Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Anspruchs auf Elterngeld bei beabsichtigter Adoption eines Kindes
Orientierungssatz
1. Anspruch auf Elterngeld hat nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 BEEG auch, wer mit einem Kind in einem Haushalt lebt, das er mit dem Ziel der Annahme als Kind aufgenommen hat. Ausreichend ist nicht der subjektive Entschluss zur Adoption, sondern die objektive Bekundung dieses Willens, etwa durch Einleitung des Adoptionsverfahrens.
2. Sind dem Antragsteller mit dem alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrecht und der Gesundheitsvorsorge wesentliche Elemente der Personensorge durch familiengerichtlichen Beschluss übertragen worden, so ist dies für die Anwendung der Vorschrift des § 1 Abs. 3 Nr. 1 BEEG nicht ausreichend. Erforderlich ist insoweit die vollständige Übertragung der zunächst nur den Eltern automatisch zustehenden Personensorge.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 19. Mai 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger die Hälfte notwendigen außergerichtlichen Kosten für das gesamte Verfahren zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Elterngeld für die am ... . ... 2007 geborene F. ... ... (im Folgenden: F.).
Der Kläger ist nicht der leibliche Vater von F.. Er war zeitweilig Partner von F. Mutter ... ... , geborene., geschiedene ... (im Folgenden: Kindesmutter). Aus dieser Verbindung ging das am ... . ... 2004 geborene Kind Fa. hervor, die seit ihrer Geburt beim Kläger (als ihrem leiblichen Vater) lebt. Der Kläger hat sie das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht zur Regelung der Gesundheitsfürsorge und übt auch die Personensorge aus. Nach der Trennung vom Kläger schloss die Kindesmutter eine Ehe mit ... ... , aus der die am ... . ... 2007 geborene F. entstammt. Noch vor der Geburt des Kindes trennte sich die Kindesmutter von ihrem Ehemann und nahm wieder die Beziehung zum Kläger auf. Die Kindesmutter beantragte für F. Elterngeld für die Zeit bis zum ... . ... 2008, das ihr mit Bescheid vom 11. Februar 2008 bewilligt wurde. Anfang 2008 zog die Kindesmutter aus und überließ F. und ihre ältere Tochter Fa. der Obhut des Klägers. Der Kläger nahm dann eine Beziehung zu seiner späteren Ehefrau auf, aus der die im ... 2009 geborene Tochter C. hervorging. Der Kläger lebt mit seiner Frau und den drei Kindern weiterhin in einem Haushalt. Im Laufe des Jahres 2008 kam es mit Wirkung ab dem 14. Januar 2008 zu einer bestandskräftigen Aufhebung der Elterngeldbewilligung für F. gegenüber der Kindesmutter.
Die tatsächliche Betreuung von F. erfolgte zunächst durch den Kläger und die Großmutter von F.; später allein durch den Kläger. Im Jahr 2008 bezog der Kläger zunächst Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für sich und im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft auch für F.. Später hatte er eine Teilzeitbeschäftigung im Umfang von maximal 20 Stunden wöchentlich inne und bezog ergänzend Wohngeld. Für F. erhält der Kläger seit Februar 2008 rückwirkend Kindergeld (Bewilligung mit Bescheid der Familienkasse vom 9. Juli 2009). Im Mai 2008 wurde die Ehe der Kindesmutter mit dem Vater von F. geschieden. In dem Scheidungsfolgenvergleich zwischen der Kindesmutter und ihrem früheren Ehemann wurden Unterhaltsverpflichtungen gegenüber der Großmutter einschließlich der Weitergabe des Kindergeldes geregelt und es wurde auf die tatsächliche Betreuung durch den ehemaligen Lebensgefährten, den Kläger, hingewiesen. Verschiedene Versuche der Rückführung von F. zur Kindesmutter scheiterten. Es gab nur vorübergehend begleitete Umgänge, die aber nicht regelmäßig stattfinden konnten. Letztlich war dies aus Sicht des Klägers auch der Grund dafür, dass er das Aufenthaltsbestimmungsrecht förmlich auf sich übertragen lassen wollte. Die diesbezüglichen Anträge stellte er beim Familiengericht im Jahr 2009.
Am 17. August 2009 beantragte der Kläger die Gewährung von Elterngeld. Er gab an, dass er den Antrag in Absprache mit einer Mitarbeiterin des Landesfamilienbüros stelle, er die Pflegschaft für F. anstrebe und das Jugendamt sowie die zuständige Bezirkssozialarbeiterin mit dem Verfahren befasst seien. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 4. September 2009 wegen verspäteter Antragstellung ab, da Elterngeld rückwirkend höchstens für drei Lebensmonate vor dem Monat der Antragstellung gezahlt werde.
Mit Beschluss vom 12. Januar 2010 übertrug das Amtsgericht Niebüll dem Kläger das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Gesundheitsfürsorge für F. zur alleinigen Ausübung, nachdem beide leiblichen Eltern und das Jugendamt dem zugestimmt hatten. Eine Adoption von F. durch den Kläger wurde von der Kindesmutter weiterhin abgelehnt.
Anfang 2010 wurde eine Pflegschaft des Klägers für F. eingerichtet, auf deren Grundlage der Kläger ein monatliches Pflegegeld seit dem 22. Februar 2010 erhält. 2010 betrug das monatliche Pflegegeld 589,00 EUR. Dem Kläger stehen auch weiterhi...