Entscheidungsstichwort (Thema)
Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich trotz geltend gemachter Härtegründe
Leitsatz (amtlich)
1. Ist der angemessene Unterhalt des ausgleichspflichtigen Ehegatten bei Zahlung der ungekürzten Ausgleichsrente nicht gefährdet und liegen auf Seiten des ausgleichsberechtigten Ehegatten keine evident günstigeren wirtschaftlichen Verhältnisse vor, kommt die Anwendung des § 1587h BGB nicht in Betracht. Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich hängt auch nicht davon ab, dass der Ausgleichspflichtige leistungsfähig und der Ausgleichsberechtigte bedürftig ist.
2. Der Versorgungsausgleich ist nicht Ausprägung einer über die Ehezeit hinauswirkenden Mitverantwortung für den anderen Ehegatten, sondern er dient der Teilung der in der Ehezeit gemeinsam erworbenen Versorgungsanrechte. Es ist deshalb hier ohne Bedeutung, wie der ausgleichsberechtigte Ehegatte jetzt sein Leben gestaltet (hier: Zusammenleben mit neuem Lebensgefährten im eigenen Haus nach mehr als vierzigjähriger Ehe).
Normenkette
BGB §§ 1577, 1587h
Verfahrensgang
AG Lübeck (Beschluss vom 21.07.2006; Aktenzeichen 120 F 77/05) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - FamG - Lübeck vom 21.7.2006 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegner hat an die Antragstellerin ab 1.6.2005 monatlich im Voraus eine schuldrechtliche Ausgleichsrente von 631,74 EUR zu zahlen. Die für Juni und Juli 2005 jeweils gezahlten 250 EUR sind hierauf anzurechnen.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des gesamten Verfahrens tragen die Parteien je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 1.000 EUR.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich.
Die Parteien waren verheiratet, ihre am 27.12.1961 geschlossene Ehe wurde durch Urteil des AG Lübeck vom 16.9.2003 (120 F 58/03) geschieden. Der Versorgungsausgleich wurde dahin geregelt, dass Rentenanwartschaften von 691,84 EUR im Wege des Splittings und in Höhe weiterer 47,60 EUR durch erweitertes Splitting auf die Antragstellerin übertragen wurden. Der Ausgleich weiterer Rentenanwartschaften von (dynamisiert) 516,36 EUR wurde dem schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten.
Mit Schreiben vom 11.4.2005 hat die Antragstellerin ggü. dem Antragsgegner den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich geltend gemacht. Seit dem 1.6.2005 bezieht sie Altersrente, der Antragsgegner ist bereits vor diesem Zeitpunkt Rentenbezieher geworden.
Nach den Auskünften der Versorgungsträger bezieht die Antragstellerin seit dem 1.6.2005 eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von brutto 867,54 EUR, nach Abzug der Kranken- und Pflegeversicherung verbleiben ab 1.7.2005 788,59 EUR. Der Antragsteller bezieht aus der gesetzlichen Rentenversicherung zum gleichen Zeitpunkt brutto 1.016,11 EUR, netto 923,66 EUR. Daneben erhält er zwei betriebliche Altersversorgungen. Von der D-Bank (zukünftig D) erhält er monatlich 637,26 EUR, hiervon sind 88,58 EUR an die Krankenversicherung und 10,83 EUR an die Pflegeversicherung abzuführen. Von der D erhält er weiter einmalig im Jahr 52 EUR.
Von dem B-Versicherungsverein (im Folgenden B) bezieht er brutto monatlich 931,61 EUR, hiervon werden 129,49 EUR an die Krankenversicherung und 15,84 EUR an die Pflegeversicherung abgeführt. Beide Versorgungen hat der Antragsgegner während seiner Betriebszugehörigkeit vom 1.4.1956 bis 31.12.1997 erworben.
Das FamG hat mit dem angefochtenen Beschluss den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass der Antragsgegner an die Antragstellerin aus seiner Rente beim B monatlich 395,02 EUR und von seiner betrieblichen Rente der D monatlich 242,25 EUR jeweils ab 1.6.2005 an die Antragstellerin abzuführen hat. Dabei hat das FamG darauf abgestellt, dass nach dem Scheidungsurteil insgesamt durch den Versorgungsausgleich 1.255,80 EUR auszugleichen waren. Hiervon seien 691,84 EUR durch Splitting und weitere 47,60 EUR durch erweitertes Splitting ausgeglichen. In mehreren Rechenschritten hat das FamG dann ermittelt, dass von dem B-Anrecht 395,02 EUR schuldrechtlich auszugleichen seien, von der D-Ren-te (entdynamisiert) weitere 242,25 EUR. Die Voraussetzungen für einen vollständigen oder teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 1587h BGB seien nicht gegeben.
Mit seiner am 31.8.2006 eingelegten Beschwerde macht der Antragsgegner geltend, der schuldrechtliche Versorgungsausgleich sei gem. § 1587h BGB auszuschließen. Die Antragstellerin lebe mit ihrem Lebensgefährten mietfrei in einer eigenen Immobilie, sie verfüge daneben über Sparvermögen; der Antragsgegner könne bei Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs weder seinen Bedarf decken noch Rücklagen für den Fall der Not bilden. Zumindest müsse der Höhe nach eine Beschränkung angeordnet werden.
II. Die zulässige Beschwerde ist nur zu einem geringen Teil begründet.
1. Auszugehen ist von den vom Antragsgegner bezogenen Betriebsrenten mit...