Verfahrensgang
AG Reinbek (Beschluss vom 17.05.2016; Aktenzeichen 9 F 109/16) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Kindesvaters wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Reinbek vom 17.5.2016 (9 F 109/16) abgeändert.
Die Kosten des Verfahrens in der ersten Instanz werden zwischen den Kindeseltern gegeneinander aufgehoben.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Kindesmutter nach einem Verfahrenswert von bis zu 600 EUR auferlegt.
Gründe
I. Die Kindeseltern streiten um die Kostenverteilung im Rahmen eines Umgangsverfahrens.
Die Kindeseltern sind und waren nicht miteinander verheiratet. Sie haben für die gemeinsamen Kinder Lilli D1, geb. am. 2008, und Carla D1, geb. am. 2007, das gemeinsame Sorgerecht inne.
Am 24.3.2005 haben die Kindeseltern vor dem AG - Familien-gericht - Reinbek zum Az. 9 F 37/15 einen Umgangsvergleich geschlossen.
Der Kindesvater hat die Abänderung dieses Umgangsvergleichs beim Familiengericht beantragt, ohne vorher mit der Kindesmutter hinsichtlich der Abänderung Kontakt aufzunehmen. Die Kindesmutter hat zunächst beantragt, den Abänderungsantrag zurückzuweisen. Im Anhörungstermin vom 5.4.2016 haben die Kindeseltern im Wege des Vergleiches eine Abänderung des ursprünglichen Umgangsvergleichs vereinbart.
Das Familiengericht hat dem Kindesvater die gesamten Kosten des Verfahrens auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass den Kindesvater ein grobes Verschulden im Sinne des § 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG träfe, da er nicht vor Einleitung des Abänderungsverfahrens den Versuch einer außergerichtlichen Einigung mit der Kindesmutter unternommen habe.
Der Kindesvater wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Kostenent-scheidung des Familiengerichts. Die Kindesmutter verteidigt die Kostenent-scheidung.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen
II. Die nach den §§ 58 ff. FamFG statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde des Kindesvaters gegen den Kostenbeschluss des Familiengerichts hat in der Sache Erfolg.
1. Abschnitt 1.02 Die vom Familiengericht getroffene Ermessensentscheidung ist vom Senat nur auf Ermessensfehler hin zu überprüfen (OLG Celle NZFam 2014, 916 ff.; OLG Bremen, Beschluss vom 8.1.2016 - 5 UF 117/15 -, juris; BGH NJW-RR 2007, 1586 Rn. 15; OLG Hamm MDR 2013, 469; Keidel/Zimmermann, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 81 Rn. 81). Nach Auffassung des Senats ist die Kostenent-scheidung des Familiengerichts ermessensfehlerhaft, da diese auf einer rechts-fehlerhaften Auslegung der Vorschrift des § 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG beruht.
Abschnitt 1.03 Nach § 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG soll das Gericht die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn dieser durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat. Grobes Verschulden verlangt dabei Vorsatz oder eine Außerachtlassung der nach den Umständen erforderlichen Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße unter Nichtbeachtung dessen, was jedem einleuchten muss (Keidel/Zimmermann, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 81 Rn. 53).
2. Abschnitt 1.04 Ein solches grobes Verschulden lässt sich entgegen der Auffassung des Familiengerichts auf Seiten des Kindesvaters nicht feststellen.
Abschnitt 1.05 Der Kindesvater hat mit seinem Antrag auf Abänderung des Umgangsver-gleichs ein grundsätzlich berechtigtes und nachvollziehbares Interesse verfolgt. Zwar ist der Versuch einer außergerichtlichen Verständigung wünschenswert. Der Umstand, dass der Kindesvater nicht vorher den Weg einer außergericht-lichen Verständigung mit der Kindesmutter gewählt hat, stellt hier aber jedenfalls kein grobes Verschulden im Sinne des § 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG dar.
Abschnitt 1.06 Ausweislich der Verfahrensakte besteht zwischen den Kindeseltern eine hochkonflikthafte Beziehung. Außergerichtliche Einigungsversuche hätten wenig Aussicht auf Erfolg gehabt. Dafür spricht insbesondere der Umstand, dass die Kindeseltern derzeit Gespräche beim Jugendamt führen. Bei einer intakten Kommunikations- und Kooperationsstruktur zwischen den Kindeseltern wären solche nicht notwendig. Auch im Übrigen scheint die Kommunikation derzeit im Wesentlichen nur über die Verfahrensbevollmächtigten zu erfolgen. Dass diese schwierige Elternkommunikation eindeutig nur einem der Kindeseltern anzulasten wäre, vermag der Senat aus der Akte nicht zu entnehmen.
Abschnitt 1.07 Im Übrigen spricht auch der Umstand, dass die Kindesmutter im Schriftsatz vom 10.3.2016 beantragt hat, den Antrag des Kindesvaters auf Abände-rung des Umgangsvergleichs zurückzuweisen, gegen eine Erfolgswahrschein-lichkeit außergerichtlicher Einigungsbemühungen. Im Übrigen wäre zu be-denken, dass für den Fall einer außergerichtlichen Einigung zwischen den Kindeseltern der Kindesvater damit keinen Vollstreckungstitel im Sinne der §§ 86 Abs. 1 Nr. 2, 89 FamFG (mehr) zur Verfügung hätte.
Abschnitt 1.08 Im Ergebnis sind für den Senat keine Umstände ersichtlich, die es im Rahmen der Billigkeitsabwägung gerechtfertigt erscheinen lassen, von der regelmäßig geboten Kostenaufhebung in...