Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidungsbefugnis betreffend den Schulbesuch eines Kindes. Elterliche Sorge: Anmeldung des Kindes bei Grundschulwechsel als Gegenstand gemeinsamer elterlicher Sorge
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Entscheidung über den Schulbesuch eines Kindes handelt es sich um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind, die dem Anwendungsbereich des § 1628 BGB unterfällt.
2. Bei der Kindeswohlprüfung im Rahmen des § 1628 BGB ist die Entfernung der Schule zum Wohnort des Kindes zu berücksichtigen.
3. Regelmäßig entspricht es dem Kindeswohl, demjenigen Elternteil die alleinige Entscheidungskompetenz für die Frage des Schulbesuchs zu übertragen, bei dem das Kind seinen dauernden Aufenthalt hat.
Normenkette
BGB §§ 1628, 1687, 1697a
Verfahrensgang
AG Eutin (Beschluss vom 10.08.2010) |
Tenor
Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Eutin vom 10.8.2010 wird zurückgewiesen.
Der Kindesvater trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Kindesmutter.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.500 EUR festgesetzt.
Die Wertfestsetzung für das erstinstanzliche Verfahren im Beschluss des AG - Familiengericht - Eutin vom 10.8.2010 wird dahingehend abgeändert, dass der Verfahrenswert für die erste Instanz auf 1.500 EUR festgesetzt wird.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer ist Vater der Kinder J geboren am ..., und M, geboren am ... 2001.
Die Kindeseltern sind seit dem 14.12.1998 verheiratete Eheleute. Aus ihrer Ehe gingen die genannten Töchter hervor.
Am 27.3.2010 zog die Kindesmutter mit den beiden Töchtern aus dem bis dahin gemeinsam bewohnten Haus in A aus und bezog letztlich in B, eine neue Wohnung, wo sie seitdem mit den Töchtern lebt. Die gemeinsame Tochter J besucht in B (auch schon vor der Trennung) die ... Schule. Die Tochter M besuchte bisher die Grundschule in C.
Die Kindeseltern streiten darüber, welchem Elternteil die Entscheidungsbefugnis für die Anmeldung und den Schulbesuch ihrer Tochter M zustehen soll. Die Kindesmutter möchte inzwischen M in B zur ... Grundschule angemeldet belassen. Diese Schule ist fußläufig für das Kind M zu erreichen.
Der Kindesvater hält es für sachgerecht, wenn M wie früher in C die Schule besucht. Er sei bereit, den Fahrdienst für das Kind zu übernehmen.
Das Familiengericht hat durch Beschluss im einstweiligen Anordnungsverfahren nach der Durchführung eines Anhörungstermins aller Beteiligten der Kindesmutter die Entscheidung über die Anmeldung und den Schulbesuch der Tochter M übertragen. Das Familiengericht begründet seine Entscheidung damit, dass M bei der Kindesmutter in B lebt und sie so nicht längere Zeit zur Schule gefahren werden müsse.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kindesvater mit seiner Beschwerde.
Er ist der Auffassung, dass sein Umgangsrecht nicht ausreichend sei. Für das Kind sei es besser, wenn es vom Vater zur Schule gefahren werde, als dass es vor dem Schulbeginn aufgrund des frühen Arbeitsbeginns der Kindesmutter allein in der Wohnung sei. Im Übrigen entspräche dies auch dem Wunsch des Kindes.
Der Kindesvater beantragt, den Beschluss des AG - Familiengericht - Eutin vom 10.8.2010 auf die Beschwerde hin abzuändern, den Antrag auf Übertragung der Entscheidung über die Anmeldung und den Schulbesuch der Tochter M der Antragstellerin zurückzuweisen und stattdessen ihm die Befugnis zu übertragen, für die Anmeldung und den Schulbesuch der Tochter M Sorge zu tragen.
Die Kindesmutter beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Frage der Umgangsregelung nichts mit dem Schulbesuch des Kindes zu tun habe. Auch entspräche es dem Wohl des Kindes besser, wenn es in B zur Schule gehe.
Der Senat hat die Kindeseltern, das Kind M, den Verfahrensbeistand und die Vertreterin des Jugendamtes persönlich angehört.
Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung und des übrigen Beschwerdevorbringens wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.11.2010 und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II. Die nach den §§ 57 S. 2 Nr. 1, 58 Abs. 1, 59 FamFG statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde des Kindesvaters hat in der Sache keinen Erfolg.
Auf das Verfahren ist gem. Art. 111 Abs. 1 FGG-RG das ab 1.9.2009 geltende Verfahrensrecht anzuwenden, da das Verfahren im Mai 2010, mithin nach dem 1.9.2009, eingeleitet wurde.
Das Familiengericht hat zu Recht der Kindesmutter die alleinige Entscheidungsbefugnis über die Anmeldung und den Schulbesuch der Tochter M übertragen.
Gemäß § 1628 Satz 1 BGB kann das Familiengericht für den Fall, dass sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen können, auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen.
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen hier vor.
Die beteiligten Kindeseltern sind Inhaber der gemeinsamen elterlichen Sorge. Sie sind derzeit nicht in...