Leitsatz (amtlich)

„Emelie-Extra” kann einem Mädchen als Vorname erteilt werden.

 

Normenkette

GG Art. 6; BGB § 1626; PStG § 45 Abs. 2, §§ 48-49

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Beschluss vom 13.07.2003; Aktenzeichen 4 T 192/03)

AG Itzehoe (Beschluss vom 24.03.2003; Aktenzeichen 33 III 38/02)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde werden der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG Itzehoe vom 24.3.2003 aufgehoben und die Standesbeamtin des Standesamts Itzehoe angewiesen, über den Eintragungsantrag der Beteiligten zu 1.) unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senat erneut zu befinden.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.

Der Gegenstandswert wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die nicht verheiratete Beteiligte zu 1) gebar am 5.9.2002 im Krankenhaus in I. ein Mädchen und beantragte ggü. der Beteiligten zu 2) in die betreffenden Personenstandsregister als Vornamen „Emelie-Extra” einzutragen. „Emelie” sei der Name der Figur auf dem Kühler von Autos der Marke „Rolls Royce” und „Extra” die Bezeichnung für ein Flugzeug; sie und ihr Lebengefährte – der Kindesvater – seien auch Piloten, weshalb sich ein Bezug zur Fliegerei ergebe. Außerdem sei ihres Wissens in Griechenland „Extra” ein gängiger Mädchenvorname. Nach Mitteilung des griechischen Generalkonsulats in Hamburg, dass dies nicht zutreffe, legte die Beteiligte zu 2) den Eintragungsvorgang dem AG Itzehoe mit dem Ersuchen einer Entscheidung gem. § 45 Abs. 2 PStG über die Vornahme der Amtshandlung vor.

Das AG hat mit Beschluss vom 24.3.2003 nach Anhörung der Beteiligten die bisherige Ablehnung der Eintragung des Vornamens „Emelie-Extra” durch die Standesbeamtin bestätigt, da die Beteiligte zu 1) ihre Behauptung, bei dem Namenszusatz „Extra” handele es sich um einen im Ausland gebräuchlichen Vornamen, nicht weiter konkretisiert habe und auch dem Gericht kein Land bekannt sei, in dem „Extra”, welcher Ausdruck an Stelle der Worte „ausnehmend, besonders oder auch … sonst” benutzt werde, ein gängiger Vorname sei. Mit ihrer am 15.4.2003 eingelegten sofortigen Beschwerde hat sich die Beteiligte zu 1) zum einen auf das Eltern zustehende freie Vornamenerfindungsrecht berufen und zum anderen auf ein bis zum 31.5.2003 noch vorzulegendes Gutachten der Namensberatungsstelle des Instituts für Slawistik der Universität Leipzig (Sachverständige R.). Aber auch aus etymologischen Wörterbüchern ergebe sich, dass der Vorname „Extra” sowohl im deutschen Sprachraum als auch international durchaus gebräuchlich sei. Nachdem das angekündigte Gutachten nicht fristgemäß vorgelegt worden war, hat das LG mit Beschluss vom 13.6.2003 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Schon aus den eingereichten Ablichtungen aus Wörterbüchern ergebe sich gerade nicht, dass der Name „Extra” in dieser Form als Vorname gebräuchlich sei. Nach den Wörterbüchern gebe es lediglich die Namen „Estra”, „Estrella”, „Exousia”, „Exaltacion”, „Experio”, „Expedita” oder „Exuperanzio”, nicht aber „Extra”. Damit handele es sich um keinen Vornamen, sondern lediglich um eine aus dem Lateinischen stammende Bezeichnung für „besonders, außergewöhnlich”. Das Recht, Kindern einen beliebigen Vornamen zu erteilen, habe aber dort seine Grenzen, wo es sich nicht um einen Vornamen, sondern um eine Eigenschaft oder ähnliches handele. Im Übrigen sei der Zusatz „Extra”, der nach dem gängigen Sprachverständnis der Hervorhebung von Sachen, insb. auch Markenartikeln diene, aus diesem Grund auch geeignet, die Trägerin eines solchen Namens hier lächerlich zu machen.

Mit ihrer fristgerecht am 30.6.2003 eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde bestreitet die Beteiligte zu 1) die vom LG angenommene Gefahr der Lächerlichmachung. Mit weiterem Schriftsatz vom 1.7.2003 hat die Beteiligte außerdem eine Stellungnahme der Universität Leipzig, Namensberatungsstelle (Frau R.) vom 30.6.2003 vorgelegt (Bl. 50–51 d.A.), laut derer „der Name Extra …. sich als eine Kurzform von solchen mit Ex – (Extra –) anlautenden ursprünglich lateinischen oder griechischen Vornamen wie z.B. Exaltatión, Expectatión, Expedita, Exuberancia, Exuperia oder auch Exanta erklären” lasse. Auch ließen sich „im romanischen oder auch englischen Sprachraum … weibliche Vornamen wie z.B. Estera, Estra, Extra, Esta, Exi, Essie und Etti nachweisen”, welche „Ableitungen oder Kurzformen des weiblichen Vornamens Ester” darstellten. Nach Auffassung der Beteiligten zu 2) bestätigen allerdings selbst diese Darlegungen keinesfalls, dass „Extra” ein weiblicher Vorname sei.

II. Die nach §§ 48 Abs. 1, 49 Abs. 1 S. 1 PStG i.V.m. §§ 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde hat Erfolg. Die vom LG geäußerten Bedenken gegen die Eintragung des Vornamens „Emelie-Extra” in die betreffenden Personenstandsregister halten einer rechtlichen Nachprüfung (§§ 27 Abs. 1 S. 2 FGG, 546 ZPO) nicht stand. Das LG hat nämlich die Grenzen des der Mutter zustehenden Rechtes, ihrem Kind einen Vornahmen eigener Wahl zu geben, zu eng gezogen und damit den Begriff des R...

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