Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit. arbeitstechnische Voraussetzung. ionisierende Strahlung. Radarstrahlenexposition. Nachweisschwierigkeiten. kein Beweisnotstand. Hirntumor. ziviler Mitarbeiter bei der Bundeswehr
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage der Anerkennung eines Hirntumors als Berufskrankheit nach der Anl 1 Nr 2402 BKV .
2. Qualifizierende Arbeiten iS des Berichts der Radarkommission setzen voraus, dass tatsächlich Arbeiten an strahlenaussendenden Radargeräten ausgeführt worden sind.
3. Schwierigkeiten bei der Aufklärung der tatsächlichen Verhältnisse können nicht zu einer regelmäßigen Annahme des Beweisnotstandes führen.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 9. Januar 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen unter Anerkennung eines Hirntumors des am ... 2001 verstorbenen Ehemanns der Klägerin im Folgenden: Versicherter) als Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 2402 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (im Folgenden: BK 2402).
Der am ... 1941 geborene Versicherte absolvierte vom 1. April 1957 bis zum 28. Februar 1961 eine Ausbildung zum Maschinenschlosser und war anschließend bis zum 30. September 1961 in diesem Beruf tätig. Vom 2. Oktober 1961 bis zum 30. September 1964 war er Zeitsoldat. Ab 1. Oktober 1964 war der Versicherte als ziviler Mitarbeiter bei der Bundeswehr beschäftigt und zwar vom 1. Oktober 1964 bis zum 30. November 1965 als Maschinenschlosser und vom 1. Dezember 1965 bis zum 15. Februar 1968 als Kraftfahrer und Pioniermaschinenführer sowie als Lagerarbeiter. Ab dem 1. März 1971 war der ständige Arbeitsplatz des Versicherten die Radarstellung B..., in der ein Radargerät des Typs MPR (Medium Power Radar) im Einsatz war. Der Versicherte war in der Radarstellung vom 1. März 1971 bis zum 31. Oktober 1978 als Klimaanlagenmechaniker und danach bis zum 31. Dezember 1986 als Stromerzeugungsanlagenmechaniker beschäftigt. Seine Aufgaben umfassten das Überwachen, Regeln und Schalten der Stromerzeugungs- und -Verteilungsanlagen (Schaltzentrale, Sofortbereitschaftsanlagen, Notstromanlagen). Vom 1. Januar 1987 bis zum 20. März 2001 war der Versicherte als Maschinenmeister/Schichtführer tätig und für die Wartungsarbeiten an den betriebstechnischen Anlagen verantwortlich. Dazu gehörte die Sicherstellung eines rationellen und technisch optimalen Arbeitsablaufs, Materialbeschaffung, Personaleinteilung, Überwachung der Einsatzbereitschaft von Geräten, Maschinen und Werkzeugen, die Überwachung und der Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften und Betriebsschutzvorschriften, die Veranlassung und Leitung der durchzuführenden Wartungsarbeiten, die Instandsetzung und Störungsbeseitigung an allen Anlageteilen, im Besonderen auch an elektronischen, elektrischen, pneumatischen, mechanischen Steuerungs-, Regel- und Schutzeinrichtungen.
Der Versicherte erkrankte Anfang 2000 an einem Hirntumor, an dem er am ... 2001 verstarb. Ab dem 1. Oktober 2000 erhielt er von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Die Klägerin machte mit Schreiben vom 20. Juli 2001 einen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen mit der Begründung geltend, der Tod des Versicherten sei infolge einer Berufskrankheit eingetreten, die sich während dessen Tätigkeit im Bereich der Radaranlage B... entwickelt habe.
Die Beklagte und holte u. a. den Bericht der Wehrbereichsverwaltung Nord, öffentlich-rechtliche Aufsicht für Arbeitssicherheit und technischen Umweltschutz, vom 15. Oktober 2002 ein. Darin wurde ausgeführt, dass eine Exposition des Versicherten durch ionisierende Strahlung nicht stattgefunden habe, da dieser nicht an Radargeräten gearbeitet habe. Des Weiteren zog die Beklagte die im Zusammenhang mit der tariflichen Eingruppierung des Versicherten erstellten Tätigkeitsdarstellungen vom 18. Juni 1979, 25. August 1983, 8. Februar 1982, 2. Januar 1987, 13. April 1990, 1. Mai 1996 und 1. April 1994 sowie den Arztbrief der Klinik für Neurologie, Fachklinik Flensburg vom 26. März 2001 bei. Danach wurde bei dem Versicherten ein linksfrontales Glioblastom Grad IV diagnostiziert, das am ... 2001 zum Tode geführt habe.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 9. Januar 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Juli 2003 die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass es ausweislich der technischen Stellungnahme vom 15. Oktober 2002 ausgeschlossen werden könne, dass der Versicherte während seiner Tätigkeit als Mechaniker des technischen Betriebsdienstes an Klima- und Stromerzeugungsanlagen der Bundeswehr ionisierenden Strahlen ausgesetzt gewesen sei. Die beim Betrieb von Radargeräten auftretende ionisierende Strahlung könne zwar in hohen Dosen Krebserkrankungen verursachen. Der Röntgenstörstrahlung habe aber ausschl...