Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. (teilweiser) Zulassungsverzicht. Ende des vertragsärztlichen Status insgesamt. keine Spaltung eines erteilten vollen Versorgungsauftrags in zwei hälftige Versorgungsaufträge. auch nicht bei Doppelzulassung. Anfechtung der Verzichtserklärung
Orientierungssatz
1. Verzichtet ein Arzt auf seine Zulassung als Vertragsarzt, hat dies gem § 95 Abs 7 S 1 SGB 5 das Ende der Zulassung zur Folge. Dieses Ende erfasst den vertragsärztlichen Status insgesamt und nicht nur in Teilbereichen. Dies folgt aus den statusrechtlichen Grundlagen.
2. Die Zulassung gem § 95 Abs 3 S 1 SGB 5 stellt einen statusbegründenden Verwaltungsakt dar, der die Mitgliedschaft in der Kassenärztlichen Vereinigung, das Recht des Arztes zur entgeltlichen Versorgung der Versicherten der Krankenkassen und seine Teilnahme für ein bestimmtes Fachgebiet zur Folge hat.
3. Die doppelte Zulassung für mehrere Fachgebiete bzw die Erteilung einer weiteren, zusätzlichen Zulassung in einem anderen Fachgebiet bewirkt nicht, dass der Vertragsarzt damit einen zweiten Vertragsarztsitz und einen zweiten Versorgungsauftrag erhält. Sie bewirkt lediglich, dass er berechtigt ist, auch Leistungen des jeweils anderen, zweiten Fachgebietes abzurechnen.
4. Auch bei einer Doppelzulassung kann ein dem Arzt erteilter voller Versorgungsauftrag nicht in zwei hälftige Versorgungsaufträge aufgespalten werden. Eine Reduzierung der Zulassung auf deren Hälfte ändert den vertragsärztlichen Status des Arztes nur hinsichtlich des Umfangs der vertragsärztlichen Tätigkeit, nicht aber den Status in seinem Grunde ab.
5. In einem teilweisen Verzicht auf die Zulassung kann nicht die Reduzierung der vertragsärztlichen Tätigkeit iSd § 95 Abs 3 S 1 Alt 2 gesehen werden.
6. Der Verzicht auf die Zulassung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit ihrem Zugang bindend wird. Ein Arzt kann sich grundsätzlich nicht mehr von ihr lösen. Eine Anfechtung ist nur nach den §§ 119, 120, 123 BGB möglich.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 21. August 2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Inhaber eines Vertragsarztsitzes ist. Der Kläger wendet sich gegen die anderslautende Feststellung des Beklagten.
Der Kläger ist 1942 in S geboren. Er erwarb 1974 die Facharztbezeichnung für Anästhesiologie und 1978 die Facharztbezeichnung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Ab dem 18. September 1978 ist er als Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Zum 1. Januar 1996 wurde ihm ferner eine Zulassung als Arzt für Anästhesiologie zuerkannt. Der Vertragsarztsitz des Klägers ist in Sa. Mit Wirkung vom 3. Januar 2010 verzichtete der Kläger auf seine Zulassung zugunsten des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) R Platz in Sa. Das MVZ beantragte seine (eigene) Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung und die Genehmigung u. a. der Anstellung des Klägers als leitenden Arzt. Am 28. Januar 2010 beschloss der Zulassungsausschuss die Zulassung des MVZ R Platz zur vertragsärztlichen Versorgung zum 3. Januar 2010 und genehmigte zum gleichen Zeitpunkt die ganztätige Anstellung des Klägers als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe für eine Arbeitszeit von wöchentlich 31 Stunden. Zum 1. Januar 2011 reduzierte der Kläger seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit auf die einer halben Stelle entsprechenden Stundenzahl. Seine Tätigkeit beim MVZ beendete der Kläger am 31. Dezember 2013. Er rechnete während seiner Arbeit bei dem MVZ anästhesiologische Leistungen ab. Am 28. April 2010 beantragte er bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Schleswig-Holstein die Ausschreibung seiner Vertragsarztpraxis als Facharzt für Anästhesiologie in Sa. Die KV lehnte dies mit Bescheid vom 30. Juni 2010 und Widerspruchsbescheid vom 28. September 2010 ab. Wegen dieser Ablehnung führt der Kläger einen Rechtsstreit vor dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht unter dem Aktenzeichen L 4 KA 36/13, über den der Senat am selben Tag entschieden hat.
Der Zulassungsausschuss der Ärzte in Schleswig-Holstein stellte mit Beschluss vom 24. November 2010, ausgefertigt am 1. Februar 2011, fest, dass die Zulassung des Klägers als Anästhesiologe in Sa mit sofortiger Wirkung ende, hilfsweise mit sofortiger Wirkung entzogen werde. Zur Begründung führte der Zulassungsausschuss aus, der Kläger sei für zwei Facharztgebiete zugelassen gewesen und habe zwar seinen Verzicht auf die Zulassung als Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe beschränkt. Voraussetzung für seine Anstellung bei dem MVZ sei jedoch eine volle Zulassung gewesen. Der Kläger habe sich mit seinem Verzicht für eine ganztägige Anstellung als Gynäkologe entschieden. Eine rückwirken...