Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines unter der Bedingung des Erblassertodes bei bestimmter Gelegenheit stehenden Testamentes
Leitsatz (amtlich)
1. Eine letztwillige Verfügung ist dann unter eine zulässige echte Bedingung gestellt worden - hier durch eine Bezugnahme des Erblassers auf seinen Tod bei einer bestimmten Gelegenheit, nämlich bei einer Reise nach Russland - wenn im Wege der Auslegung der Wille des Erblassers erkennbar wird, die Wirksamkeit der Verfügung mit dem angegebenen, für ungewiss gehaltenen Umstand unmittelbar zu verknüpfen.
2. Ist der Tod bei der im Testament zur Bedingung erhobenen Gelegenheit nicht eingetreten, muss der etwa später gebildete Wille, das Testament dennoch und nunmehr ohne die Bedingung fortgelten zu lassen, formgerecht - §§ 2231f, 2247 BGB - verlautbart werden.
Normenkette
BGB §§ 158, 2074, 2231-2232, 2247
Verfahrensgang
AG Kiel (Beschluss vom 05.02.2015; Aktenzeichen 1 VI 2177/14) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 vom 13.2.2015 gegen den Beschluss des AG - Nachlassgericht - Kiel vom 5.2.2015 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1 trägt die Kosten des Verfahrens nach einem Geschäftswert von 100.000,00 Euro.
Gründe
I. Der aM. 2014 verstorbene Erblasser (E) errichtete am 19.2.1994 kurz vor einer Reise nach Russland ein eigenhändig geschriebenes, von ihm unterschriebenes Testament. Zu diesem Zeitpunkt war die Beteiligte zu 1. (B) seine Lebensgefährtin; sie schlossen die Ehe aM.
Das Testament hat folgenden Inhalt:
"E.
X, den19.2.1994
Testament
Hiermit wird B geb. aM. meine Nachfolgerin für mein Haus in ... Sie bekommt ein lebenslanges Wohnrecht in ihrer jetzigen Wohnung kostenlos.
Mein Bruder X geb. aM. wird mit den Fachlichen und Finanziellen Regelungen betraut.
Dafür wird sein Sohn Y das GebäudE. erben nach dem Ableben von seinem Vater und B.
Sollte sich ein Erlös vorher ergeben wird dieser wie folgend aufgeteilt.
Erlös = 100 %
X für zeitliche Aufwendungen = 40 % lebenslang
B - für Umbauarbeiten = 40 % lebenslang
meine Mutter für getane Arbeit = 20 % lebenslang
Nach dem Ableben meiner Mutter bekommt S diese 20 % die meiner Mutter vorher gelten
Diesen Schriftsatz habe ich bei meinem vollen Bewusstsein geschrieben und hoffe dass dieses Testament von keinem angefochten wird. Meine weiteren Geschwister enterbe ich hiermit, es gibt auch kein Pflichtteil.
da das Haus noch belastet ist.
Anlage bzw. Zusatz:
1 LebensversicherunG.
1 Provinzialversicherung Risiko UnfalL.
bitte wenden
Meine Mähdrescher kann mein Bruder X sofort veräußern, mit diesen Erlös bitte das Haus bezahlen genauso wie mit allen Lebensversicherungen Gesamteinnahmen ca. 550.000,- DM.
Dies Testament gilt nur bei einem Unfall oder sollte ich nicht aus Rußland wiederkommen.
Ein Totenschein braucht nicht vorliegen
Eigenhändig Unterschrieben
19.2.1994"
Des Weiteren befindet sich auf der zweiten Seite noch auf dem Kopf geschrieben in einem Kasten der Zusatz
"Zur Verkündigung an NotaR."
Dem Testament beigefügt ist folgende handschriftlich geschriebene Übersicht:
"... gesamt 448.000 DM damit sollt ihr auskommen E"
Der Erblasser, der einE. betrieben hatte, verstarb nach schwerer Krankheit eines natürlichen Todes in ...
Seine Eltern sind vorverstorben. Die Beteiligten zu 2. bis 6. sind seine Geschwister, bzw. die Kinder seiner vorverstorbenen SchwesteR.
Die Beteiligte zu 1. (B) hat am 5.12.2014 bei dem Nachlassgericht Kiel die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Alleinerbin ausweist. Da ihr der Erblasser mit dem Hausgrundstück den einzigen werthaltigen Vermögensgegenstand vermacht habe, sei sie - so ihre Ansicht - seine Alleinerbin geworden. Die Regelung am Ende des Testamentes, wonach es nur bei einem Unfall oder nicht erfolgter Rückkehr des Erblassers aus Russland gelten solle, sei keine einschränkende Bedingung, sondern die Kundgabe des Anlasses für die Errichtung des Testamentes.
Die Beteiligten zu 3. und zu 5. haben hingegen die Auffassung vertreten, bei der betreffenden Regelung am Ende des Testaments handele es sich um eine solche - vorliegend nicht eingetretene - Bedingung, sodass nach dem Ableben des Erblassers gesetzliche Erbfolge anzunehmen sei.
Das Nachlassgericht hat den Erbscheinantrag mit Beschluss vom 5.2.2015 als unbegründet zurückzuweisen und hierzu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Das Testament des Erblassers vom 19.2.1994 enthalte keine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1. Die dortigen Regelungen hätten nur für den nicht eingetretenen Fall seines Todes aufgrund eines Unfalles oder nicht erfolgter Rückkehr aus Russland geltend sollen. Die Auslegung des Testaments ergebe, dass die Formulierung "Dies Testament gilt nur bei einem Unfall oder sollte ich nicht aus Rußland wiederkommen. Ein Totenschein braucht nicht vorliegen" nicht lediglich eine Mitteilung des Motivs für seine Errichtung darstelle, sondern eine Bedingung gemäß §§ 158 ff, 2074 ff BGB.
Wenn in einem Testament in der Form eines Konditionalsatzes auf die Umstände seiner Errichtung Bezug genommen werde (z.B. "Falls ich auf dieser Reise sterbE."; "Soll...