Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungs- und Beitragspflicht für eine im Rahmen des Maßregelvollzugs verrichtete Tätigkeit
Orientierungssatz
1. Eine Arbeit im Rahmen des Maßregelvollzuges weist nicht die Merkmale einer Beschäftigung iS des § 7 Abs 1 SGB 4 auf (vgl BSG vom 6.11.1997 - 11 RAr 33/97 = SozR 3-1100 Art 3 Nr 148).
2. Wird nach den in § 43 StVollzG genannten Kriterien kein Arbeitsentgelt gezahlt, kann nicht hilfsweise auf die Regelung in § 5 Abs 1 Nr 8 SGB 5 - entsprechendes gilt für § 1 S 1 Nr 2b SGB 6 - zurückgegriffen werden.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Bestehen einer Versicherungs- und Beitragspflicht für die im Rahmen des Maßregelvollzugs verrichteten Tätigkeiten des Klägers.
Der 1958 geborene Kläger befand sich vom 14. März 1985 bis 25. November 1991 im Rahmen des Maßregelvollzuges in der Klinik der Beigeladenen zu 1). Am 4. November 1999 beantragte er bei der Beklagten die Versicherungs- und Beitragspflicht der im Rahmen des Vollzuges geleistete Tätigkeiten festzustellen. Hierzu gab er an, er habe zunächst im geschlossenen Bereich der Klinik Bürsten und Werbefähnchen für die Firma MC D hergestellt und Kerzen der Firma G für den Verkauf vorbereitet. Anschließend sei er in den offenen Bereich des forensischen Teils des Krankenhauses verlegt worden und habe in der Wäscherei Schmutzwäsche verladen, Gullys gesäubert, Gartenarbeit verrichtet und Möbel im Krankenhausgelände transportiert, außerdem habe er im Verwaltungsgebäude gearbeitet. Vom 15. August 1986 bis 30. April 1991 habe er in der Apotheke der Klinik gearbeitet und dort alle Aufgaben eines Apothekengehilfen wahrgenommen. Er habe wöchentlich 20 bis 25 Stunden gearbeitet.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme der Beigeladenen zu 1) ein und wies mit Bescheid vom 7. April 2000 den Antrag zurück. Sie führte aus, der Kläger sei während seines Aufenthalts in der Fachklinik nicht dem Personenkreis der Behinderten zuzurechnen, der in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringe, die einem Fünftel der Leistung eines vollerwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspreche. Die Beigeladene zu 1) habe ausgeführt, dass der Einsatz, die Zuteilung und die Organisation der dem Kläger übertragenen Aufgaben und deren Unterbrechung und Beendigung ausschließlich nach therapeutischen Gesichtspunkten erfolgt seien. Beschäftigungstherapeutische Maßnahmen dienten der Erhaltung oder Wiederherstellung der durch die Krankheit beeinträchtigten körperlichen Funktionen und psychischen Leistungen und seien ein wesentlicher und unverzichtbarer Bestandteil der sach- und fachgerechten Behandlungen in einem psychiatrischen Krankenhaus. Außerdem sei Verjährung eingetreten.
Gegen die Entscheidung legte der Kläger am 28. Juli 2000 Widerspruch ein. Er führte aus, erst anlässlich eines rentenrechtlichen Kontenklärungsverfahrens habe er festgestellt, dass Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit des Maßregelvollzuges nicht abgeführt worden seien. Nach dem Gesetz seien alle Tätigkeiten in Heimen oder gleichartigen Einrichtungen versicherungspflichtig, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entsprächen. Hierunter fielen sowohl Fremdleistungen als auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung. Das Gesetz unterscheide nicht danach, ob ein therapeutischer Zweck mit der Tätigkeit des Behinderten verfolgt werde oder nicht. Eine derartige Unterscheidung würde der Intention des Gesetzgebers, Behinderte in Einrichtungen für das Alter bzw. die nachlassende Leistungsfähigkeit abzusichern und sie vor Ausbeutung zu schützen, widersprechen. Er habe zunächst für Fremdfirmen, nämlich MC D und G, Arbeiten verrichtet, für die die Beigeladene zu 1) das marktübliche Arbeitsentgelt von den Firmen erhalten habe. Es habe der Beklagten oblegen, die Beigeladene zu 1) zum Abführen der Rentenversicherungsbeiträge zu veranlassen. Der Sachverhalt sei bekannt gewesen. Die Beitragsforderung sei nicht verjährt; die besondere Problematik der Versicherungspflicht Behinderter in Anstalten sei allen Beteiligten seit langem bekannt gewesen. Außerdem hätte geprüft werden müssen, ob es Anrechnungs- oder Berücksichtigungszeiten gebe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2001 zurück. Sie führte aus, die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung für körperlich, geistig und seelisch Behinderte, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen beschäftigt seien, lägen hier nicht vor. Nach einem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vom 6./7. Dezember 1977 bestehe nur dann eine Versicherungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung, wenn die Tätigkeit der Behinderten auf einer freien Vereinbarung beruhe, nicht aber auf einem öffentlich-rechtlichen Ge...