Verfahrensgang
AG Norderstedt (Beschluss vom 27.10.2017; Aktenzeichen 33 VI 328/16) |
Tenor
Der Beschluss des Nachlassgerichts vom 27.10.2017 wird abgeändert und das Nachlassgericht angewiesen, der Nachlasspflegerin auf Ihren Antrag vom 03.05.2016 hin das beantragte europäisches Nachlasszeugnis zu erteilen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beteiligte ist mit Beschluss vom 09.10.2015 zur Nachlasspflegerin für die unbekannten Erben des Erblassers mit dem Wirkungskreis Sicherung und Verwaltung des Nachlasses und Ermittlung der Erben bestellt worden. In dieser Eigenschaft hat sie beim Amtsgericht Norderstedt mit Antrag vom 03.05.2016 die Ausstellung eines europäischen Nachlasszeugnisses beantragt, um Konten des Erblassers bei der nordea Bank mit Sitz in Finnland abwickeln zu können. Mit Beschluss vom 27.10.2017 hat das Amtsgericht den Antrag zurückgewiesen. Es hat den Beschluss damit begründet, dass ein Nachlasspfleger ausweislich der Art. 65 Abs. 1 i.V.m. Art. 63 Abs. 1 EuErbVO nicht antragsberechtigt sei. Die möglichen Antragsteller seien in Art. 63 Abs. 1 EuErbVO abschließend aufgezählt.
Der Beschluss ist der Beteiligten am 17.11.2017 zugestellt worden. Mit ihrer am 24.11.2017 beim Nachlassgericht eingegangenen Beschwerde wendet sich die Beteiligte gegen den Beschluss. Zwar sei lediglich der Nachlassverwalter in Art. 63 Abs. 1 EuErbVO genannt. Der Nachlasspfleger sei jedoch ebenfalls unter den Begriff zu subsumieren. Bei der Nachlassverwaltung handele es sich um einen Unterfall der Nachlasspflegschaft. Nähme man den Nachlasspfleger aus, liefe das Gesetz ins Leere.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die Beschwerde der Beteiligten ist nach Art. 72 Abs. 1 EUErbVO i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 IntErbRVG zulässig. In dem Beschwerdeverfahren gelten neben § 43 IntErbRVG § 64 Abs. 2 FamFG und die §§ 65 bis 68 FamFG (Herzog in Staudinger, Bearbeitung 2016, Einführung zu §§ 2353 - 2370 Rn. 181; Schulte-Brunert/Weinreich, FamFG 5. Aufl. 2016, § 43 IntErbRVG Rn.5; Gierl/Köhler/Kroiß/Wilsch, Internationales Erbrecht 2. Aufl. 2017, § 43 Rn. 16; § 35 Abs. 1 IntErbRVG).
Die Beschwerde hat auch Erfolg.
Durch das Nachlasszeugnis ist auch die Rechtsstellung des Nachlasspflegers bescheinigbar. Auch er ist Antragsberechtigter im Sinne der Art. 65 Abs. 1 i.V.m. Art. 63 Abs. 1 EuErbVO.
Zutreffend weist das Nachlassgericht zwar darauf hin, dass in Art. 65 Abs. 1 i.V.m Art. 63 Abs. 1 EuErbVO nur der Nachlassverwalter aufgeführt ist. Nach Sinn und Zweck der Norm ist darunter jedoch auch der Nachlasspfleger zu fassen. Maßgebend ist, ob dem "Nachlassverwalter" Verwaltungsbefugnisse im Hinblick auf den Nachlass eingeräumt werden. Dies ist bei einem Nachlasspfleger, dessen Aufgabenkreis sich nicht auf die Ermittlung der unbekannten Erben beschränkt, sondern auch die Verwaltung des Nachlasses umfasst, der Fall. In diesem Fall benötigt auch er für die Ausübung seines Amtes ggf. eines unionsweiten Nachweises seiner Rechtsstellung (vgl. Dutta im Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2018, EuErbVO Art. 63 Rn. 11; Kleinschmidt in Herberger/Martinek/Rüßmann, jurisPK-BGB, 8. Auf. 2017, Art. 63 EuErbVO Rn. 21; Zimmermann, Das Europäische Nachlasszeugnis für Nachlasspfleger, Rpfleger 2017, S. 2 ff).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 35 Abs. Abs. 1 IntErbRVG, § 81 FamFG. Da die Entscheidung der ersten Instanz fehlerhaft war, entspricht es der Billigkeit von einer Kostenerhebung für die Beschwerdeinstanz abzusehen.
Fundstellen
FamRZ 2018, 858 |
FuR 2018, 280 |
NJW-RR 2018, 458 |
FGPrax 2018, 90 |
ZEV 2018, 340 |
MDR 2018, 1006 |
ErbR 2018, 389 |
NJW-Spezial 2018, 296 |