Verfahrensgang
LG Itzehoe (Aktenzeichen 6 O 107/20) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 20.04.2021 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Itzehoe ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund dieser Entscheidung vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 27.722,89 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte im Schadenersatzwege auf Rückabwicklung eines Gebrauchtwagenkaufes in Anspruch.
Mit Vertrag vom 12.06.2018 (Anlage K 1) erwarb er bei der R1 GmbH zum Preis von 30.665,00 EUR einen gebrauchten (Erstzulassung: 31.03.2016) Audi A 5 Sportback 2.0 TDI; zum Zeitpunkt des Kaufes durch den Kläger hatte das Fahrzeug eine Laufleistung von 18.500 km.
In dem Fahrzeug ist ein von der Beklagten entwickelter und hergestellter Dieselmotor vom Typ EA 288 EU 6 verbaut.
Zur Reduzierung der Stickoxidemissionen kommt im klägerischen Fahrzeug neben der normalen Abgasrückführung (AGR) eine sog. SCR-Anlage zum Einsatz. Dabei handelt es sich um einen Abgaskatalysator, basierend auf der selektiven katalytischen Reduktion (SCR = Selective catalytic reduction); durch Zuführung einer wässrigen Harnstofflösung ("AdBlue") wird der Stickoxidausstoß (weiter) reduziert, indem Stickoxide in Stickstoff und Wasser (-dampf) umgewandelt werden.
Unstreitig ist in der Motorsteuerung des klägerischen Fahrzeuges eine sog. Fahrkurven-/Zykluserkennung programmiert, weiterhin ein sog. Thermofenster, durch das - nach Vortrag der Beklagten - die Abgasrückführung bei Außentemperaturen von unter 24 °C und oberhalb von 70 °C aus Motorschutzgründen reduziert wird.
Das Fahrzeug ist nicht von einem Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) betroffen.
Der Kläger hat behauptet, sowohl bei dem Thermofenster als auch bei der Fahrkurven-/Zykluserkennung handle es sich um verbotene Abschaltvorrichtungen, vergleichbar denjenigen bei dem Motorentyp EA 189, dem Auslöser des "Dieselskandals".
Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihn vorsätzlich sittenwidrig geschädigt; dazu hat er behauptet, sie habe die Typgenehmigung für das Fahrzeug durch das KBA erschlichen, denn das Vorhandensein bzw. die Funktion der vorhandenen Abschalteinrichtungen sei dem KBA bewusst verschwiegen worden.
Weiterhin hat der Beklagte behauptet, dass "On-Board-Diagnosesystem (OBD)" seines Fahrzeuges sei dahingehend manipuliert, dass es trotz Überschreitens der zulässigen Stickoxidemissionen im Fahrbetrieb dieses nicht anzeige.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 27.722,89 EUR sowie Zinsen in Höhe von 2.357,80 EUR nebst weiterer Zinsen aus 30.665,00 EUR in Höhe von 4 % pro Jahr seit dem 21.05.2020 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs Audi A 5 Sportback mit der Fahrzeugidentifikationsnummer W ... zu zahlen sowie
festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziff. 1 genannten Fahrzeuges zwei Wochen nach Rechtshängigkeit in Annahmeverzug befindet.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat das Vorliegen unzulässiger Abschalteinrichtungen bestritten.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil nebst darin enthaltener Verweisungen Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, Schadenersatzansprüche aufgrund der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage §§ 826, 31 BGB stünden dem Kläger nicht zu, da es sich bei seiner Behauptung, in seinem Fahrzeug seien entsprechende Abschalteinrichtungen wie bei dem Motorentyp EA 189 vorhanden, um eine Behauptung "ins Blaue hinein" handele. Hinsichtlich des Thermofensters fehle es jedenfalls an dem erforderlichen Schädigungsvorsatz, zumal nicht erkennbar sei, dass das Thermofenster auf eine "Überlistung" der Prüfstandssituation ausgelegt sei.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung unter weitgehender Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.
Er verfolgt seine erstinstanzlichen Anträge - unter Reduzierung der Zinsforderung auf den gesetzlichen Zinssatz seit Rechtshängigkeit auf die Hauptforderung - weiter, während die Beklagte unter Verteidigung des angefochtenen Urteils auf Zurückweisung der Berufung anträgt.
Der Senat hat mit Beschluss vom 08.12.2021 (Bl. 418 ff d.A.) Hinweise erteilt, zu denen die Parteien mit Schriftsätzen vom 23.12.2021 bzw. 25.01.2022 Stellung genommen haben.
Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlich...