Leitsatz (amtlich)

1. Grundsätzlich kann das Grundbuchamt im Anwendungsbereich des Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB über § 47 Abs. 2 GBO hinaus verlangen, dass die GbR im Gesellschaftsregister eingetragen wird (und gegebenenfalls das Grundbuch berichtigt wird), bevor sie über ein Recht verfügt.

2. Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB ist nicht anwendbar, wenn es um die Eintragung einer Zwangshypothek zu Lasten einer (nicht im Gesellschaftsregister eingetragenen) GbR geht, auch wenn die Vorschrift ihrem Wortlaut nach greift.

3. Die Nichtanwendung von Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB im Wege einschränkender Auslegung für den Fall der Eintragung einer Zwangshypothek ergibt sich aus dem Willen des (historischen) Gesetzgebers, dem Sinn und Zweck der Norm sowie dem Justizgewährungsanspruch des Gläubigers.

 

Tenor

Auf die Beschwerde vom 17.05.2024 wird die Zwischenverfügung vom 17.04.2024 aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, die Eintragung der Zwangssicherungshypothek nicht davon abhängig zu machen, dass die Beteiligte zu 3 zuvor in das Gesellschaftsregister eingetragen und das Grundbuch entsprechend berichtigt wird.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 3 ist als Eigentümerin des im Grundbuch von X Blatt ... des Amtsgerichts X eingetragenen Grundbesitzes eingetragen. Es handelt sich um ein in der ...straße ... in X belegenes Grundstück. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom 15.03.2024, eingegangen am 18.03.2024, beim Amtsgericht X - Vollstreckungsgericht - unter Vorlage von Vollstreckungsbescheiden beantragt, eine Sicherungshypothek zu Lasten des im Eigentum der Schuldnerin stehenden in der ...straße ..., 2... X belegenen Grundbesitzes einzutragen. Am 02.04.2024 hat das Grundbuchamt des Amtsgerichts X unter Bezugnahme auf Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB mitgeteilt, dass die Eintragung der Zwangssicherungshypothek nicht erfolgen könne, solange die GbR nicht im Gesellschaftsregister eingetragen und das Grundbuch entsprechend berichtigt worden sei. Nach weiterem Schriftwechsel hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 12.04.2024 mitgeteilt an dem Antrag festzuhalten, es handele sich um eine Vollstreckungsmaßnahme.

Mit der angegriffenen Zwischenverfügung vom 17.04.2024 hat das Grundbuchamt des Amtsgerichts X der Antragstellerin aufgegeben, für die Eintragung der GbR in das Gesellschaftsregister und die Voreintragung der eGbR in das Grundbuch zu sorgen. Es liege ein Fall des Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB vor. Der Gesetzgeber habe keine abweichende Regelung für den Fall der Zwangsvollstreckung gegen eine GbR getroffen.

Hiergegen hat die Antragstellerin am 17.05.2024 Beschwerde eingelegt. Das Voreintragungserfordernis sei nicht anwendbar, zumindest müsste der Antragstellerin ein Antragsrecht entsprechend § 39 GBO zustehen. Dies ergebe sich aus dem Justizgewährungsanspruch, der ansonsten mangels Mitwirkung der Zwangsvollstreckungsschuldnerin unterlaufen würde. Der Gesetzgeber habe das Problem durchaus gesehen, im Ergebnis sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die GbR den Zugriff durch Zwang nicht dadurch vereiteln oder verzögern könnte, dass sie keinen Antrag auf Grundbuchberichtigung stelle.

Mit Beschluss vom 22.05.2024 hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht vorgelegt.

II. Die zulässige Beschwerde gegen die Zwischenverfügung ist begründet. Das Grundbuch durfte mit der angegriffenen Zwischenverfügung nicht verlangen, dass die Beteiligte zu 3 vor einer Eintragung der Zwangssicherungshypothek in das Gesellschaftsregister eingetragen und das Grundbuch entsprechend berichtigt wird.

Das Erfordernis einer Eintragung der GbR im Gesellschaftsregister und Berichtigung im Grundbuch ergibt sich vorliegend nicht aus Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB. Grundsätzlich kann das Grundbuchamt im Anwendungsbereich des Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB die (vorherige) Eintragung der GbR verlangen (dazu Ziffer 1). Die Vorschrift ist in der vorliegenden Konstellation jedoch nicht anwendbar (dazu Ziffer 2).

1. Nach Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB sollen Eintragungen in das Grundbuch, die ein Recht einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betreffen, nicht erfolgen, solange die Gesellschaft nicht im Gesellschaftsregister eingetragen und daraufhin nach den durch das Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz vom 10. August 2021 geänderten Vorschriften im Grundbuch eingetragen ist. Daher kann das Grundbuchamt im Anwendungsbereich des Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB über § 47 Abs. 2 GBO hinaus (danach Eintragung eines Rechts "für" die Gesellschaft nur wenn sie im Gesellschaftsregister eingetragen ist, vgl. BT-Drs. 19/27635, S. 206 f.) verlangen, dass die GbR im Gesellschaftsregister eingetragen wird (und gegebenenfalls das Grundbuch berichtigt wird), bevor sie über ein Recht verfügt (vgl. BT-Drs. 19/27635, S. 216; sog. Voreintragungserfordernis, vgl. zur Begrifflichkeit Gesetzesbegründung aaO S. 217, 219; vgl. Bauer/Schaub/Wegmann, 5. Aufl. 2023, GBO § 47 Rn. 220).

2. Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB ist auf ...

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