Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensaussetzung: Voraussetzung für eine Anordnung auf Antrag des Gegners nach anwaltlich erklärter Verfahrensaufnahme durch den Erben einer verstorbenen Partei
Leitsatz (amtlich)
Erklärt der Erbe kurz nach dem Tod einer Partei von sich aus durch anwaltlichen Schriftsatz, den Rechtsstreit aufzunehmen, ist das Verfahren auf anschließenden Antrag des Gegners nur dann nach § 246 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm auszusetzen, wenn er ein erkennbares besonderes Interesse an einer solchen Aussetzung - etwa wegen eines Streites um die Rechtsnachfolge - noch hat.(Rz. 3)(Rz. 5) vorgehend LG Itzehoe, 4.1.2013, Az: 2 O 122/12
Normenkette
ZPO § 246 Abs. 1 Hs. 2 Alt. 1, § 250
Verfahrensgang
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 1) gegen die Entscheidung der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Itzehoe vom 4.1.2013, das Verfahren nicht nach § 246 Abs. 1 ZPO auszusetzen, wird zurückgewiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist nach § 252 ZPO zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Das LG hat zu Recht entschieden, dass hier auf den Antrag des Beklagten zu 1) vom 10.12.2012 kein Raum für die Aussetzung des Verfahrens nach § 246 Abs. 1 ZPO bestanden hat. Denn der jetzige Kläger hatte nach dem Tod der früheren Klägerin am 17.11.2012 bereits mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.11.2012 angezeigt, dass er als Sohn der früheren Klägerin diese allein beerbt hat und das Verfahren aufnimmt. Dieser Schriftsatz ist dem Beklagten zu 1) umgehend zugestellt worden.
Damit aber war auch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der §§ 246, 250 ZPO für die später vom Beklagten beantragte Aussetzung des Verfahrens kein Raum mehr. § 246 Abs. 1 Halbs. 1 ZPO dient in erster Linie dem ungestörten Fortgang des Prozesses bei anwaltlicher Vertretung. § 246 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO schützt darüber hinaus das Interesse zunächst des Prozessbevollmächtigten der verstorbenen Partei, die Rechtsnachfolge klären zu lassen um Weisungen von diesem Rechtsnachfolger einholen zu können (Zöller/Greger, ZPO, 29. A. 2012, § 246 Rz. 1). Allerdings ermöglicht die Norm auch einen Aussetzungsantrag des Gegners, denn auch dieser kann ein Interesse haben, den Rechtsstreit nicht sogleich fortsetzen zu müssen, wenn unklar ist, wer als Erbe an die Stelle der bisherigen Prozesspartei tritt. vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 246 Rz. 5 m.w.N.).
So aber liegt der Fall hier. Es ist nicht ersichtlich, welches Interesse der Beklagte zu 1) an der Aussetzung des Verfahrens noch haben könnte, nachdem der jetzige Kläger als Sohn der früheren Klägerin ausdrücklich erklärt hat, er habe sein Mutter allein beerbt, ein Erbscheinsantrag sei gestellt und er nehme das Verfahren auf. Der Beklagte zu 1) macht selbst nicht geltend, dass ein Streit über die Erbfolge bestehe oder jedenfalls Ende 2012 bestanden habe. Die Aufnahme des Verfahrens setzt im Übrigen selbst im Falle des § 250 ZPO nicht voraus, dass ein Erbschein vorgelegt wird, der ohnehin nicht in Rechtskraft erwächst. Hier ist allerdings der Erbschein bereits am 3.1.2013 erteilt und umgehend zur Akte gereicht worden.
Nicht zu verkennen ist, dass der Erbe bereits im Moment des Todes des Erblassers gänzlich unabhängig von einem Erbschein in die Rechtsposition des Verstorbenen im Wege der Universalsukzession einrückt (§ 1922 BGB). Es kann ihm deshalb keinesfalls verwehrt sein, ein von seinem Rechtsvorgänger begonnenen Rechtsstreit unverzüglich aufzunehmen. Nach einer solchen Erklärung ist unter Berücksichtigung des oben aufgezeigten Schutzzweckes der Norm in der Regel kein Raum mehr für ein Aussetzungsverlangen des Gegners nach § 246 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO, es sei denn, es bestünden konkrete Anhaltspunkte für eine tatsächlich strittige Rechtsnachfolge.
Der Kläger hat auf Rüge auch eine ausreichende Prozessvollmacht für seine Bevollmächtigten vorgelegt. Sie bezieht sich auf das vorliegende Verfahren und dessen Aufnahme. Unerheblich ist, dass der jetzige Kläger diese Vollmacht bereits kurz vor dem Tod seiner Mutter erteilt hat. Die Rechtsanwälte haben davon jedenfalls erst nach dem Erbfall Gebrauch gemacht. Anhaltspunkte dafür, dass die Vollmacht zwischenzeitlich unwirksam geworden sein könnte, gibt es nicht.
Schließlich führt auch die Unterschrift des Klägers unter diese Vollmacht nicht zu deren Unwirksamkeit. Sie mag auf den ersten Blick wie eine Paraphe wirken, weil sie zwar ersichtlich - wie erforderlich - charakteristische Züge aufweist, aber sehr kurz erscheint und mit einer Art Punkt am Ende versehen ist. Die zwischenzeitlich vorgelegte Kopie des Personalausweises des Klägers (ausgestellt am 1.12.2011) zeigt indes, dass er gerade so auch anderweitig eine volle Unterschrift zu leisten pflegt. Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2005, 3775f bei juris Rz. 8) ist insoweit ohnehin ein großzügiger Maßstab anzulegen. Dem hält die Unterschrift unter die Vollmacht stand.
Die Beschwerde kann nach alledem keinen Erfolg haben.
Eine Kostenentscheid...