Leitsatz (amtlich)

1. Der Berufsbetreuer hat nur Anspruch auf Vergütung und Aufwendungsersatz für Tätigkeiten im Bereich der ihm übertragenen Aufgabenkreise. Dabei kommt es darauf an, ob er die Tätigkeit zur pflichtgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben für erforderlich halten durfte.

2. Aufwendungsersatz für eine Strafverteidigung kann der Berufsbetreuer (Rechtsanwalt) grundsätzlich nur verlangen, wenn sich der Aufgabenkreis ausdrücklich hierauf erstreckt. Der Aufgabenkreis "Vertretung ggü. Behörden und anderen Institutionen" reicht nicht aus.

 

Normenkette

BGB §§ 1835, 1896, 1908i

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Beschluss vom 09.01.2007; Aktenzeichen 3 T 375/06)

AG Kiel (Aktenzeichen 2-XVII R 599 V)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird auf Kosten des Beteiligten zu 1. bei einem Geschäftswert von 440,80 EUR zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1. - ein Rechtsanwalt - war gem. Beschluss des AG vom 4.2.2003 Berufsbetreuer der Betroffenen mit den Aufgabenkreisen Vermögenssorge, Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung sowie Vertretung ggü. Behörden und anderen Institutionen. Mit Rechnung vom 18.7.2006 hat er Erstattung seiner Gebühren und Auslagen i.H.v. 440,80 EUR für seine Leistungen als Verteidiger für die Betroffene im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft bei dem LG Kiel 552 Js 24820/05 geltend gemacht. Auf eine Strafanzeige und einen Strafantrag vom 1.3.2005 wegen Hausfriedensbruchs - angeblicher Verstoß der Betroffenen gegen ein Hausverbot wegen Ladendiebstahls- hatte der Beteiligte zu 1. Akteneinsicht in die Ermittlungsakten genommen und sich nach Einstellung des Verfahrens gem. § 170 Abs. 2 StPO nach dem Sachstand erkundigt. Der Beteiligte zu 1. führt die Einstellung des Verfahrens auf seine Bemühungen zurück. Das AG hat die Erstattung abgelehnt. Das LG hat die sofortige Beschwerde des Betroffenen unter Zulassung der nunmehr vom Beteiligten zu 1. eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde zurückgewiesen.

II. Die nach §§ 56g Abs. 5, 20, 21, 22, 27 und 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 FGG; 546 ZPO). Der Senat schließt sich der Begründung des LG an.

Der Berufsbetreuer hat nur Anspruch auf Vergütung und Aufwendungsersatz für Tätigkeiten im Bereich der ihm übertragenen Aufgabenkreise. Außerhalb dieses Bereichs scheiden Vergütung und Aufwendungsersatz von vornherein aus. Dabei kommt es darauf an, ob der Betreuer die Tätigkeit zur pflichtgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben für erforderlich halten durfte (BayObLG v. 16.12.1998 - 3Z BR 241/98, FamRZ 1999, 740; OLG Hamm v. 25.10.2005 - 15 W 295/05, OLGReport Hamm 2006, 280 = NJW 2006, 1144; OLG Frankfurt v. 17.5.2005 - 20 W 452/04, OLGReport Frankfurt 2005, 789 = NJW-RR 2005, 1166; Palandt/Diederichsen, BGB, 66. Aufl., § 1896 Rz. 16). Mit Recht hat das LG angenommen, dass der Beteiligte mit der Übernahme der Strafverteidigung für die Betroffene in diesem Sinne außerhalb der ihm übertragenen Aufgabenkreise tätig geworden ist.

Diese Tätigkeit stand unzweifelhaft nicht im Zusammenhang mit der Vermögens- und Gesundheitssorge und der Aufenthaltsbestimmung. Sie fällt auch nicht in den Bereich der Vertretung ggü. Behörden und anderen Institutionen. Dieser häufig von den Vormundschaftsgerichten vorgesehene Aufgabenkreis hat insoweit keine eigenständige Bedeutung, als die Tätigkeit bereits den konkret benannten Aufgabenkreisen unterfällt, weil der Betreuer schon nach 1902 BGB den Betreuten "in seinem Aufgabenkreis gerichtlich und außergerichtlich vertritt" und eine Vertretung nicht gesondert angeordnet werden muss (vgl. Palandt/Diederichsen, a.a.O., § 1896 Rz. 20 unter "Vertretung und Zustimmung"). Eigenständige Bedeutung gewinnt dieser Aufgabenkreis demnach nur als allgemeiner Auffangtatbestand für ansonsten konkret nicht erfasste Angelegenheiten. Wegen seiner Unbestimmtheit ist eine restriktive Anwendung geboten, so dass Angelegenheiten nicht erfasst werden, die für den Betreuten von größerer persönlicher und/oder wirtschaftlicher Bedeutung sind. Hierunter fallen grundsätzlich Strafverfahren. In diesen Fällen ist es erforderlich, dass das Gericht - ggf. auf eine Mitteilung des Betreuers nach § 1901 Abs. 5 Satz 2 BGB - nach Prüfung der näheren Umstände den Aufgabenkreis unter konkreter Benennung des Verfahrens erweitert (vgl. im Ergebnis ebenso OLG Hamm, a.a.O.; OLG Frankfurt, a.a.O.). Das ist hier nicht geschehen, so dass schon deshalb ein Aufwendungsersatz nach § 1835 Abs. 1 und 3 BGB ausscheidet.

Die vom Beteiligten zu 1. zum Beleg seiner gegenteiligen Auffassung zitierten Entscheidungen anderer OLG gebieten keine Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG durch den Senat an den BGH. Der Beschluss des OLG Düsseldorf vom 30.6.1995 Rpfleger 1996, 81, dessen Auffassung der Senat aus den dargestellten Gründen nicht für richtig hält, erging nicht im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 1 FGG, sondern im Strafverfahren. ...

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