Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestellung eines Betreuers bzw. Kontrollbetreuers trotz Bevollmächtigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Anordnung einer Betreuung ist bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen erforderlich, wenn die Angelegenheiten des Betroffenen durch einen Bevollmächtigten nicht ebenso gut besorgt werden können wie durch einen Betreuer. Das ist der Fall, wenn der Bevollmächtigte nicht willens oder in der Lage ist, die Vollmacht zum Wohle des Betroffenen einzusetzen.

2. Die Anordnung einer Kontrollbetreuung scheidet aus, wenn anzunehmen ist, dass der Betreuer nicht willens ist, mit dem Kontrollbetreuer zu kooperieren.

 

Normenkette

BGB § 1896 Abs. 2 S. 2

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Am 6.6.2006 hatte die Betroffen, die an einer Demenz leidet, einen Unfall, infolge dessen sie einen - zunächst unerkannten - Oberschenkelhalsbruch davontrug. Am 7.6.2006 erklärte die Betroffene schriftlich, dass die Beteiligte zu 1. - ihre einzige Tochter - ihre Betreuerin sein soll und für sie in allen gesundheitlichen und finanziellen Fragen für sie entscheiden solle. Am 13.6.2006 errichtete die Betroffene eine notarielle Vorsorgevollmacht, in der sie u.a. die Beteiligte zu 1. bevollmächtigte, sie in allen gesetzlich zulässigen Fällen gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Ca. eine Woche nach dem Unfall - die Betroffene befand sich inzwischen im Krankenhaus - wurde der Oberschenkelhalsbruch festgestellt. Mit dieser Diagnose konfrontiert, sahen sich weder die Betroffene noch die Beteiligte zu 1. in der Lage, der indizierten Operation zuzustimmen. Nach Anhörung der Betroffenen und der Beteiligten zu 1. sowie Einholung von Gutachten der Sachverständigen Dr. L und Dr. M bestellte das AG den Beteiligten zu 2. durch einstweilige Anordnung vom 16.6.2006 zum vorläufigen Betreuer mit den Aufgabenkreisen Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung ohne Entscheidung über geschlossene Unterbringung und Entscheidung über unterbringungsähnliche Maßnahmen. Der Beteiligte zu 2. erteilte die Einwilligung in die Operation, die erfolgreich ausgeführt wurde.

Durch Beschluss vom 19.9.2006 hat das AG nach Anhörung der Betroffenen und der Beteiligten zu 1. sowie Einholung eines Gutachtens der Sachverständigen Dr. S den Beteiligten zu 2. hinsichtlich der schon bestimmten Aufgabenkreise zum endgültigen Berufsbetreuer und die Beteiligte zu 1. zur Betreuerin mit den Aufgabenkreisen Vermögenssorge und Behördenangelegenheiten einschließlich Pflegeversicherung bestellt. Auf die Beschwerden der Betroffenen und der Beteiligten zu 1. hat das LG nach erneuter Anhörung und Einholung eines weiteren Gutachtens des Sachverständigen Dr. B vom 17.9.2007 den Beschluss des AG insoweit geändert, als es die Betreuung durch die Beteiligte zu 1. aufgehoben hat. Der Beteiligte zu 2. ist Berufsbetreuer mit den Aufgabenkreisen Gesundheitssorge und Aufenthaltsbestimmung zum Zwecke der notwendigen ärztlichen Untersuchung und Heilbehandlungen geblieben. Gegen den Beschluss des LG, auf den zur weiteren Sachdarstellung verwiesen wird (Bl. 120 bis 128 d.A.), richten sich die weiteren Beschwerden der Betroffenen und der Beteiligten zu 1.

II. Die nach §§ 27, 29 FGG zulässigen weiteren Beschwerden sind unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 FGG; 546 ZPO).

Das LG hat ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Bestellung des Beteiligten zu 2. zum Berufsbetreuer nach § 1896 BGB seien gegeben. Auf Grund der Sachverständigengutachten sei davon auszugehen, dass die Betroffene an einer altersbedingten Demenz mittelgradiger Ausprägung leide und infolgedessen zumindest teilweise ihre Angelegenheiten nicht besorgen könne. Auch sei sie zur Bildung eines eigenen Willens nicht mehr in der Lage. Die Betreuerbestellung sei nicht nach § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB wegen der Vollmachten der Betroffenen an die Beteiligte zu 1. vom 7. und 13.6.2006 entbehrlich. Zwar sei zu unterstellen, dass diese Vollmachten wirksam seien, weil der Sachverständige Dr. B. nicht mit der erforderlichen Sicherheit habe feststellen können, dass die Betroffene zur Zeit der Erteilung dieser Vollmachten geschäftsunfähig gewesen sei. Gleichwohl seien diese Vollmachten für den Bereich der Gesundheitssorge unbeachtlich, weil konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Beteiligte zu 1. insoweit mit sachlichen Entscheidungen überfordert sei. So habe sie die Diagnose eines Oberschenkelhalsbruchs der Betroffenen trotz ausführlicher und überzeugender Aufklärung durch die behandelnden Ärzte in Abrede gestellt und die Betroffene trotz der Fraktur sogar zum Aufstehen bewegen wollen, um die Richtigkeit ihrer eigenen Laiendiagnose zu belegen. Offensichtlich lasse die Beteiligte zu 1. nur ihre eigene Meinung gelten und missachte diejenige von ärztlichen Fachleuten. Auch ihre in diesem Zusammenhang geäußerte Auffassung, die erforderliche Operation könne von den Ärzten "verpfuscht" werden, zeige eine so stark von Misstrauen gegenüber Ärzten geprägte Grun...

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