Leitsatz (amtlich)
1. Eine allgemein gehaltene Frage nach der Richtigkeit der kodierten Nebendiagnosen in der Prüfmitteilung steht der wirksamen Einleitung eines Prüfungsverfahrens nicht entgegen (abweichend 10. Senat des LSG Schleswig vom 25.4.2023 - L 10 KR 15/21 ).
2. Ein Prüfauftrag, der sich generell auf die kodierten Nebendiagnosen bezieht, ist dahingehend auszulegen, dass sämtliche vergütungsrelevanten Nebendiagnosen beanstandet und geprüft werden sollen.
3. Ist der gesamte Datensatz "Nebendiagnosen" Prüfgegenstand, kann dieser nur innerhalb des Fristenregimes des § 7 Abs 5 PrüfvV 2016 korrigiert oder ergänzt werden.
Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG Schleswig vom 31.1.2024 - L 5 KR 189/21 , das vollständig dokumentiert ist.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 5. Mai 2020 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 3.654,61 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Begleichung von Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 3.654,61 EUR.
Der 1952 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Patient, P (Versicherter), wurde vom 25. Februar bis 13. März 2018 in der Klinik der Klägerin, die ein zugelassenes Vertragskrankenhaus betreibt, vollstationär behandelt. Die Vorstellung des Versicherten erfolgte per Rettungswagen mit progredienter Dyspnoe bei vorbestehenden leichten Grippesymptomen. Für die vollstationäre Behandlung machte die Klägerin mit Rechnung vom 11. Juni 2018 einen Betrag in Höhe von 8.989,60 EUR unter Zugrundelegung der DRG F65A (Perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Diagnose und hochkomplexer Intervention oder mit Angioplastie, Alter ≫ 15 Jahre, mit äußerst schweren CC) geltend, den die Beklagte zunächst bezahlte. Die Klägerin kodierte als Hauptdiagnose I25.12 (Atheriosklerotische Herzkrankheit: Zwei-Gefäß-Erkrankung) und als Nebendiagnosen I50.14 (Linksherzinsuffizienz: Mit Beschwerden in Ruhe), I24.4 (Akuter subendokardialer Myokardinfarkt), F10.2 (Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol: Abhängigkeitssyndrom), I 25.14 (Atheriosklerotische Herzkrankheit: Stenose des linken Hauptstammes), J96.00 (Akute respiratorische Insuffizienz, anderenorts nicht klassifiziert: Typ I [hypoxisch]), I34.0 (Mitralklappeninsuffizienz), I35.1 (Aortenklappeninsuffizienz), R45.1 (Ruhelosigkeit und Erregung), I48.0 (Vorhofflimmern, paroxysmal), F17.2 (Psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak: Abhängigkeitssyndrom), I10.00 Benigne essentielle Hypertonie: Ohne Anhabe einer hypertensiven Krise) und E78.0 (Reine Hypercholesterinämie).
Die Beklagte beauftragte den MDK am 25. Juni 2018 mit einer Kodierprüfung. Laut Auszug aus dem System der Beklagten lautete der Prüfauftrag: „1100 Ist die Hauptdiagnose (HD) korrekt? Ist diese korrekt kodiert oder ist hier aufgrund des OPS Verlaufs eher die I21.4 korrekt? 1200 Ist/Sind die Nebendiagnose(n) (ND) korrekt? Sind diese korrekt kodiert? 1800 Sind die abgerechneten Zusatzentgelte korrekt? Ist die Anzahl der Stents korrekt kodiert? 1300 Ist/sind die Prozedur(en) korrekt?“
Der MDK zeigte die Beauftragung durch die Beklagte daraufhin gegenüber der Klägerin an, wobei er insbesondere mit „Kodierung, HD, ND, OPS, Zusatzentgelt ZE“ beauftragt worden sei und unter „Prüfauftrag/Prüfgegenstand“ erläuterte „Kodierprüfung 11 Aus welchem Grund war die von Ihnen kodierte Hauptdiagnose für die Veranlassung der stationären Behandlung verantwortlich? =≫ ist diese korrekt kodiert oder ist hier aufgrund des OPS Verlaufs eher die I21.4 korrekt? 12 Welchen Behandlungs-Mehraufwand hat/haben die Nebendiagnose/n verursacht? =≫ sind diese korrekt kodiert? 18 Wurden die Leistungen der Zusatzentgelte im vollen Umfang erbracht? =≫ ist die Anzahl der Stents korrekt kodiert? 13 Wurde/n die erbrachten Leistung/en mit der/n kodierten Prozedur/en korrekt abgebildet? insbesondere zu prüfende ICD-Schlüssel: I25.12, I50.14, I21.4 insbesondere zu prüfende OPS-Schlüssel ! 8-837.m6“.
Der MDK kam in seinem Gutachten vom 15. Dezember 2018 im Rahmen einer Begehung zu der Einschätzung, dass die kodierte Hauptdiagnose I25.12 nicht nachvollzogen werden könne. Diese werde besser durch I21.4 abgebildet. Daraus resultiere die DRG F24B (Perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Diagnose und hochkomplexer Intervention oder mit Angioplastie, Alter ≫ 15 Jahre, ohne äußerst schwere CC) statt F56A. Als Nebendiagnosen seien I50.14 und I25.12 zu kodieren; die übrigen von der Klägerin kodierten Nebendiagnosen und Prozeduren (8-98f.0, 8-706, 8-930, 8-837.01, 8-83b.08, 1-275.0, 8-83b.c6, 8-83b.0c, 8-837.m0, 8-837.00, 1-275.2, 9-401.01) - bis auf den OPS 8-837.m6 - seien „laut Auftrag nicht geprüft“.
Daraufhin verrechnete die Beklagte einen Teilbetrag mit einer anderen unstreitigen Forderung der Klägerin.
Die Klägerin widersprach dem Gutachten am 13. Januar 2019 und führte aus, dass offenkundige Kod...