Leitsatz (amtlich)

Die Unterbringung zu einer Heilbehandlung ist nicht erforderlich, weil nicht erfolgversprechend, wenn der Betroffene zu der beabsichtigten psychiatrischen Behandlung nicht bereit ist. Die Krankheits- und Behandlungseinsicht darf durch die Unterbringung nicht erzwungen werden.

 

Orientierungssatz

Keine zwangsweise Unterbringung zur psychiatrischen Heilbehandlung bei fehlender Erfolgsaussicht

 

Normenkette

BGB § 1906 Abs. 1 Nr. 2

 

Beteiligte

Rechtsanwalt Dr. Gubitz

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Aktenzeichen 3 T 510/99)

AG Kiel (Aktenzeichen 3 XVII M 147)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Das Amtsgericht hat auf Antrag des Beteiligten nach Anhörung einer ärztlichen Sachverständigen und des Betroffenen mit Beschluß vom 14.09.1999 (Bl. 316 d. A.) die Unterbringung des Betroffenen in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhaus bis zum 14.09.2000 genehmigt. Auf die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht nach Anhörung ärztlicher Sachverständiger und des Betroffenen durch die Berichterstatterin mit dem angefochtenen Beschluß, auf den im übrigen Bezug genommen wird (Bl. 328 f. d. A.), den Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben und die sofortige Wirksamkeit seiner Entscheidung angeordnet. Gegen diesen Beschluß richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten.

Die sofortige weitere Beschwerde ist gem. §§ 70 m Abs. 1, 70 g Abs. 3 S. 1, 27, 29 FGG als Rechtsbeschwerde zwar zulässig, in der Sache aber unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO).

Daß die Voraussetzungen für eine Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht vorliegen, stellt der Beteiligte nicht in Frage. Für das Gegenteil gibt es nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens auch keine Anhaltspunkte. Die Genehmigung der Unterbringung kann aber auch nicht auf die Vorschrift des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützt werden. Danach ist eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil eine Heilbehandlung notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann. Der Betroffene ist zwar psychisch krank im Sinne dieser Bestimmung. Notwendig ist eine Heilbehandlung jedoch nur dann, wenn einerseits die Gefahr nicht auf weniger einschneidende Art abgewendet werden kann und andererseits die Maßnahme geeignet ist, den gewünschten Erfolg herbeizuführen (BT Drucks. 11/4528 S. 147). Die Erforderlichkeit der Unterbringung ist der strengen Prüfung am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu unterziehen, da die Freiheit der Person ein so hohes Rechtsgut darstellt, daß sie nur aus besonders gewichtigem Grund angetastet werden kann (BVerfG NJW 1998, 1774, 1775). Jegliche Art von psychiatrischer Behandlung bedarf aber der Einwilligung und Mitarbeit des Patienten (Jürgens/Kröger/Marschner/Winterstein, Das neue Betreuungsrecht, 4. Aufl., Rn. 509). Daran fehlt es nach dem Akteninhalt. Der Betroffene ist ersichtlich nicht bereit, sich einer längerfristigen Heilbehandlung zu unterziehen. Eine Unterbringung zur Erzwingung der Krankheits- und Behandlungseinsicht ist aber unzulässig (LG Frankfurt FamRZ 1993, 478; Saage/Göppinger, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 3. Aufl., § 1906 BGB Rn. 21). Das Rechtsmittel kann daher nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand in der Sache keinen Erfolg haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 602950

NJW 2000, 2752

FamRZ 2000, 1122

ZAP 2000, 648

BtPrax 2000, 92

MDR 2000, 87

OLGR-BHS 2000, 140

R&P 2000, 39

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