Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht. Abgrenzung abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit bei Unterhandelsvertretern

 

Orientierungssatz

Zur Abgrenzung von selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung bei Unterhandelsvertretern, die im Auftrag einer Handelsvertreterin Waren in verschiedenen Kaufhäusern an Ständen verkaufen.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 24. März 2004 wird zurückgewiesen.

Es wird festgestellt, dass die Beigeladenen zu 1) und 3) für die Klägerin selbständig tätig sind bzw. waren.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert wird auf 8.000,00 Euro festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist der sozialversicherungsrechtliche Status der Beigeladenen zu 1) und 3). Die Klägerin vertreibt als Handelsvertreterin für Lieferanten Waren, insbesondere Modeschmuck, Uhren und Accessoires. Diese werden in verschiedenen Kaufhäusern an Ständen verkauft. Für den Verkauf bedient sich die Klägerin selbständiger Unterhandelsvertreter. Mit diesen - so auch mit den Beigeladenen zu 1) und 3) - hat die Klägerin Rahmenverträge abgeschlossen. Hiernach obliegt es dem Unterhandelsvertreter, die Waren zu präsentieren und ggf. vorzuführen, für den Abschluss von Kaufverträgen zu werben und den Kaufvertrag mit dem Endkunden namens und im Auftrag des Warenlieferanten abzuschließen. Der Handelsvertreter erklärt sich grundsätzlich bereit, für den Unternehmer nach Maßgabe des Rahmenvertrages selbständig tätig zu werden. Die jeweiligen Einsätze werden in Einzelverträgen hinsichtlich des Ortes und des Zeitraums vereinbart. Der Unternehmer ist nicht verpflichtet, dem Handelsvertreter Einzelverträge anzubieten. Der Handelsvertreter seinerseits ist nicht verpflichtet, ihm angebotene Einzelverträge anzunehmen. Nach § 2 Nr. 1 des Vertrages ist der Handelsvertreter bei der Ausgestaltung seiner Tätigkeit an Weisungen des Unternehmers, des Warenlieferanten oder Dritter nicht gebunden. Feste Arbeitszeiten hat er nicht einzuhalten. Der Warenlieferant liefert die Ware direkt in das betreffende Kaufhaus. Dieses ist prozentual am Umsatz beteiligt und stellt als Gegenleistung die entsprechende Verkaufsfläche zur Verfügung. Die Unterhandelsvertreter erhalten von der Klägerin ausschließlich Provisionen, keine festen Gehälter.

Die Beigeladene zu 1) ist für die Klägerin seit dem 1. Januar 1985 als Propagandistin/Promoterin tätig. Die Beigeladene zu 3) arbeitete zunächst im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses und seit dem 1. Oktober 1999 auf der Grundlage der oben dargestellten Verträge für die Klägerin. Beide meldeten ihre Tätigkeit als Gewerbe an. Für die Klägerin sind unter denselben vertraglichen Grundlagen mehrere hundert Unterhandelsvertreter im Bundesgebiet tätig.

Am 12. Juli 2000 begehrte die Beigeladene zu 1) bei der Beklagten die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status nach den §§ 7a ff. des Vierten Sozialgesetzbuches (SGB IV). Nach Anhörung der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) stellte die Beklagte mit Bescheid vom 25. Juni 2001 fest, die Beigeladene zu 1) übe ihre Tätigkeit als Propagandistin/Promoterin im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses aus. Zur Begründung führte sie aus, die Weisungsfreiheit der Beigeladenen zu 1) sei eingeschränkt, da die jeweiligen Einsatzorte durch die Klägerin vorgegeben würden. Außerdem sei der zeitliche Rahmen der Tätigkeit durch die Geschäfts- oder Öffnungszeiten der Unternehmen begrenzt und damit faktisch eingeschränkt. Auch die Art der auszuführenden Arbeiten würde nur einen geringen Spielraum hinsichtlich einer unabhängigen Ausgestaltung der Tätigkeit zulassen.

Hiergegen legte die Klägerin am 25. Juli 2001 Widerspruch ein und trug vor, die Beigeladene zu 1) sei nicht an Weisungen gebunden. Aus der Erfüllung vertraglicher Pflichten könne nicht auf eine Arbeitnehmereigenschaft geschlossen werden. Gebietszuweisungen an Handelsvertreter seien üblich. Auch die Bindung an die Öffnungszeiten des Kaufhauses stelle keine relevante Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Handelsvertreters dar. Da das Entgelt der Beigeladenen zu 1) ausschließlich von Umsatzprovisionen abhängig gewesen sei, habe sie ein typisches unternehmerisches Risiko getragen. Die Selbständigkeit folge auch aus dem Umstand, dass sie dritte Personen mit der Ausführung ihrer Tätigkeit habe beauftragen können. Gleiches gelte für die Verpflichtung, im Verhinderungsfall selbst für eine Vertretung sorgen zu dürfen und zu müssen. Für eine selbständige Tätigkeit spreche auch, dass die Beigeladene zu 1) noch zu einer weiteren Firma ein Handelsvertreterverhältnis unterhalte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 1. August 2002 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und führte aus, nach wie vor sei festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit als Propagandistin/Promoterin im Rahmen eine...

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