rechtskräftig: nein
Entscheidungsstichwort (Thema)
Regelleistung. Schulgeld. Waldorfschule. Grundsicherung. Bedarf
Leitsatz (amtlich)
1. Das Schulgeld für den Besuch einer Waldorfschule gehört nicht zum Bedarf, der aus der Regelleistung sicherzustellen ist.
2. Eine analoge Anwendung der Vorschriften des SGB XII kommt nicht in Betracht.
Normenkette
SGB II §§ 5, 19-20, 23, 28; SGB XII § 21; SGB XI § 28; GG Art. 3, 6-7, 20, 28
Verfahrensgang
SG Schleswig (Urteil vom 22.09.2005; Aktenzeichen S 5 AS 270/05) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 22. September 2005 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der PKH-Antrag wird mangels Erfolgsaussichten abgewiesen.
Tatbestand
Die Kläger begehren die Übernahme von Sozialbeiträgen zum Schulgeld für den Besuch einer Waldorfschule.
Die …1990 geborene Klägerin zu 1) und der …1992 geborene Kläger zu 2) sind Halbwaisen und beziehen gemeinsam mit ihrer Mutter (Klägerin zu 3) seit dem 1. Januar 2005 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von der Beklagten. Die Kläger wohnen in A.. Die Kläger zu 1) und 2) besuchten seit Beginn ihrer Schulpflicht die R. S. Schule H-W.. Hierfür hatten sie seit Januar 2005 einen Sozialbeitrag zum Schulgeld in Höhe von insgesamt 60,– Euro zu entrichten. Die Klägerin zu 1) wechselte im August 2006 auf eine staatliche Realschule. Der Kläger zu 2) ist weiterhin Schüler der Waldorfschule und strebt dort die Hochschulreife an. An der Höhe des Sozialbeitrags hat sich durch den Schulwechsel der Klägerin zu 1) nichts geändert.
Mit Schreiben vom 31. Januar 2005 beantragte die Klägerin zu 3) die Übernahme des Sozialbeitrags zum Schulgeld in Höhe von 60,– Euro monatlich. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 10. Februar 2005 (Widerspruchsbescheid vom 14. März 2005) ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus: Der jährliche Sozialbeitrag in Höhe von 60,– Euro sei durch die monatlichen Regelleistungen abgedeckt. Die Regelleistungen umfassten auch die Bedarfe für Sonstiges in Höhe von ca. 6 %. Es sei den Klägern daher zuzumuten, den Betrag hieraus zu bestreiten. Bei dem Sozialbeitrag handele es sich auch nicht um einen unabweisbaren Bedarf, der gemäß § 23 Abs. 1 SGB II in Form eines entsprechenden Darlehens gewährt werden könne. Die Kläger hätten die Möglichkeit, den jährlichen Beitrag aus den monatlichen Regelleistungen anzusparen.
Hiergegen haben die Kläger am 20. Mai 2005 Klage bei dem Sozialgericht Schleswig erhoben und gleichzeitig einen Überprüfungsantrag nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) bei der Beklagten gestellt. Zur Begründung haben die Kläger geltend gemacht: Der Sozialbeitrag zum Schulgeld sei kein Jahresbeitrag. Es handele sich um vermindertes Schulgeld, das monatlich zu entrichten sei. Ein unabweisbarer Bedarf sei gegeben. Es sei ihnen nicht zumutbar, die vor acht bzw. sechs Jahren eingeschlagene Schullaufbahn abzubrechen. Wenn sie aus ihrem gewohnten Schulsystem und stabilen sozialen Gefüge herausgerissen würden, seien die psychosozialen Folgen nicht absehbar. Der Anspruch auf Übernahme des Sozialbeitrags folge aus § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII). Der Regelsatz nach dem SGB II umfasse nicht Ausgaben im Bereich des Bildungswesens. Es sei nicht zumutbar, dass die Kosten für Bildung zu Lasten der für andere Zwecke in den Regelsatz eingestellten Verbrauchsausgaben bestritten werden sollten. Das SGB XII enthalte eine Öffnungsklausel, wenn im Einzelfall ein Bedarf unabweislich seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweiche. Diesbezüglich bestehe im SGB II eine Regelungslücke.
Die Kläger haben beantragt:
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Februar 2005 und des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2005 zu verurteilen, ihnen als Leistung der Grundsicherung für Arbeitssuchende Einzelbeihilfen für Schulgeld in Höhe von monatlich jeweils 60,00 Euro zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden bezogen. Der Umstand, dass die Sozialbeiträge monatlich zu entrichten seien, führe zu keiner abweichenden rechtlichen Beurteilung.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. September 2005 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Für den geltend gemachten Sozialbeitrag gebe es keine Anspruchsgrundlage. Die Vorschrift des § 28 SGB II regle den Anspruch auf Sozialgeld im Rahmen des Systems der bedarfsdeckenden Grundsicherung abschließend. Von dieser Leistung seien grundsätzlich alle Bedarfe des täglichen Lebens abgedeckt. Hieraus müsse deshalb grundsätzlich auch das an die Waldorfschule zu entrichtende geminderte Schulgeld gezahlt werden. Zwar übersteige der monatlich zu entrichtende Sozialbeitrag den auf sonstige Bedarfe entfallenden Anteil an der Regelleistung in Höhe von 6 %. Ein Anspruch auf Gewährung von Einzelbeihilfe...