Leitsatz (amtlich)
Vorrang der Wünsche einer Betreuten bei Vermietung ihres Einfamilienhauses.
Orientierungssatz
Subjektiv verstandenes Betreutenwohl gegen objektiv vernünftige Betrachtung.
Normenkette
BGB §§ 1901, 1907
Beteiligte
Rechtsanwälte Hohenstein u. a. |
Verfahrensgang
LG Itzehoe (Aktenzeichen 4 T 458/00) |
AG Itzehoe (Aktenzeichen 81 XVII 333/98) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die 77-jährige Betroffene leidet an vasculärer Demenz nach cerebralem Insult (Schlaganfall) und ist infolgedessen geschäftsunfähig. Das Amtsgericht hat die Beteiligten – ihre Söhne – durch Beschluß vom 30.09.1998 zu Betreuern bestellt mit dem Wirkungskreis: alle Angelegenheiten einschließlich der Entscheidung über die Entgegennahme und das Öffnen der Post. Die Betroffene ist Eigentümerin eines Einfamilienhauses, dessen Verkehrswert nach einem Gutachten vom 17.05.1994 240.000 DM beträgt. Sie bezieht eine monatliche Rente von ca. 2.200 DM und Leistungen aus der Pflegeversicherung. Sie ist auf die Pflege im Heim angewiesen und kann nicht mehr in ihrem Hause leben. Auf Betreiben der Beteiligten erteilte das Amtsgericht am 9.12.1998 die Genehmigung für die Bestellung einer Grundschuld über 40.000 DM zur Sicherung eines Renovierungsdarlehens. Nach Renovierung des Hauses schloß der Beteiligte zu 2. am 4.09.2000 einen Mietvertrag über das Haus zu einem Bruttomietzins von 1.375 DM im Monat. Das Mietverhältnis endet am 1.10.2003 und verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn eine der Parteien nicht spätestens drei Monate vor Ablauf der Mietzeit der Verlängerung widerspricht. Bei ihrer Anhörung durch den Rechtspfleger lehnte die Betroffene die Vermietung ab. Der Mieter zog am 1.10.2000 in das Haus ein.
Durch Beschluß vom 10.11.2000 hat das Amtsgericht den Mietvertrag genehmigt und angeordnet, daß der Beschluß erst zwei Wochen nach Zustellung an die Betroffene wirksam wird, soweit eine Beschwerdeeinlegung nicht erfolgt. Die Verfahrenspflegerin hat hiergegen fristgemäß Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat die Betreuer und die Betroffene durch den beauftragten Richter angehört. Die Betroffene ist bei ihrer Ablehnung der Vermietung geblieben, weil sie bald in ihr Haus zurückkehren werde, wo ihr (verstorbener) Ehemann noch wohne. Das Landgericht hat den Beschluß des Amtsgerichts vom 10.11.2000 mit Rücksicht auf den „zweifelsfrei und eindeutig erklärten Willen” der Betroffenen, aufgehoben. Eine wirtschaftliche Notwendigkeit zur Vermietung des Hauses ergebe sich derzeit nicht. Gegen diesen Beschluß, auf den zur Sachdarstellung ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 108 – 110 d. A.), haben die Betreuer weitere Beschwerde eingelegt. Sie machen geltend, für die Bestimmung des Wohls der Betreuten seien in erster Linie objektive Kriterien maßgeblich. Die subjektiven Empfindungen der Betreuten seien nur dann heranzuziehen, wenn sie wirklich ihren Lebenskreis noch weitestgehend berührten. Hier sei jedoch auszuschließen, daß sie jemals in ihr Haus zurückkehre. Sie sei zu einer vernünftigen – die Vermietung bejahenden – Entscheidung, die sie im Falle ihrer Gesundheit getroffen hätte, nicht mehr in der Lage. Außerdem sei der Mietvertrag jederzeit wegen Eigenbedarfs kündbar. Die Verfahrenspflegerin ist dem entgegengetreten.
Die nach §§ 27, 29 FGG zulässige weitere Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 27 FGG, 550 ZPO).
Zu einem Mietvertrag, durch den vom Betreuer Wohnraum vermietet werden soll, bedarf dieser der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts (§ 1907 Abs. 3 Satz 1 BGB). Maßgebend für die Genehmigung ist gemäß dem auch hier geltenden § 1901 Abs. 2 BGB das Wohl des Betreuten (Bienwald, Betreuungsrecht, 4. Aufl., § 1907 Rn. 36, 22).
Dabei hat der Betreuer den Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft und dem Betreuer zuzumuten ist (§ 1901 Abs. 3 BGB). Das Vormundschaftsgericht entscheidet über die Genehmigung nach pflichtgemäßem Ermessen. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Entscheidung des Tatrichters nur beschränkt überprüfen. Es kann sie nur dann als rechtsfehlerhaft beanstanden, wenn der Tatrichter sich des ihm zustehenden Ermessens nicht bewußt war, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände außer Betracht gelassen, der Bewertung relevanter Umstände unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt, von seinem Ermessen einen dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufenden Gebrauch gemacht oder die Grenzen des Ermessens überschritten hat (BayObLG FamRZ 1998, 455, 456). Nach dieser Maßgabe läßt die angefochtene Entscheidung keinen Rechtsfehler erkennen.
Gemäß dem subjektiv gefärbt gefaßten Begriff des Betreutenwohls ist das Landgericht mit Recht abweichend vom Amtsgericht zunächst von der strikt gehaltenen Anweisung des Gesetzes (Schwab in Münchener-Kommentar, BGB, 3. Aufl....