Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Geltendmachung einer weiteren Vergütung des Krankenhausträgers gegenüber der Krankenkasse nach Ablauf des Haushaltsjahres der Behandlung
Leitsatz (amtlich)
Die Korrektur einer Schlussrechnung durch das Krankenhaus ist auch nach Ablauf des Haushaltsjahres, in dem die Behandlung stattfand, möglich, wenn die Nachforderung über 100 Euro bzw ab 25.3.2009 über 300 Euro liegt und mindestens 5 % des Ausgangswertes erreicht (Abgrenzung zu BSG vom 8.9.2009 - B 1 KR 11/09 R = SozR 4-2500 § 109 Nr 19).
Normenkette
SGB V § 109 Abs. 4 S. 2, § 275 Abs. 1 Sätze 2-3, § 69 S. 3; KHEntG §§ 7, 17b Abs. 1 S. 10, § 11; KHG § 18 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 12. Oktober 2010 aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.727,82 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 22. Dezember 2009 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens für beide Instanzen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 3.727,82 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 3.727,82 EUR. Dabei geht es um die Frage, ob der Kläger berechtigt war, Kosten nachzuberechnen.
Der 1925 geborene und bei der Beklagten versicherte K. Ka. (Versicherter) wurde vom 15. Februar bis 7. März 2005 in der Klinik des Klägers stationär behandelt. Mit Rechnung vom 15. März 2005 machte der Kläger hierfür einen Betrag von 15.610,03 EUR gegenüber der Beklagten geltend, den diese am 4. April 2005 ausglich. Ende 2009 trat der Kläger mit dem Wunsch nach einer Neuabrechnung des Behandlungsfalles an die Beklagte heran. In der nunmehr vorgelegten Rechnung vom 30. November 2009 waren Nebendiagnosen nachcodiert worden, die bei der ursprünglichen Abrechnung nicht vorhanden waren. Nunmehr verlangte der Kläger 19.337,85 EUR. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 21. Dezember 2009 mit der Begründung ab, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (1. Senat vom 8. September 2009 - B 1 KR 11/09 R -) die Voraussetzungen einer Rechnungskorrektur und Nachberechnung nicht erfüllt seien.
Der Kläger hat am 22. Dezember 2009 beim Sozialgericht Lübeck Klage auf Zahlung von 3.727,82 EUR Differenz erhoben und zur Begründung vorgetragen: Nach der Entscheidung des 3. Senats des BSG vom 17. Dezember 2009 (B 3 KR 12/08 R) sei sie von einer Nachberechnung nicht ausgeschlossen, da diese zu einer Rechnungsänderung in Höhe von 23,9 % des ursprünglichen Rechnungsbetrages geführt habe. Im Übrigen sei es die Beklagte gewesen, die ihrerseits zuvor in einer Vielzahl von “Alt-Fällen„ Korrekturen hinsichtlich erlösrelevanter Diagnosen und Prozeduren vorgenommen und insoweit eine Rückforderung geltend gemacht habe. Im Rahmen der sich daran anschließenden Korrespondenz habe der Kläger zum Ausdruck gebracht, dass in dem Falle, dass die Beklagte seit Längerem abgeschlossene Fälle neu aufrolle, man selbst sich ebenfalls vorbehalte, Überprüfungen der Abrechnungen vorzunehmen und seinerseits nachzuberechnen. Seine Rechnungen wiesen im Übrigen regelmäßig den Zusatz auf: “Die Nachberechnung von Leistung und Berichtigung auch aufgrund gesetzlicher Änderungen bleibt vorbehalten„.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 3.727,82 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat darauf hingewiesen, dass der von dem Kläger zitierte Vorbehalt in den im Wege des Datenaustauschs übermittelten Rechnungen nicht enthalten sei, da es insoweit auch an einer Möglichkeit der Übermittlung innerhalb dieses Verfahrens fehle. Nach der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG sei der Kläger von einer Nachforderung ausgeschlossen. Hinsichtlich der Entscheidung des 3. Senats sei dem Kläger zuzugeben, dass die dort genannte Grenze überschritten werde. Allerdings habe das BSG auch ausgeführt, dass spätere Rechnungsoptimierungen in großer Zahl nicht zulässig seien. In diesem Zusammenhang werde mitgeteilt, dass derzeit 26 Klageverfahren des Klägers gegen die Beklagte mit nachträglichen Rechnungskorrekturen in 2009 aus dem Jahre 2005 beim Sozialgericht Lübeck anhängig seien. Hinsichtlich der Entscheidung des 1. Senats sei die Nachberechnung ausgeschlossen, da dort ein Verstoß gegen Treu und Glauben bei einem Zeitraum von zwei Jahren zwischen Schlussrechnung und Nachforderung angenommen worden sei. Der Hinweis auf den Anspruch der Rechnungskorrektur der Beklagten durch den Kläger greife nicht, da sie nicht daran gehindert sein dürfe, ihr zustehende Ansprüche bei einer Falschabrechnung durch das Krankenhaus geltend zu machen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 12. Oktober 2010 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Ob die medizinischen Voraussetzungen für eine stationäre Krankenhausbehandlung erfüllt s...