Leitsatz (amtlich)
1. Nach einer teilweisen Klagrücknahme vor dem Verhandlungstermin und Teilunterliegen der Beklagtenseite ist die Quote nicht einfach nach dem Verhältnis des zurückgenommenen Teils zu dem Gesamtstreitwert zu bilden, weil dabei unberücksichtigt bleibt, dass die später im Verlauf des Rechtsstreits anfallenden Gebühren nach einem geringeren Streitwert zu berechnen sind.
2. Die Kostenquote ist in solchen Fällen dadurch zu ermitteln, dass die tatsächlichen Mehrkosten, die auf den zurückgenommenen Teil entfallen, errechnet und diese in das Verhältnis zu den tatsächlich entstandenen Gesamtkosten gesetzt werden (sog. Mehrkostenmethode).
Normenkette
ZPO §§ 91a, 92 Abs. 1-2, § 269 Abs. 3 S. 2, § 567
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 04.02.2022 wird der Kostenbeschluss der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 31.01.2022 geändert und wie folgt neu gefasst:
Von den Kosten des Rechtsstreites tragen der Kläger 3/4 und die Beklagten 1/4.
Der Streitwert wird auf 15.775,25 EUR und ab dem 19.04.2021 (wegen teilweiser Klagrücknahme) auf 3.809,19 EUR festgesetzt.
2. Die Beklagten tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 1.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 19.04.2021 seine ursprüngliche Klage (15.775,25 EUR nebst Zinsen) zum überwiegenden Teil zurückgenommen und nur noch Schadenersatz in Höhe von 3.809,19 EUR nebst Zinsen beansprucht hat, haben sich die Parteien wegen des Restbetrages (3.809,19 EUR nebst Zinsen) im Termin am 21.01.2022 vergleichsweise geeinigt und den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt sowie die Kostenentscheidung dem Gericht überlassen. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 31.01.2022 hat das Landgericht die Kosten des Rechtsstreites zu 88 % dem Kläger und zu 12 % den Beklagten auferlegt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Kläger hinsichtlich des zurückgenommenen Teils die Kosten des Rechtsstreites zu tragen habe. Im Übrigen seien die Kosten hälftig zu teilen, da der Ausgang des Rechtsstreites ohne Durchführung der gebotenen Beweisaufnahme offen sei. Die summarische Prüfung ergäbe mithin ein Unterliegen der Beklagten in Höhe von 50 % von 3.809,19 EUR somit in Höhe von 1.904,60 EUR. Im Hinblick auf den Gesamtstreitwert (15.775,25 EUR) errechne sich daraus eine Quote von 88 % zu Lasten des Klägers.
Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers. Er ist der Auffassung, dass Landgericht hätte nach der sog. Mehrkostenmethode dem Kläger nur 74,5 % und den Beklagten als Gesamtschuldnern 25,5 % auferlegen müssen.
II. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist gem. §§ 91 a Abs. 2, 567 ZPO zulässig. Die Beschwerdefrist ist eingehalten. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 a, 92 Abs. 1 und 2, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.
Nach einer Teilrücknahme ist eine einheitliche Kostenentscheidung im Urteil/Beschluss zu treffen. Wegen des Grundsatzes der Kosteneinheit sind die auf die Rücknahme entfallenen Kosten nicht auszusondern, vielmehr ist einheitlich durch Schlussurteil zu entscheiden und eine Kostenquote zu bilden. Dabei ist die Quote jedoch nicht einfach nach dem Verhältnis des zurückgenommenen Teils zu dem Gesamtstreitwert zu bilden (wie es hier das Landgericht getan hat), weil dabei unberücksichtigt bleiben würde, dass die später im Verlauf des Rechtsstreits anfallenden Gebühren nach einem geringeren Streitwert zu berechnen sind (Landgericht Hamburg, Urteil vom 02.02.2018, 318 O 155/17, Juris, Rn. 30; Landgericht Kiel, Urteil vom 16.03.2018, 8 O 106/16, Juris, Rn. 51).
Die Kostenquote ist vielmehr dadurch zu ermitteln, dass die Mehrkosten, die auf den zurückgenommenen Teil entfallen, errechnet und diese in das Verhältnis zu den tatsächlich entstandenen Kosten gesetzt werden (sog. Mehrkostenmethode, vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 03.09.2007, 1 W 37/07, MDR 2008, 353). Nach der vom Landgericht angewandten Methode (Differenz/Quotenmethode) würde für den Kläger der Kostenanreiz für eine teilweise Klagrücknahme entfallen.
Das Landgericht hat auch unberücksichtigt gelassen, dass sich ab dem Zeitpunkt der teilweisen Klagrücknahme gemäß Schriftsatz vom 19.04.2021 (Bl. 55 GA) der Streitwert von ursprünglich 15.775,25 EUR auf lediglich 3.809,19 EUR reduziert. Hinsichtlich des verbleibenden rechtshängigen Teils haben sich die Parteien im Termin am 21.01.2022 verglichen und die Kostenentscheidung dem Gericht überlassen. Insoweit hat das Landgericht - was mit der Beschwerde nicht angefochten wird - die Kosten gemäß § 91 a ZPO hälftig geteilt, da der Ausgang des Rechtsstreites ohne Durchführung einer Beweisaufnahme offen war.
Vorliegend sind Gesamtkosten in Höhe von 3.721,40 EUR entstanden. Diese Kosten errechnen sich wie folgt:
Gerichtskosten
Streitwert 15.775,25 EUR
3 Verfahrensgebühren gem. (KV 1210) 972,00 EUR
Anwaltsgebühren Klägervertreter
Streitwert: 15.775,25 EUR
1,3 Verfahrensgebü...