Leitsatz (amtlich)
Enthält ein Testament eine unklare Datierung, weil sich jedenfalls eine Jahresangabe nicht sicher feststellen lässt, findet § 2247 Abs. 5 BGB entsprechende Anwendung mit der Folge, dass das Testament nicht als gültig anzusehen ist, wenn möglich bleibt, dass es zeitlich vor einem weiteren Testament mit vollständigen Datumsangaben errichtet worden ist.
Normenkette
BGB § 2247 Abs. 5
Verfahrensgang
AG Lübeck (Beschluss vom 12.03.2015; Aktenzeichen 5 VI 14/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des AG Lübeck vom 12.3.2015 geändert:
Der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) gemäß Erbscheinsverhandlung des Generalkonsulats der Bundesrepublik Deutschland in... vom 28.1.2014 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1) trägt die Gerichtskosten in beiden Instanzen. Kostenerstattung findet nicht statt.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 12.000 EUR festgesetzt.
Dem Beteiligten zu 2) wird Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt... ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt.
Gründe
I. Der 1921 in Westpreußen geborene Erblasser, der deutscher Staatsangehöriger ist, war verheiratet und hatte eine Tochter. Ehefrau wie Tochter sind im Laufe des Jahres 2004 vorverstorben. Der Erblasser hat in den Jahren 2005 und 2007 jeweils ein von dem Notar X in Lübeck beurkundetes Testament bei dem AG Lübeck hinterlegen lassen. Diese beiden Testamente sind jeweils von ihm persönlich aus der Hinterlegung genommen worden. Unter dem 23.4.2008 hat der Erblasser zur UR-Nr... des Notars X in Lübeck eine Verfügung von Todes wegen errichtet und darin den Beteiligten zu 2) zu seinem Alleinerben eingesetzt. Er hat dort den Wert seines Vermögens mit 35.000 EUR angegeben. Bei dem Beteiligten zu 2) handelt es sich um einen Neffen des Erblassers. Der Beteiligte zu 3) ist ein weiterer Neffe und die in... lebende Beteiligte zu 1) (D) eine Nichte des Erblassers.
Unter dem 30.7.2009 erteilte der Erblasser - wiederum beurkundet von dem Notar X in Lübeck - einer in der Nähe wohnenden Nichte seiner verstorbenen Ehefrau, Frau A, eine Vorsorgevollmacht.
Unter dem 7.3.2012 regte der Internist Dr. B eine Betreuung für den Erblasser bei dem AG Lübeck an. Im Zuge des Betreuungsverfahrens hörte der Sachbearbeiter der Betreuungsstelle des Kreises Ostholstein den Erblasser und auch Frau A an. Es wurde ein Gutachten des Arztes für psychosomatische Medizin, Neurologie und Psychiatrie Dr. med. C aus Y eingeholt, dass dieser unter dem 12.10.2012 - nach Untersuchung und Befragung des Erblassers - erstattete. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, bei dem Erblasser liege eine leicht kognitive Auffälligkeit an der Grenze zu einer leichten dementiellen Störung vor. Es bestehe keine zwingende Notwendigkeit zur Einrichtung einer Betreuung trotz der grenzwertigen kognitiven Einschränkungen, da eine gut reflektierte Vertrauensbeziehung zu der Generalvollmachtnehmerin (Frau A) bestehe und der Erblasser sich durchaus seiner Hilfsbedürftigkeit bewusst sei. Es liege eine ausreichende Vollmachtsfähigkeit vor, der Betroffene sei zu einer freien Willensbildung im Rahmen seiner aktuellen Situation angemessen in der Lage. Er könne auf Grundlage intellektueller Einsicht eine von überwiegenden Einflüssen Dritter unabhängige Entscheidung über die Zustimmung oder Ablehnung einer Betreuung/Betreuungsperson treffen. Das Betreuungsverfahren wurde daraufhin eingestellt.
Nach dem Tod des Erblassers am 15.3.2013 reichte Frau A auf Aufforderung des AG mit einem dort am 6.5.2013 eingetroffenen Anschreiben den teilweise abgerissenen Hinterlegungsschein betreffend das notarielle Testament des Notars X Ur.-Nr... und einen weiteren originalen handschriftlichen Zettel zur Akte, in dem es heißt:
"Mein Heutige Testament!
Donnerstag 09. (folgende Zahlen schwer leserlich) 09.
D erbt nach meinem Ableben Alle meine Ersparten Gelder (DM)
Sparkasse/Commerzbank Lübeck
Frau Z verwaltet es. (Unterschrift des Erblassers)"
In einer Erbscheinsverhandlung vor dem Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in... vom 28.1.2014 beantragte die Beteiligte zu 1) (D) die Ausstellung eines Erbscheins nach dem Erblasser, wonach sie Alleinerbin geworden sei.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 18.2.2014 meldete sich der Beteiligte zu 2) zur Akte und führte aus, bei dem handschriftlichem Vermerk vom 09.01(oder 02)09. handele es sich - wenn überhaupt um eine letztwillige Verfügung - um ein Vermächtnis von Ersparnissen für die Beteiligte zu 1), nicht aber um eine Erbeinsetzung. Der handschriftliche Vermerk werde indes insgesamt als unwirksam angesehen, weil der Erblasser, wenn der Vermerk denn von ihm stammen würde, nicht orientiert gewesen sei. Weder der 9.1.2009 noch der 9.2.2009 seien ein Donnerstag gewesen. Soweit er der Beteiligten zu 1) lediglich seine ersparten Gelder vermacht und dahinter auch noch "DM" gesetzt habe, sei unklar, um was für Beträge es sich handele. Es müsste bestritten werden, dass der Erblasser überhaupt testierfähig gewesen sei...