Entscheidungsstichwort (Thema)
Anzuerkennende Fahrtkosten in familienrechtlichen PKH-Verfahren
Leitsatz (amtlich)
Ist die Benutzung eines Pkw für Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstelle notwendig, sind auch in familienrechtlichen Prozesskosten- und Verfahrenskostenhilfeverfahren die anzuerkennenden Fahrtkosten den Unterhaltsrechtlichen Leitlinien des OLG Schleswig zu entnehmen.
Normenkette
ZPO § 115; FamFG § 76
Verfahrensgang
AG Flensburg (Beschluss vom 10.09.2010; Aktenzeichen 95 F 206/10) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird die Ratenzahlungsanordnung in dem Verfahrenskostenhilfe bewilligenden Beschluss vom 10.9.2010 teilweise dahin geändert, dass die Antragstellerin auf die Verfahrenskosten aus dem Einkommen Monatsraten von jeweils 45 EUR zu zahlen hat.
Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf die Hälfte ermäßigt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Gründe
Die Antragstellerin macht im Verfahrenskostenhilfeverfahren Fahrten zu ihrer 10 Kilometer entfernten Arbeitsstelle mit dem eigenen Pkw mit monatlich 110 EUR sowie Kreditkosten für das Fahrzeug als Abzug geltend.
Das AG - Familiengericht - hat die Antragstellerin auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel verwiesen und für eine Monatskarte 73 EUR abgesetzt. Im Nichtabhilfebeschluss ist alternativ mit einem Monatsbetrag von 5,20 EUR pro Entfernungskilometer gem. § 3 Abs. 6 der Durchführungsverordnung zu § 82 SGB XII mit dem Ergebnis gerechnet worden, dass mit 52 EUR weniger an Fahrtkosten berücksichtigungsfähig sind.
Die gegen die Ratenzahlungsanordnung in dem angefochtenen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde ist teilweise begründet.
Die Antragstellerin hat glaubhaft dargelegt, dass sie als Postzustellerin unregelmäßigen Dienst auch an Samstagen hat. Damit ist die Benutzung der im Einzelnen dargestellten Busverbindung zwischen ihrem Wohnort und der Arbeitstelle nicht vereinbar.
Wie die notwendigen Fahrtkosten im Verfahrens- und Prozesskostenhilfeverfahren zu ermitteln sind, wird bundesweit unterschiedlich gehandhabt. Während ein Teil der Rechtsprechung die o.a. Durchführungsverordnung zugrunde legt, arbeiten andere mit den Pauschalen aus dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG - oder mit den jeweiligen Unterhaltsrechtlichen Leitlinien (vgl. aus jüngster Zeit die Übersichten bei Kalthoener/Büttner/Wrobel/Sachs, 5. Aufl. 2010, Rz. 258, und bei Nickel, Aktuelle Entwicklungen in der Rechtsprechung zur Prozesskostenhilfe, MDR 2010, 1227, 1234).
Mitglieder des für sofortige Beschwerden gegen Ratenzahlungsanordnungen in Familiensachen allein zuständigen 5. Senats für Familiensachen haben sich bereits in der Vergangenheit an den Unterhaltsrechtlichen Leitlinien des OLG Schleswig mit der Begründung orientiert, dass die Berechnung auf der Grundlage der Verordnung zu § 82 SGB XII nicht mehr der Realität entspricht (vgl. Einzelrichterbeschlüsse vom 19.7.2006 - 15 WF 169/06 und 172/06). Das entspricht jetzt der Auffassung aller derzeitigen Senatsmitglieder.
Deshalb ist gem. Nr. 10.2.2 der Unterhaltsrechtlichen Leitlinien (Stand 1.1.2011) wie folgt zu rechnen:
10 km × 2 × 0,30 EUR × 220 Arbeitstage: 12 = 110 EUR.
Das vom AG - Familiengericht - im Nichtabhilfebeschluss errechnete, von der Antragstellerin für die Verfahrenskosten einzusetzende Einkommen i.H.v. 200,30 EUR verringert sich danach um weitere (110 EUR - 52 EUR =) 58 EUR auf 142,30 EUR mit der Folge, dass eine Rate i.H.v. 45 EUR festzusetzen ist.
Daneben können Finanzierungskosten für die Anschaffung des Pkw regelmäßig nicht angesetzt werden (Nr. 10.2.2 der Leitlinien am Ende sowie Einzelrichterbeschluss des Senats vom 14.2.2006 - 15 WF 20/06); Gründe für eine Ausnahme von dieser Regel hat die Antragstellerin nicht dargelegt.
Da die sofortige Beschwerde teilweise Erfolg hat, wird die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren auf die Hälfte ermäßigt.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 76 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO.
Fundstellen