Leitsatz (amtlich)
Dass Eheleute getrennt leben, schließt die Annahme eines minderjährigen Kindes nicht schlechthin aus.
Die Stabilität der Ehe der Adoptiveltern ist ein wichtiger Faktor im Rahmen der Prüfung der Adoptionsvoraussetzungen, aber nicht allein entscheidend. Vielmehr hat für die Prüfung, ob die beantragte Adoption dem Kindeswohl dient, eine Gesamtabwägung aller Umstände zu erfolgen.
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Ahrensburg vom 21.06.2023 (Datum der Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle) zu Ziffer 1. seines Tenors geändert und wie folgt gefasst:
Das Kind X, geboren am 15.09.2021, wird von den Beteiligten zu 1. und 2. gemeinschaftlich als Kind angenommen.
Das Kind X erhält als Geburtsnamen den Ehenamen der Beteiligten zu 1. und 2.
II. Von der Erhebung von Gerichtskosten für die Beschwerde ist abzusehen. Die außergerichtlichen Kosten der Beschwerde trägt jeder Beteiligte selbst.
Gründe
I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. richtet sich gegen die Zurückweisung des Antrags, die Annahme des Kindes X als Kind der Beteiligten zu 1. und 2. auszusprechen.
1. Die am 11.01.1985 geborene und jetzt 38 Jahre alte Beteiligte zu 1. lebt in Y in einer ihr allein gehörenden Immobilie. Sie hat nach ihrem Realschulabschluss bei der Bundeswehr eine Ausbildung zur Fluggerätemechanikerin gemacht und arbeitet seit einigen Jahren bei der Firma Z im Bereich U-Bootbau; dort ist sie außertariflich angestellt und übt eine leitende Tätigkeit als Gruppenleiterin aus, wobei sie größtenteils im Home-Office arbeiten kann. Sie ist die leibliche Mutter des am 18.07.2017 geborenen, durch eine Samenspende gezeugten Kindes E.
2. Die am 04.12.1979 geborene und jetzt 43 Jahre alte Beteiligte zu 2. hat nach ihrem Hauptschulabschluss ein Grundbildungsjahr in einem handwerklichen Bereich absolviert und musste ihre danach begonnene Ausbildung zur Malerin und Lackiererin aufgrund einer Nickel- und Terpentin-Allergie abbrechen. Nach einer mehrjährigen Tätigkeit als Kommissioniererin in einer Drogeriekette arbeitet sie jetzt unter anderem bei einem mobilen Pflegedienst als Pflegehelferin in Teilzeit.
3. Die Beteiligten zu 1. und 2., die sich 2009 kennengelernt und 2011 zusammengezogen waren, gingen im Juli 2014 eine eingetragene Lebenspartnerschaft ein und heirateten am 16.11.2017. Den leiblichen Sohn E der Beteiligten zu 1. hat die Beteiligte zu 2. im Rahmen einer Stiefkindadoption als ihren Sohn angenommen (Az.: 20a F 11/17 Amtsgericht Ahrensburg).
4. Das anzunehmende Kind X wurde am 15.09.2021 geboren; nach der Geburt verließ ihre am 25.12.2001 geborene Mutter - Xs Vater ist unbekannt - das Krankenhaus. X wurde daraufhin am 20.09.2021 zunächst in eine Bereitschaftspflegestelle verbracht, bevor sie am 05.10.2021 zu den Beteiligten zu 1. und 2. nach Y in Adoptionspflege umzog, wo sie seitdem zusammen mit diesen und deren weiterem Kind E lebt. Xs Mutter hatte zuvor dem Jugendamt eine Vollmacht erteilt, ihr Kind in Adoptionspflege zu vermitteln. X geht seit Oktober 2022 zu einer Tagesmutter und wartet auf einen Kindergartenplatz. Sie hat eine starke und sichere Bindung zu den Beteiligten zu 1. und 2. aufgebaut und ist gut entwickelt, obwohl ihre Mutter während der Schwangerschaft regelmäßig Alkohol und Drogen konsumiert hatte.
5. Am 12.04.2022 haben die leibliche Mutter und die Vormündin Xs notariell ihre Einwilligungen in eine sogenannte Inkognito-Adoption des Kindes durch die im Adoptionsbuch des Kreises S unter Listen-Nr. 10 eingetragenen Eheleute erklärt. Unter dem 23.06.2022 haben die Beteiligten zu 1. und 2. unter Verweis auf ihre entsprechenden notariellen Erklärungen vom 16.06.2022 die Annahme Xs als ihr Kind beim Familiengericht mit der Maßgabe beantragt, dass X ihren Ehenamen als Geburtsnamen erhalten solle. Am 27.12.2022 hat das Jugendamt des Kreises S zu ihrem Antrag Stellung genommen und den Ausspruch der beantragten gemeinschaftlichen Adoption befürwortet. Nachdem das Familiengericht am 11.04.2023 einen Erörterungstermin auf den 07.06.2023 bestimmt hatte, haben sich die Beteiligten zu 1. und 2. getrennt, was die Beteiligte zu 2. am 05.05.2023 dem Jugendamt mitgeteilt hat. Die Beteiligte zu 2. lebt seitdem in einer eigenen, 40 qm großen Einzimmerwohnung in Y und nimmt aufgrund einvernehmlicher Regelung vom 17.05.2023 mit der Beteiligten zu 1. regelmäßig Umgang mit X - und E - wahr, und zwar alle zwei Wochen am Wochenende von Freitag bis Sonntag sowie an jedem Dienstagnachmittag und in den Wochen ohne Wochenendumgang zusätzlich auch noch am Mittwochnachmittag; die Ferienzeiten sind hälftig zwischen den Beteiligten zu 1. und 2. aufgeteilt.
6. Die Beteiligten zu 1. und 2. haben trotz ihrer Trennung das Ziel der gemeinsamen Adoption Xs weiterverfolgt. Im Erörterungstermin am 07.06.2023 vor dem Familiengericht hat die Vormündin die beantragte Adoption befürwortet, weil sie dem Kindeswohl am besten diene. Der Vertreter des Jugendamts hat dagegen die Auffassung ve...