Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Tätigkeit einer Ärztin für einen Anbieter von Gesundheitstagen. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Zur abhängigen Beschäftigung der Tätigkeit einer Ärztin für einen Anbieter von Gesundheitstagen bei einem Arbeitgeber.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom
19. November 2018 geändert.
Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Oktober 2014 wird aufgehoben, soweit dort für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. bei der Klägerin am 14. Juni 2013 und vom 16. September 2013 bis 20. September 2013 eine Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung festgelegt worden ist. Es wird festgestellt, dass für diese Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. eine Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung nicht bestanden hat.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Vor-, Klage- und Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 3/4 und die Beklagte zu 1/4 mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung während zweier Einsätze (14. Juni 2013 und vom 16. bis 20. September 2013).
Die Klägerin, die dauerhaft nur angestelltes kaufmännisch-verwaltendes Personal beschäftigt, bietet Vorsorgeuntersuchungen als Präventivmaßnahmen in Form von Reihenuntersuchungen für Unternehmen an, die als Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern während der Arbeitszeit in den Arbeitsräumen Untersuchungen auf bestimmte Gesundheitsrisiken hin ermöglichen. Die Kosten trägt der jeweilige Arbeitgeber als Kunde der Klägerin, ggfs unter Kostenbeteiligung eines weiteren Kostenträgers, zB einer Krankenkasse. In diesen Screenings werden Auffälligkeiten gesucht und je nach Befund den betroffenen Arbeitnehmern mitgeteilt, verbunden mit der Empfehlung, sich bei einem Facharzt eigener Wahl tiefergehend untersuchen zu lassen. Für diese „Gesundheitstage“ stellt die Klägerin die medizinischen Geräte zur Verfügung und sie organisiert die entsprechenden Fachärzte, indem sie in Kontakt mit bundesweit ansässigen Fachärzten und Arzt-Vermittlungsagenturen steht und Ärzte nach Bedarf bucht.
Die Klägerin schloss unter Koordination der P ... (Krankenkasse) mit der G GmbH (bei jeweils hälftiger Kostentragung derselben) Verträge zu dem Angebot mit dem Thema „Diabetes Mellitus mittels AGE-Reader und „Point of Care“-Gerät zur BZ-Bemessung“. Dieses Screeningangebot beinhaltete die Durchführung der Untersuchungen in dem Unternehmen durch spezialisierte Ärzte, die Dokumentation der erhobenen Befunde in doppelter Ausführung, inklusive einer anonymisierten Version für die statistische Auswertung, die Anlieferung und Abholung der notwendigen Untersuchungstechnik bei acht Stunden Screening pro Tag. Die Verträge wurden für den 14. Juni 2013 und die Zeit vom 16. bis 20. September 2013 geschlossen.
Die 1982 geborene Beigeladene zu 1. war im Jahr 2013 vom 3. Juni bis 28. Juni 2013 unentgeltlich als Praktikantin sowie vom 1. August 2013 bis 30. Juni 2014 unentgeltlich als Volontärin im Universitätsklinikum E ... tätig und erhielt seit 2011 ein Forschungsstipendium durch eine Stiftung (mtl 1.600,00 EUR zzgl Sachkostenpauschale iHv mtl 150,00 EUR). Daneben war sie als Ärztin bei D ... (Z ... GmbH ≪Z≫; jetzt L) für die Vermittlung an Auftraggeber registriert.
Vermittelt über diese Plattform war die Beigeladene zu 1. ua für die Klägerin tätig, um die vorgenannte Verträge mit der G ... GmbH zu erfüllen. Dem Einsatz der Beigeladenen zu 1. am 14. Juni 2013 lag dabei ein Honorarvertrag mit der Klägerin zugrunde (Nr 28369; Abschlussdatum unbekannt), in dem ein Honorarstundensatz von 70,00 EUR sowie als Unterkunftspauschale Spesen pro Tag in Höhe von 40,00 EUR exklusive Unterkunft, inklusive Berufshaftpflichtversicherung und exklusive Verpflegung vereinbart waren. Ein Einsatzort für den 14. Juni 2013 war dort nicht vereinbart, wurde jedoch nach Vertragsschluss per Email seitens der Klägerin hinsichtlich Ort und Zeitrahmen (8:00 Uhr bis 17:00 Uhr) konkretisiert. Die Klägerin ließ der Beigeladenen zu 1. einen AGE-Reader nebst Kurzanleitung sowie eine Beschreibung des Untersuchungsablaufs Diabetes-Screening und den - anonymen - Erhebungsbogen für Diabetes-MellitusPrävention zukommen. Dem Einsatz der Beigeladenen zu 1. vom 16. bis 20. September 2013 lag der Honorarvertrag Nr 29748 zugrunde, in dem ebenfalls ein Honorarstundensatz in Höhe von 70,00 EUR, als Unterkunftspauschale Spesen pro Tag in Höhe von 40,00 EUR exklusive Unte...