Leitsatz (amtlich)
In einer erledigten Unterbringungssache hat das Gericht zur beantragten Feststellung der Rechtswidrigkeit nach § 12 FGG die zur Feststellung der erheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen anzustellen.
Die Anhörung der Betroffenen wird regelmäßig nicht erforderlich sein.
Orientierungssatz
Tatsachenfeststellung in erledigter Unterbringungssache
Normenkette
FGG §§ 12, 69g Abs. 5, §§ 70c, 70m; PsychKG § 8
Verfahrensgang
LG Lübeck (Aktenzeichen 7 T 107/99) |
AG Bad Oldesloe (Aktenzeichen 1 XIV 253L) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Auf Antrag des Beteiligten hat das Landgericht durch Beschluß vom 16.11.1998 die vorläufige Unterbringung der Betroffenen bis zum 19.11.1998 und – nach Anhörung und Einholung eines Sachverständigengutachtens – durch Beschluß vom 18.11.1998 die Unterbringung der Betroffenen bis zum2.12.1998 angeordnet. Gegen den ihr am 23.11.1998 zugestellten Beschluß vom 18.11.1998 hat die Betroffenen am7.12.1998 – mithin nach Ablauf der Unterbringungsfrist und ihrer Entlassung – sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei auch nach Ablauf der Unterbringungsmaßnahme zu klären, ob diese rechtmäßig ergangen sei. Dieses sei vorliegend der Fall. Nach dem erstatteten ärztlichen Gutachten und dem Anhörungsergebnis hätten die Voraussetzungen für die angeordnete Unterbringung nach § 8 PsychKG vorgelegen. Gegen diesen Beschluß, auf den zur Sachdarstellung ergänzend Bezug genommen wird, richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Betroffenen. Sie hält die Voraussetzungen des § 8 PsychKG nicht für gegeben und rügt, das Landgericht habe versäumt, sie in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise zu hören.
Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluß vom 10.05.1998 in NJW 1998,2432) jedenfalls bei einer Unterbringungsdauer von – wie vorliegend – längstens zwei Wochen das Rechsschutzbedürfnis für die sofortige weitere Beschwerde zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der Unterbringung gegeben, wenn die Unterbringungsmaßnahme während der Rechtsmittelfrist endet und das Verfahren in der Hauptsache dadurch erledigt ist (Senatsbeschluß vom 26.08.1998 in NJW 1999,222; weitergehend für 6 Wochen BayObLG FGPrax 1999,120). Das Rechtsschutzinteresse ist auch dann zu bejahen, wenn das Rechtsmittel bei maximaler Ausschöpfung der Rechtsmittelfrist erst nach Ablauf der Unterbringungsfrist eingeht, obgleich es noch während der laufenden Unterbringung hätte eingelegt werden können. Dem Betroffenen kann nicht entgegengehalten werden, er habe sich durch die Unterbringung offenbar nicht beschwert gesehen, da er andernfalls das Rechtsmittel während des Vollzugs der Maßnahme angebracht hätte. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts läßt insoweit keine Einschränkung erkennen, sondern stellt nur darauf ab, ob sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt nach dem typischen Verfahrensablauf auf einen Zeitraum beschränkt, in welchem der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozeßordnung vorgegebenen Instanz kaum erlangen kann, was vorliegend gegeben ist. Dem Betroffenen ist – wie auch sonst – zuzubilligen, die Rechtsmittelfrist – auch nach einem möglichen Wechsel seiner Auffassung über die Rechtmäßigkeit der Unterbringung – auszuschöpfen.
Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 27 FGG, 550 ZPO). Der vom Landgericht nach dem Inhalt der Akten zugrunde gelegte Sachverhalt rechtfertigt nicht die Annahme der Voraussetzungen des § 8 PsychKG S-H zur Zeit der Unterbringung. Zwar ist auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen Moritz vom 18.11.1998 hinreichend festgestellt, daß die Betroffene psychisch krank war. Es fehlt jedoch an der überzeugenden Begründung, daß die Betroffene infolge ihres Leidens ihr Leben, ihre Gesundheit oder Rechtsgüter anderererheblich gefährdet, wobei eine Gefahr insbesondere dann besteht, wenn sich die Krankheit so auswirkt, daß ein schadenstiftendes Ereignisunmittelbar bevorsteht oder wegen der Unberechenbarkeit des psychisch Kranken unvorhersehbar ist, jedoch jederzeit damit gerechnet werden muß (Abs. 2). Die vorliegenden Berichte, daß die Betroffene nicht näher genannte Sachen unter nicht näher geklärten Umständen aus ihrer Wohnung auf eine Wiese geworfen hat, so daß Nachbarn sich bedroht „fühlten”, sie aufgeregt herumschrie, ihre Wohnung verwahrlost war, „nicht sicher” war, ob sie sich etwas antut, sie Versprechungen machte, die sie nicht halten konnte (vgl. Amtsärztliches Zeugnis der Kreisgesundheitsbehörde vom 15.01.1198), Sachen von Mitpatienten verschwanden und sie des Nachts im Flur urinierte (vgl. Gutachten vom 18.11.1998) lassen nicht ohne weiteres eine Gefährdungslage im o.a. Sinne erkennen.
Da der Senat nunmehr in der Sache selbst entscheiden kann, hat er...