Entscheidungsstichwort (Thema)

Verhältnis einer formlosen Hoferbenbestimmung zur vorherigen Hoferbensbestimmung durch letztwillige Verfügung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine zuvor errichtete letztwillige Verfügung, mit der der Erblasser einen Dritten als Hoferben eingesetzt hat, kann im Grundsatz nicht durch eine nachfolgende formlose Hoferbenbestimmung nach § 6 Abs. 1 HöfeO wirksam widerrufen werden.

2. Im Einzelfall kann es unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausnahmsweise geboten sein, die formlose Hoferbenbestimmung nach § 6 Abs. 1 HöfeO trotz einer vorhergehenden abweichenden Verfügung von Todes wegen durchgreifen zu lassen. Dies setzt voraus, dass sich das Verhalten des Erblassers nach den Umständen als rechtsmissbräuchlich erweist.

 

Verfahrensgang

AG Meldorf (Beschluss vom 03.03.2004; Aktenzeichen 45 Lw 315/03)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers vom 30.3.2004 gegen den Beschluss des AG - Landwirtschaftsgericht - Meldorf vom 3.3.2004 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 340.724 Euro.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine Hoferbschaft. Der verstorbene Erblasser bestimmte mit handschriftlichem Testament vom 10.3.1983 seine Ehefrau, die Antragsgegnerin und Mutter des Antragstellers, zur alleinigen Erbin seines gesamten Vermögens. Der 1972 geborene Antragsteller macht geltend, er sei nach landwirtschaftlicher Ausbildung seit 1994 dauernd auf dem Hof seines Vaters beschäftigt gewesen und deshalb nach den §§ 6 f HöfeO Hoferbe geworden. Sein Begehren, ihm ein Hoffolgezeugnis zu erteilen hatte, in beiden Instanzen keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Beteiligten streiten um eine Hoferbschaft.

Der am 16.10.2003 verstorbene Vater des Antragstellers, der Landwirt P.N. W., war Eigentümer eines Hofes mit 53 ha Eigenland, der in den Hofgrundbüchern von K. Bl. 25 und K. Bl. 63 verzeichnet ist.

Der verstorbene Herr P.N.W. war seit dem 6.8.1965 mit der am 5.9.1946 geborenen Antragsgegnerin, der Mutter des Antragstellers, verheiratet. Diese hat seit der Heirat auf dem Hof mitgearbeitet. Herr P. W. errichtete unter dem 10.3.1983 ein handschriftliches und von ihm unterschriebenes Testament, in dem er bestimmte, dass die Antragsgegnerin nach seinem Tod alleinige Erbin seines gesamten Vermögens sein solle.

Der am 21.1.1972 geborene Antragsteller ist das zweijüngste von sechs Kindern der Antragsgegnerin und ihres verstorbenen Ehemannes. Er absolvierte nach dem Hauptschulabschluss in den Jahren 1989 bis 1992 eine landwirtschaftliche Lehre und besuchte anschließend bis 1994 die Landwirtschaftsschule in Heide. Seit 1994 war er dauernd in dem Betrieb seines Vaters beschäftigt und erhielt zuletzt ein Nettogehalt von 800 Euro. Der Antragsteller ist seit 1997 verheiratet, hat zwischenzeitlich zwei Kinder und lebt mit der Familie im Hofgebäude in K.

Der Antragsteller hat in der eidesstattlichen Versicherung zur Urkundenrolle Nr. 561/2003 des Notars S.-B. vom 27.11.2003 angegeben, er habe zusammen mit seinen Eltern die Entscheidung eingeleitet, den Hof als Gemüseanbaubetrieb zu führen. Die Sortenauswahl habe er selbstständig durchgeführt und auch die Pflanztermine sowie den Pflanzenschutz bestimmt. Sein Vater habe sich hinsichtlich der Betriebsleitung auf den Bereich Buchführung und Organisation zurückgezogen. Den Verkauf habe er einvernehmlich mit dem Vater besprochen, bei Investitionen habe er ein weitgehendes Mitspracherecht gehabt. Die Ausweitung des Möhrenanbaus habe er wesentlich mitbestimmt. Ihm sei bekannt, dass sein Vater im Jahre 1983 ein handschriftliches Testament gefertigt habe, in dem er die Antragsgegnerin zur Alleinerbin eingesetzt habe. Damals sei er selbst allerdings erst elf Jahre alt gewesen. Eine ausdrückliche Hoferbenbestimmung sei in dem Testament nicht getroffen worden. Er selbst sei aber nach der Art seiner Ausbildung und der Beschäftigung auf dem Hof als Hoferbe vorgesehen gewesen. Seinerzeit sei gemeinsam zwischen ihm und seinen Eltern beschlossen worden, dass er den landwirtschaftlichen Betrieb übernehmen solle. Die Antragsgegnerin habe zwar in den vergangenen Jahren auf dem Hof mitgearbeitet, jedoch nur einfache Arbeiten ausgeführt. Sie beherrsche letztlich die moderne Bewirtschaftung des Gemüseanbaus nicht und dürfte auch nicht dazu in der Lage sein, eine Betriebsbuchführung zu machen und die Gesamtorganisation sinnvoll zu leiten.

Der Antragsteller hat ausgeführt, er sei selbstverständlich bereit, seiner Mutter ein angemessenes Altenteil zu gewähren. Eine Einigung sei bislang aber nicht zustande gekommen. Er hat die Auffassung vertreten, durch Beschäftigung auf dem Hof gem. den §§ 6 f. HöfeO zum Hoferben geworden zu sein.

Der Antragsteller hat beantragt, ein Hoffolgezeugnis zu erlassen, das ihn als Hoferben aufweist.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag des Antragstellers abzuweisen...

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