 22./26. September 2011 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung von 567,04 EUR:
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Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV-RVG |
250,00 EUR |
Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG |
190,00 EUR |
Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV-RVG |
20,00 EUR |
Dokumentenpauschale Nr. 7000 VV-RVG |
16,50 EUR |
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG |
90,54 EUR |
Gesamtsumme |
567,04 EUR. |
Ergänzend zu dem Kostenfestsetzungsantrag führte der Beschwerdeführer aus, hinsichtlich der Erledigungsgebühr habe er die Klägerin auf ausdrückliche Aufforderung des Gerichts vor dem Hintergrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme ausdrücklich von einer weiteren Prozessführung abgeraten. Mit Festsetzungsbeschluss vom 10. Oktober 2011 reduzierte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle diesen Betrag:
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Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV-RVG |
250,00 EUR |
Dokumentenpauschale Nr. 7000 VV-RVG |
16,50 EUR |
Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV-RVG |
20,00 EUR |
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG |
54,44 EUR |
Gesamtbetrag |
340,94 EUR. |
Ergänzend hat die Urkundsbeamtin ausgeführt, ein Einwirken des Rechtsanwalts auf den Mandanten gemäß gerichtlichem Hinweis könne nicht als anwaltliche Mitwirkung zur Erledigung des Streitgegenstandes im Sinne des RVG gewertet werden. Daher sei die Gebühr nach der Nr. 1006 VV-RVG abzusetzen.
Gegen diesen Beschluss haben der Beschwerdeführer am 19. Oktober 2011 und der Beschwerdegegner am 7./15. Dezember 2011 Erinnerungen eingelegt. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, die Gebühr nach Nr. 1006 VV-RVG sei auch für die Fälle anzusetzen, in denen der Kläger vom Rechtsanwalt überzeugt werde, eine aussichtslose Klage zurückzunehmen, da es sich auch hier um eine qualifizierte anwaltliche Mitwirkung an der Erledigung und damit an einem unstreitigen Ausgang des Verfahrens handele. In diesem Zusammenhang verweist er auf die Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12. August 2009 (L 1 B 141/09 SF B) hin.
Der Beschwerdegegner begehrt mit der Erinnerung eine weitere Herabsetzung der Kosten um die Dokumentenpauschale mit der Begründung, dass die Ablichtungen aus der Akte Anfang Februar 2010 erfolgt seien, dem Beschwerdeführer hingegen mit Beschluss vom 5. August 2011 erst ab 8. Dezember 2010 Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei. Die Erledigungsgebühr entstehe, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt habe. Das Gleiche gelte, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsaktes erledige. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 26. August 2013 die Erinnerung des Beschwerdeführers (S 1 SF 93/11 E) zurückgewiesen und mit weiterem Beschluss vom gleichen Tag auf die Erinnerung des Beschwerdegegners (S 1 SF 112/11 E) die anwaltliche Vergütung auf 321,30 EUR festgesetzt. Zur Begründung wird in den Beschlüssen jeweils auf die Ausführungen des Beschwerdegegners in dem Erinnerungsverfahren verwiesen.
Gegen die ihm am 30. August 2013 zugestellten Beschlüsse richten sich die Beschwerden des Beschwerdeführers, eingegangen jeweils am 20. September 2013 beim Sozialgericht Itzehoe. Zur Begründung verweist er auf seine Erinnerungsbegründung.
II.
Der Senat entscheidet gemäß § 32 Abs. 8 Satz 1 RVG durch den Einzelrichter.
Die Beschwerden sind zulässig. Nach § 1 Abs. 3 RVG in der Fassung ab 1. August 2013 gehen die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde den Regelungen der für das zugrundeliegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor. Aufgrund dieser Ergänzung des § 1 RVG findet die bisherige Rechtsprechung des Senats, nach der wegen des abschließenden Normgefüges der §§ 172 ff. SGG die Beschwerde an das Landessozialgericht gegen die Entscheidung des Sozialgerichts ausgeschlos...