Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. examinierte Pflegekraft. Tätigkeit für mehrere Auftraggeber. Honorarhöhe. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Zum Status einer examinierten Pflegekraft in der Altenpflege mit einem Stundenhonorar von 28 EUR und mehreren Auftraggebern.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 9. November 2017 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1. in der Zeit vom 4. Juni 2012 bis 24. April 2014 als Pflegekraft bei der Klägerin sozialversicherungspflichtig beschäftigt und deswegen versicherungspflichtig in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung war.
Die Klägerin betreibt ein Seniorenheim. Die Beigeladene zu 1. ist examinierte Pflegekraft und beantragte im Mai 2014 bei der Beklagten die Feststellung ihres sozialrechtlichen Status bezüglich ihrer Tätigkeit bei der Klägerin als Pflegekraft. Auf dem entsprechenden Antragsformular gab die Beigeladene zu 1. an, sie sei als Pflegekraft freiberuflich tätig, verfüge über eine eigene Homepage, Geschäftspapier, Visitenkarten, Flyer, Büroausstattung, Berufskleidung, für deren Reinigung sie selbst und auf eigene Kosten zuständig sei und setze ihren eigenen PKW ein. Zudem beschäftige sie eine Büroassistentin. Sie erhalte keine fachlichen Weisungen, alle Entscheidungen treffe sie selbst und allein. Sie lasse von der Heimleitung einen Stundenzettel nach der Beendigung des jeweiligen Auftrags unterzeichnen. Dieser Stundenzettel sei Grundlage für die dann folgenden Rechnungen. Hinsichtlich des Verdienstes legte die Beigeladene ein "unverbindliches Angebot" vor, wonach sie 27,00 EUR für Früh- und Spätdienst, 28,00 EUR für Nachtdienst und an Feiertagen 3,00 EUR je Stunde Zuschlag jeweils als Stundensatz erhalten solle. Entsprechend nach diesen Sätzen wurde anschließend abgerechnet. Im weiteren Verlauf hat die Beigeladene erklärt, sie habe weder an Dienstbesprechungen, Betriebskonferenzen noch an Mitarbeitermeetings teilgenommen und sei berechtigt gewesen, die Tätigkeit durch andere Personen durchführen zu lassen.
Nach Anhörung stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 11. Dezember 2014 gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. jeweils fest, dass die Beigeladene zu 1. bei der Klägerin seit April 2012 abhängig beschäftigt sei und Versicherungspflicht in der Rentenversicherung bestehe. Für eine abhängige Beschäftigung sprächen, dass die Beigeladene zu 1. die Pflege der Bewohner des Altenheimes übernehme und damit in klassischer Weise den Betriebszweck der Klägerin erfülle. Ihre Tätigkeit übe sie in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation aus und habe fachliche und organisatorische Vorgaben zu beachten. Sie habe keinen Einfluss auf den Behandlungs- und Pflegeplan und sei hinsichtlich des Arbeitsortes festgelegt. Sie sei an vereinbarte Dienstzeiten gebunden und ein unternehmerisches Risiko bestehe nicht. Es sei von einem Überwiegen der Merkmale für eine abhängige Beschäftigung auszugehen. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2015 zurück.
Die Klägerin hat am 11. Juni 2015 Klage beim Sozialgericht Schleswig erhoben und ergänzend ausgeführt, dass die Beigeladene zu 1. die Tätigkeit für sie am 24. April 2014 beendet habe. Darüber hinaus hat sie vorgetragen, dass eine Vollzeit beschäftigte Altenpflegerin derzeit einen Bruttostundenlohn von 14,07 EUR erhalte, in dem maßgeblichen Zeitraum 12,00 EUR. Die Beigeladene zu 1. habe damit weit oberhalb der Vergütung einer vergleichbaren Beschäftigten gelegen. Zudem habe sie nicht nur eigene Arbeitskleidung getragen, sondern auch ein Namensschild, das sie als Freiberuflerin ausgewiesen habe. Sie habe eigenes Material und Kleingeräte genutzt und auch nur einen Bruchteil ihrer Einnahmen durch die Tätigkeit bei ihr, der Klägerin, erzielt.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 11. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2015 aufzuheben und festzustellen, dass die von der Beigeladenen zu 1. vom 4. Juni 2012 bis zum 24. April 2014 im Seniorenheim am Alten- und Pflegeheim ausgeübte Tätigkeit nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde und keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Arbeitsförderungsrecht bestand.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag aus den angegriffenen Bescheiden wiederholt. Die Beigeladene zu 1. sei Mitglied eines Teams im Altenheim gewesen, das eine Gesamtleistung erbracht habe.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Mit Urteil vom 9. November 2017 hat das Sozialgericht der Klage vollumfänglich stattgegeben, zur Begründung zunächst die allgemeinen Grundsätze der Abgrenzung einer Beschäftigung von der sel...