Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Hinzuverdienst. Anrechnung von Pachteinnahmen für landwirtschaftlichen Betrieb- Auslegung des Begriffs Arbeitseinkommen in § 15 Abs 1 S 2 SGB 4. Einkommensteuerrecht
Orientierungssatz
1. Die steuerrechtliche Einordnung der Pachteinnahmen führt hier auch sozialversicherungsrechtlich zu deren Einordnung als "Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit". § 15 Abs 1 S 2 SGB 4 idF vom 29.7.1994 ist im Sinne einer strengen Bindung an die steuerrechtliche Beurteilung der Einkünfte zu verstehen, dh es ist unerheblich, ob den Einkünften eine eigene Erwerbstätigkeit des Versicherten zugrunde liegt; dies gilt jedenfalls für die Anrechnung von Einkommen auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (vgl BSG vom 27.8.1998 - B 10 LW 8/97 R). Soweit sich dem Urteil des BSG vom 27.1.1999 - B 4 RA 17/98 R = SozR 3-2400 § 15 Nr 6 - etwas anderes entnehmen lässt, vermag der Senat dem - jedenfalls für den hier zu entscheidenden Fall - nicht zu folgen.
2. Gerade weil § 96a SGB 6 keine eigenständige Definition des Begriffs "Arbeitseinkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit" beinhaltet, kommt aufgrund des systematischen Zusammenhanges mit § 44 Abs 2 S 2 Nr 1 SGB 6 idF vom 24.3.1999 jedenfalls für den Bereich der Einkommensanrechnung auf eine Erwerbsunfähigkeitsrente eine einschränkende Auslegung des § 15 Abs 1 S 2 SGB 4 idF vom 29.7.1994 nicht in Betracht.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 6. März 2002 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze dem Zahlungsanspruch aus dem Stammrecht des Klägers auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit entgegen steht.
Der 1940 geborene Kläger beantragte im Dezember 1999 die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Dem Antrag beigefügt war eine Kopie des Hofpachtvertrages zwischen dem Kläger und seinem Sohn vom 28. Juni 1999, in dem in § 12 geregelt ist, dass der jährliche Pachtzins 96.000,00 DM betrage, zahlbar in Teilbeträgen von 8.000,00 DM jeweils am Monatsanfang. In einer Auskunft des Steuerberaters T A aus April 2000 heißt es, die Einkünfte stellten sich steuerlich als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft dar. Ausweislich eines Telefonvermerks vom 4. Mai 2000 teilte der Steuerberater ergänzend mit, dass der Versicherte keinerlei Entscheidungsbefugnis hinsichtlich des landwirtschaftlichen Betriebes habe. Der Sohn führe den Betrieb selbstständig und der Versicherte sei lediglich "Stillhalter". Steuerrechtlich würden die Einkünfte als Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft bewertet.
Mit Bescheid vom 4. Mai 2000 gewährte die Beklagte dem Kläger - unbefristet - Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Die Rente sei jedoch vom Rentenbeginn (1. Januar 2000) an wegen der Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens nicht zu zahlen. Gemäß § 96a SGB VI werde eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten werde. Pachteinnahmen seien als Arbeitseinkommen zu werten, wenn sie bei der Feststellung der Einkommenssteuer als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit bewertet würden. Dies sei nach der Auskunft des Steuerberaters bei dem Kläger der Fall. Mit einem monatlichen Einkommen in Höhe von 8.000,00 DM ausweislich des vorgelegten Pachtvertrages werde die höchste Hinzuverdienstgrenze von zur Zeit 2.112,69 DM monatlich überschritten, was zur Folge habe, dass die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit als so genannte "Nullrente" geleistet werde.
Mit seinem Widerspruch vertrat der Kläger die Auffassung, seine Einkünfte aus der Verpachtung seien denen aus Vermietung und Verpachtung gleichzusetzen. Seine selbstständige Tätigkeit habe er durch die Verpachtung seines landwirtschaftlichen Betriebes an seinen Sohn aufgegeben. Er habe seit diesem Zeitpunkt auch kein Mitbestimmungsrecht mehr auf dem Hof.
Nach einem rechtlichen Hinweis der Beklagten wurde erneut ein Schreiben des Steuerberaters A (7. Juni 2000) übersandt, in dem dargelegt wird, die Einordnung der Einkünfte als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sei lediglich das "steuerliche Kleid". Zivilrechtlich liege ein Hofpachtvertrag vor. Die Einkünfte aus diesem Vertrag stellten kein Arbeitseinkommen dar, da seitens des Klägers keine Tätigkeit ausgeübt werde.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2000 zurück. Der Begriff des Arbeitseinkommens aus § 96a SGB VI werde in § 15 SGB IV näher definiert. Arbeitseinkommen sei der nach den allgemeinen Vorschriften des Einkommenssteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. Einkommen sei als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommenssteuerrecht zu bewerten sei. Somit seien bei einer vollständigen Verpachtung eines Betrieb...