Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Erstattungspflicht des Arbeitgebers. Befreiungstatbestand. sozial gerechtfertigte Kündigung. Kündigung aus wichtigem Grund. leitender Angestellter. Auflösungsantrag des Arbeitgebers. arbeitsgerichtlicher Vergleich. Aufhebungsvertrag. Gleichstellung
Orientierungssatz
1. § 128 Abs 1 S 2 Nr 4 AFG kann nicht über seinen Wortlaut hinaus auf Fälle einer einvernehmlichen (sozial gerechtfertigten) Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag oder ähnliche Beendigungstatbestände erstreckt werden (vgl BSG vom 21.9.2000 - B 11 AL 5/00 R = EzA § 147a SGB III Nr 2 = DBlR 4660, AFG/§ 128).
2. Ein Aufhebungsvertrag lässt sich nicht als sozial gerechtfertigte Arbeitgeberkündigung iS von § 128 Abs 1 S 2 Nr 4 AFG werten, selbst wenn materiell-rechtlich die Voraussetzungen für eine sozial gerechtfertigte Kündigung vorgelegen haben. Wenn eine sozial gerechtfertigte Kündigung bereits ausgesprochen war, vermag sie nichts an der Kausalität des späteren Aufhebungsvertrags für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu ändern. Der Vertrag ersetzt die Kündigung (vgl BSG vom 4.9.2001 - B 7 AL 64/00 R = DBlR 4724, AFG/§ 128).
2. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses eines leitenden Angestellten im arbeitsgerichtlichen Verfahren auf Antrag des Arbeitgebers iS der §§ 14 und § 9 KSchG unter Zahlung einer Abfindung kann nicht einer Kündigung aus wichtigem Grund iS von § 128 Abs 1 S 2 Nr 5 AFG gleichgestellt werden.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch über die Erstattung von Arbeitslosengeld (Alg) nebst Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 35.751,26 DM, die die Beklagte in der Zeit vom 1. April bis 31. Oktober 1998 für den ehemaligen Arbeitnehmer der Klägerin ... B (B.) erbracht hat.
Der ... 1938 geborene B. war von 1963 bis Ende März 1998 als Verkaufs- und Vertriebsleiter bei der Klägerin beschäftigt. Mit Schreiben vom 26. März 1997 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis zum 31. März 1998. Zuvor hatte B. dem Geschäftsführer der Klägerin H ein Schreiben übersandt, das auf Überlegungen zur Lage des Unternehmens und der Führungsstruktur Bezug nahm. In diesem Schreiben heißt es u. a.:
...
Ich habe in den letzten zwei Jahren keinen Zweifel an meiner Überzeugung gelassen, dass die Zukunft von h ausschließlich in einer Fusion mit einer oder mehreren Firmen liegt. Dies würde nicht nur eine vernünftige wirtschaftliche Lösung darstellen, sondern würde auch das Problem in der Nachfolge lösen, ohne damit die Familie vor eine Belastungsprobe zu stellen. Es ist meine feste Überzeugung, dass Ihr Sohn R auf Grund seiner mangelhaften Fachkenntnis, besonders aber durch seine Persönlichkeitsstruktur für eine Führungsaufgabe in der Unternehmensleitung-Vertrieb ungeeignet ist. Eine Führungsstruktur nach den Vorstellungen Ihrer Söhne, ist aus meiner Sicht völlig ungeeignet und voller Gefahren für das Unternehmen. Ein entmachteter Vertriebsleiter ohne volle Kompetenzen würde Spekulationen und Irritationen Tor und Tür öffnen. Ich erinnere hier an die V Bank Herr G. Sollte das angestrebte Ziel einer Fusion nicht erreichbar werden, müsste über eine neue Definition meiner Position entschieden werden.
...
Auf die am 1. April 1997 von B. erhobene Kündigungsschutzklage stellte das Arbeitsgericht Elmshorn mit Urteil vom 27. Januar 1998 (Az.: 4 Ca 805c/97) fest, dass die Kündigung unwirksam war. Gleichzeitig löste es das Arbeitsverhältnis auf den Hilfsantrag der Klägerin unter Verurteilung zur Zahlung einer Abfindung zum 31. März 1998 auf. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil vom 27. Januar 1998 Bezug genommen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig geworden.
Im Berufungsverfahren schlossen die Parteien jenes Rechtsstreits vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Az.: 3 Sa 118d/98) zur Beendigung des Rechtsstreits am 9. April 1998 einen Vergleich, mit dem auch zwei weitere arbeitsgerichtliche Streitsachen der Parteien beigelegt wurden. In dem Vergleich heißt es u. a.:
1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete auf Veranlassung der Beklagten mit dem 31.03.1998.
2. Als Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes ... verpflichtet sich die Beklagte, an den Kläger einen Abfindungsbetrag von 358.000,00 DM zu zahlen.
...
3. Sämtliche gerichtliche Verfahren zwischen den Parteien werden beendet:
...
4. ...
5. ...
6. Mit der Abwicklung und Erfüllung des Vergleichs sind sämtliche gegenseitigen Ansprüche der Parteien erledigt.
Am 9. März 1998 meldete B. sich bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg. Diesem Antrag entsprach die Beklagte mit Bescheid vom 24. April 1998 für längstens 971 Tage. Der wöchentliche Satz der 1998 gewährten Leistung betrug 676,69 DM.
Die Beklagte hörte die Klägerin zu einer beabsichtigten Entscheidung über deren Erstattungspflicht im Sinne von § 128 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und die Höhe der Erstattungsforderung an und holte von B. Auskünfte über dessen Gesundheitszustand ein. B. antwortete, dass er in den letzten zwei ...