Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Verfahrensgebühr. Umfang der anwaltlichen Tätigkeit. zwei Schriftsätze. Erledigungsgebühr. Erfordernis einer qualifizierten anwaltlichen Mitwirkung
Leitsatz (amtlich)
1. Bei zwei Schriftsätzen liegt der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit deutlich unter dem Durchschnitt.
2. Die anwaltliche Mitwirkung nach Nr 1005, 1002 VV-RVG (juris: RVG-VV) setzt regelmäßig eine qualifizierte besondere Tätigkeit des Rechtsanwalts voraus (vgl LSG Erfurt vom 16.8.2011 - L 6 SF 930/11 B und vom 24.11.2010 - L 6 SF 653/10 B). Sie liegt weder bei einer bloßen Rücknahme eines eingelegten Rechtsbehelfs vor noch bei einer vollständigen Abhilfe der Behörde ohne besondere anwaltliche Aktivität (vgl BSG vom 7.11.2006 - B 1 KR 23/06 R = SozR 4-1300 § 63 Nr 8; BAG vom 29.3.2006 - 3 AZB 69/05 = NJW 2006, 1997).
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 6. April 2011 wird zurückgewiesen.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren vor dem Sozialgericht Altenburg streitig (Az.: S 24 AS 4762/08).
Mit Bescheid vom 2. Oktober 2008 gewährte die Beklagte, eine ARGE SGB II, dem Kläger für die Zeit vom 1. November bis 31. Dezember 2008 vorläufig Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen eines stationären Aufenthalts und wies nach Erlass eines Änderungsbescheides vom 26. November 2008 den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2008 zurück. Mit seiner am 18. Dezember 2008 erhobenen Klage wandte sich der von dem Beschwerdeführer vertretene Kläger gegen den Abzug von 35 v.H. des täglichen Regelbedarfs wegen ersparter persönlicher Verpflegungsaufwendungen und beantragte die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Mit Beschluss vom 20. Januar 2009 gewährte ihm das Sozialgericht Prozesskostenhilfe und ordnete Rechtsanwalt Dr. P.G. ab 22. Dezember 2008 bei. Mit Bescheid vom 14. Januar 2009 korrigierte die Beklagte die Einkommensanrechnung. Am 13. Februar 2009 nahm der Beschwerdeführer das Anerkenntnis der Beklagten an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.
Am 16. März 2009 reichte er seine Kostenrechnung vom 10. März 2009 ein und begehrte die Festsetzung folgender Gebühren und deren Überweisung:
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Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV-RVG |
250,00 Euro |
Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG |
20,00 Euro |
Zwischensumme |
270,00 Euro |
Mehrwertsteuer |
51,30 Euro |
Gesamtbetrag |
321,30 Euro |
Am 27. März 2009 nahm er den Antrag zurück und reichte seinen korrigierten Antrag vom 26. März 2009 ein:
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Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV-RVG |
250,00 Euro |
Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG |
200,00 Euro |
Einigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG |
190,00 Euro |
Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG |
20,00 Euro |
Zwischensumme |
660,00 Euro |
Mehrwertsteuer |
125,40 Euro |
Gesamtbetrag |
785,40 Euro |
Mit Beschluss vom 15. April 2009 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UKB) die aus der "Landeskasse" (richtig: Staatskasse) zu zahlende Vergütung auf 321,30 Euro fest. Zur Begründung gab sie an, Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien unterdurchschnittlich, die Bedeutung der Angelegenheit durchschnittlich gewesen. Insofern sei eine Verfahrensgebühr mit 150,00 Euro angemessen. Unter Berücksichtigung des geringen Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit, der geringeren Schwierigkeit des Sachverhalts und der übrigen Bemessungskriterien sei die Terminsgebühr auf 100,00 Euro festzusetzen. Eine Einigungsgebühr komme mangels qualifizierter Mitwirkung nicht in Betracht.
Am 19. Mai 2010 hat der Beschwerdeführer "sofortige Beschwerde" eingelegt und ausgeführt, die Einigungsgebühr sei festzusetzen, weil er das Anerkenntnis der Beklagten mit dem Kläger besprochen habe und dieser ihm dann zugestimmt habe. Bei der fiktiven Terminsgebühr sei immer von der Mittelgebühr auszugehen. Der Beschwerdegegner hat unter dem 21. Juli 2009 beantragt, die Vergütung des nicht beigeordneten Beschwerdeführers auf 0,00 Euro festzusetzen; bei einer Abtretung des Anspruchs an den Beschwerdeführer verweise er auf die Ausführungen der UKB. Am 21. März 2011 hat der Beschwerdeführer eine Abtretungserklärung eingereicht, nach der Rechtsanwalt Dr. G. ihm seine Honorarforderung "in Höhe von 785,40 Euro" abtritt.
Mit Beschluss vom 6. April 2011 hat das Sozialgericht Altenburg die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 321,30 Euro festgesetzt und die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die Verfahrensgebühr sei angesichts des unterdurchschnittlichen Umfangs und der allenfalls durchschnittlichen Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der durchschnittlichen Bedeutung für den Auftraggeber, seiner unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse und des fehlenden besonderen Haftungsrisikos auf 3/5 der Mittelgebühr (150,00 Euro) festzusetzen. Die Terminsgebühr betrage bei unterdurchschnittlic...