rechtskräftig: nein
Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialabgabe. Bemessungsgrundlage. Künstler. Merchandising. Tonträger. Covergestaltung. Kunst. Fotomodell. Werbung. Verwertungsrecht. Fotografie
Leitsatz (amtlich)
1. Die Tätigkeit des Modells zur Erstellung von Fotografien, die zu Werbezwecken genutzt werden, ist eine künstlerische Leistung i.S.d. KSVG.
2. Allein die Einräumung von Verwertungsrechten zur Herstellung, Verbreitung und Vervielfältigung von Waren, die in Beziehung zu Namen und Persönlichkeit von Künstlern stehen (sog. Merchandising), unterliegt nicht der Abgabepflicht nach dem KSVG.
Normenkette
KSVG §§ 27, 24-25, 2
Verfahrensgang
SG Itzehoe (Urteil vom 09.01.2003; Aktenzeichen S 5 KR 72/00) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 9. Januar 2003 und der Bescheid der Beklagten vom 23. Oktober 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 1998 insoweit aufgehoben, als dort in die Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe an „D.” aus dem mit der Klägerin geschlossenen Merchandising-Exklusiv-Vertrag vom 01.04.1994 gezahlte Entgelte einbezogen werden.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin 3/4 ihrer außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Abgabepflicht der Klägerin für die Jahre 1994 bis 1996.
Die Klägerin ist ein Unternehmen, das u.a. Tonträger herstellt. Mit Schreiben vom 28. Februar 1996 wies die Beklagte sie auf drei Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28. Februar 1996 hin, in denen dieses entschieden habe, dass die Abgabepflicht von Herstellern bespielter Bild- und Tonträgern auch die Covergestaltung umfasse. Entgelte, die im Zusammenhang mit der Gestaltung von Schallplattenhüllen bzw. CD-Booklets an selbstständige Künstler oder Publizisten gezahlt werden, zählten daher zur Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe. Entgelt im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) sei dabei alles, was die Klägerin aufwende, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen. Die Klägerin werde gebeten, ihre Meldungen anhand dieser Informationen zu korrigieren.
Die Beklagte führte bei der Beklagten eine Betriebsprüfung am 11. und 12. März 1997 für den Zeitraum 1992 bis 1996 durch. Nach dem Schlussbesprechungsprotokoll vom 26. August 1997 wurde über eine Einbeziehung der Entgelte für Persönlichkeitsrechte bzw. Merchandising keine Einigung erzielt. Dem liegen unterschiedliche Verträge zwischen einzelnen Künstlern und der Klägerin zu Grunde, die letzterer gestatten, im Namen und mit Bild des jeweiligen Künstlers Werbung für bestimmte CD/Schallplatten zu betreiben. Mit der Musikgruppe „D.” ist die Verwendung deren Namens und des Logos für Merchandising-Artikel (T-Shirts, Poster, Uhren, Kalender usw.) vereinbart. Hinsichtlich des konkreten Inhalts der Verträge wird auf die im Klage- und Berufungsverfahren vorgelegten Exemplare verwiesen. Mit Bescheid vom 23. Oktober 1997 setzte die Klägerin für die Jahre 1992 bis 1996 unter Hinweis auf diesen Sachverhalt die Abgaben neu fest, und zwar für 1994 in Höhe von 1.751,19 DM, für das Jahr 1995 in Höhe von 12.120,75 DM und für das Jahr 1996 in Höhe von 32.355,84 DM. Zur Begründung führte sie aus, der Begriff Künstler gehe sehr weit und umfasse verwandte Tätigkeitsbereiche. Danach sei die Vermarktung signifikanter künstlerischer Persönlichkeitsmerkmale zu Werbezwecken eines Unternehmens für den Verkauf seiner Tonträgerprodukte abgabepflichtige Entgeltzahlungen für eine dem Kunstbereich Musik verwandte Tätigkeit. Diese Vergütung sei Ausfluss des erfolgreichen künstlerischen Wirkens der betreffenden Person. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Die vertragliche Gestaltung zur Verwendung eines Namens bzw. der Verzicht auf Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche finde die Grundlage im allgemeinen Persönlichkeitsrecht, sei also ein Jedermannrecht und werde heute weithin praktiziert. Hierin liege weder eine künstlerische Leistung noch eine „dem Kunstbereich Musik verwandte Tätigkeit”. Andernfalls müssten Entgelte etwa an Sportler ebenfalls gezahlt werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ein Entgelt für eine künstlerische Leistung liege auch dann vor, wenn es im Zusammenhang mit einer künstlerischen Leistung gezahlt worden sei. Sei das Entgelt eines Musikers für die von ihm gespielte Musik auf einer CD abgabepflichtig, so sei auch das Entgelt abgabepflichtig, das er für die Überlassung seines Fotos für das Cover der CD erhalte, wenn hierfür ein gesondertes Entgelt gezahlt werde. Die Überlassung der Rechte an dem Foto stünden in direktem Zusammenhang mit seiner Musik. Auch die nachträgliche zusätzliche Einbeziehung der Entgelte sei nicht zu beanstanden. Sowohl die Allgemeinheit, als auch die Gemeinschaft aller abgabepflichtiger...