Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausbehandlungskosten. Nachberechnung
Orientierungssatz
Parallelentscheidung zum Urteil des LSG Schleswig vom 10.11.2011 - L 5 KR 89/10, das vollständig dokumentiert ist.
Normenkette
SGB V § 109 Abs. 4 Sätze 2-3, § 275 Abs. 1c, § 39 Abs. 1 S. 2, § 69 S. 3; KHEntG § 7 S. 1 Nr. 1; ZPO § 421
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 21. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten der Berufungsinstanz.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 1.007,10 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 1.007,10 EUR. Dabei geht es um die Frage, ob die Klägerin berechtigt war, Kosten nachzuberechnen.
Die 1931 geborene und bei der Beklagten versicherte B. K. (Versicherte) wurde vom 20. bis 29. Juli 2006 im S. E-Krankenhaus L., einer Klinik der Klägerin, stationär behandelt. Mit Rechnung vom 31. Juli 2006 machte sie hierfür einen Betrag von 1.780,94 EUR geltend, den die Beklagte am 15. August 2006 ausglich. Mit Schreiben vom 20. Februar 2007 teilte die Klägerin der Beklagten mit, anlässlich einer internen Überprüfung sei festgestellt worden, dass für die Abrechnung des Behandlungsfalles relevante Nebendiagnosen nicht kodiert worden seien. Sie übersandte die korrigierte Rechnung vom 20. Februar 2007, mit der sie nunmehr 2.788,04 EUR verlangte. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 22. Februar 2007 mit der Begründung ab, dass eine Rechnungskorrektur und Nachberechnung nach Ausgleich der Schlussrechnung vertraglich nicht vereinbart und daher auch nicht mehr möglich sei.
Die Klägerin hat am 20. März 2007 Klage beim Sozialgericht Lübeck auf Zahlung der Differenz von 1.007,10 EUR erhoben und zur Begründung vorgetragen: Nach der Entscheidung des 3. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17. Dezember 2009 in dem Verfahren B 3 KR 12/08 R sei sie von der Nachberechnung nicht ausgeschlossen, da diese zu einer Rechnungsänderung in Höhe von 56,5 % des ursprünglichen Rechnungsbetrages geführt habe. Die Nachberechnung sei auch zeitnah innerhalb von fünf Monaten nach der ersten Rechnungsstellung erfolgt. Dem stehe insbesondere nicht die von der Beklagten angeführte Entscheidung des 1. Senats des BSG in dem Verfahren B 1 KR 11/09 R entgegen. Diese habe einen Einzelfall betroffen, der vor der Neufassung des § 275 Abs. 1c Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) zu beurteilen gewesen sei. Auf diese Vorschrift habe sich der 3. Senat des BSG zur Entwicklung seiner Bagatellgrenze gestützt und die Rechtsprechung des 1. Senats verfeinert. Das Haushaltsjahr der Krankenkasse spiele danach keine Rolle. Soweit ihr von der Beklagten eine regelmäßige und planmäßige Rechnungsoptimierung vorgeworfen werde, sei dem entgegenzuhalten, dass sie im Jahr 2006 ca. 16.000,00 EUR in 16 Fällen gegenüber der Beklagten nachberechnet habe. Bezogen auf die Gesamtfallzahl im Jahr 2006 in Höhe von 4.852 Fällen bedeute dies einen Anteil von 0,3 %; bezogen auf das Erlösbudget von ca. 10.500.000,00 EUR entspreche die Nachberechnungssumme einem Anteil von 0,15 %. Von einer systematischen Rechnungsoptimierung könne daher keine Rede sein.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.007,10 EUR nebst zwei Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hierauf seit dem 8. März 2007 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, die Nachberechnung stünde im Widerspruch zu den landesvertraglichen Regelungen, aus denen unabhängig von der Verjährungsfrist ein Einwendungsausschluss und somit auch ein Ausschluss der Korrekturmöglichkeit abzuleiten sei, wenn diese nicht zeitnah innerhalb von spätestens 14 Tagen nach Rechnungslegung erfolge. Nach der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG im Verfahren B 1 KR 11/09 R müssten Krankenkassen nicht hinnehmen, dass Krankenhäuser trotz erteilter Schlussrechnung durch Nachberechnungen ihre Abrechnung nachträglich optimierten. Von einer unzulässigen planmäßigen Rechnungsoptimierung durch Nachkodierungen sei hier auszugehen. Im Jahr 2006 seien allein ihr - der Beklagten - gegenüber in 16 Fällen Nachberechnungen erfolgt. Es sei zwar nicht bekannt, in welchem Umfang Nachkodierungen gegenüber anderen Krankenkassen vorgenommen worden seien. Anhand einer Hochrechnung auf Basis der Belegungsanteile der Beklagten lasse sich die Anzahl der Rechnungsoptimierungen im Hause der Klägerin mit mindestens 42 bis 45 Fällen pro Jahr und einem Mehrerlös von 110.000,00 EUR fiktiv für alle Kassen beziffern. Der genaue Umfang müsse durch das Gericht ermittelt werden. Hier sei auch zu berücksichtigen, dass die Nachforderung nicht mehr innerhalb des Haushaltsjahres geltend gemacht worden sei, in dem die Krankenhausbehandlung und die erste Rechnungsstellung erfolgten. Dies stehe einer Rechnungskorrektur nach der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG ebenfalls en...