Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenentscheidung nach Teilklagrücknahme
Leitsatz (amtlich)
Bei teilweiser Klagrücknahme sind die Kosten nach der Mehrkostenmethode zu quoteln. Hierzu sind die Mehrkosten betragsmäßig zu ermitteln und in das Verhältnis zu den tatsächlich entstandenen Kosten zu setzen.
Normenkette
ZPO § 269 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Kiel (Aktenzeichen 18 O 156/07) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Einzelrichters der 18. Zivilkammer des LG Kiel wird auf seine Kosten nach einem Beschwerdewert von bis zu 600 EUR zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Klägerin hat die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von ca. 15.000 EUR begehrt. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung nach Antragstellung einen Teilbetrag von ca. 12.000 EUR anerkannt. Die Klägerin hat die darüber hinausgehende Klage sodann mit Zustimmung des Beklagten zurückgenommen. Das LG hat ein Teilanerkenntnis- und Kostenschlussurteil erlassen, durch das es den Beklagten zur Zahlung des anerkannten Betrages verurteilt und die Kosten zu 8 % der Klägerin und zu 92 % dem Beklagten auferlegt hat. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner sofortigen Beschwerde, mit der er eine Kostentragungspflicht der Klägerin zumindest 20 % erstrebt.
II. Die sofortige Beschwerde ist gem. § 99 Abs. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Der Beschwerdewert übersteigt den Wert von 200 EUR (§ 567 Abs. 2 ZPO). Der Wert der Hauptsache ist höher als 600 EUR (§ 511 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO).
Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet, denn das LG hat der Klägerin zu Recht nicht mehr als 8 % der Kosten auferlegt.
Nach Teilanerkenntnis und Teilrücknahme ist eine einheitliche Kostenentscheidung im Urteil zu treffen. Wegen des Grundsatzes der Kosteneinheit sind die auf die Rücknahme entfallenden Kosten, die gem. § 269 Abs. 3 ZPO der Kläger zu tragen hat, nicht auszusondern, sondern es ist nach ganz herrschender Meinung einheitlich durch Schlussurteil zu entscheiden und eine Kostenquote zu bilden. Dabei ist die Quote nicht einfach nach dem Verhältnis des zurückgenommenen Teils zu dem Gesamtstreitwert zu bilden, weil dabei unberücksichtigt bleiben würde, dass die später im Verlaufe des Rechtsstreits anfallenden Gebühren ggf. nach einem geringeren Streitwert zu berechnen sind. Wie die Quote stattdessen zu berechnen ist, ist umstritten.
Nach einer Auffassung (Schneider, Die Kostenentscheidung im Zivilurteil, 2. Aufl., S. 197 ff.) entspricht die Teilrücknahme einem Teilunterliegen gem. § 92 Abs. 1 ZPO. Für jede Gebühr sei eine dem Streitwert und dem Unterliegen bzw. Obsiegen angepasste Quote zu bilden und der Anteil betragsmäßig zu ermitteln. Die so ermittelten Beträge seien anschließend zu addieren und in das Verhältnis zu den tatsächlich entstandenen Gesamtkosten zu setzen. Daraus ergebe sich die auszusprechende Kostenquote.
Nach anderer Auffassung (Anders/Gehle, Das Assessorexamen im Zivilrecht, 6. Aufl., Rz. 174 m.w.N.) wird die Kostenquote dadurch ermittelt, dass die Mehrkosten, die auf den zurückgenommenen Teil entfallen, errechnet und diese in das Verhältnis zu den tatsächlich entstandenen Kosten gesetzt werden.
Der Senat folgt der zweiten Meinung. Nach der ersten Meinung würde der Beklagte allein dadurch besser gestellt, dass der Kläger zunächst mehr als den anerkannten Betrag verlangt. Dafür ist kein Grund ersichtlich. Zudem würde nach der ersten Methode für den Kläger der Anreiz für eine teilweise Klagrücknahme entfallen. Schließlich liegt - anders als bei einem Teilunterliegen - keine der Rechtskraft fähige Entscheidung über den zurückgenommenen Teil vor, weil bei einer Klagrücknahme rückwirkend die Rechtshängigkeit entfällt. Eine von der Gegenmeinung angenommene Vergleichbarkeit von Teilrücknahme und Teilunterliegen ist daher nicht gegeben.
Nach der Mehrkostenmethode hat das LG der Klägerin die Kosten mit 8 % zumindest nicht zu einem zu niedrigen Anteil auferlegt.
Auf der Grundlage eines Streitwertes von 15.183,14 EUR sind vorliegend folgende Gebühren entstanden:
1 Gebühr nach GKG KV 1211 à 242 EUR = 242 EUR
2 × 1,3 Gebühren nach RVGKV 3100 à 735,80 EUR = 1.471,60 EUR
2 × 1,2 Gebühren nach RVGKV 3104 à 679,20 EUR = 1.358,40 EUR
zusammen 3.072 EUR.
Auf der Grundlage des um den zurückgenommenen Teil reduzierten Streitwertes i.H.v. 12.006 EUR wären folgende Gebühren entstanden:
1 Gebühr nach GKG KV 1211 à 219 EUR 219 EUR
2 × 1,3 Gebühren nach RVGKV 3100 à 683,80 EUR = 1.367,60 EUR
2 × 1,2 Gebühren nach RVGKV 3104 à 631,20 EUR = 1.262,40 EUR
zusammen 2.849 EUR.
Die Mehrkosten i.H.v. 223 EUR machen nicht mehr als 8 % der tatsächlich angefallenen Kosten aus, so dass die sofortige Beschwerde unbegründet ist.
Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
AGS 2008, 142 |
OLGR-Nord 2008, 89 |